Manchmal haben wir ein besonderes Problem: Wir können uns nicht beruhigen lassen. Die Beruhigungsversuche der anderen beunruhigen uns nur noch mehr. Das kann an unseren Kindheitserfahrungen liegen: Wenn die Menschen, die uns eigentlich beschützen und beruhigen sollten, selbst zur Gefahr wurden, dann haben wir die Orientierung verloren. Wenn wir Gewalt von unseren Eltern erfuhren, wurde es psychisch kompliziert: Die Erwachsenen waren gleichzeitig Misshandler und Tröster. Das Gefühl von Gefahr brennt sich ein. Wenn ein Kind sagt: „Ich höre ein Geräusch“ und die Eltern antworten ihm: „Quatsch, da ist nichts“, dann bekommt es den Eindruck, dass seine Wahrnehmungen es täuschen. Und dieser Eindruck macht Angst. Das Gedicht „Der Erlkönig“ von Goethe handelt davon.
Auf Youtube gibt es Videos, auf denen akustische Signale in Frequenzen präsentiert werden, die Kinder noch hören können, Erwachsene aber aufgrund des Alterungsprozesses des Hörsinns nicht mehr. Es kann sehr interessant sein, mit einem Kind zusammen solch ein Video einmal anzuschauen. Weiterlesen
„Ich habe von einem großen braunen Pferd geträumt – was bedeutet das?“ Traumdeutung geht nie zwischen Tür und Angel. Sie funktioniert am besten, wenn man die Person gut kennt. Aufmerksame Mütter und Väter können die Träume ihrer Kinder gut verstehen und man selbst kann als Träumer seine eigenen Träume deuten. Doch wenn wir unsere Träume einem Psychologen erzählen, der uns nicht wirklich gut kennt, dann fällt die Traumdeutung meistens sehr schwach aus. (Text: Dunja Voos: Bild: Julia) Freud sagte: „Wenn wir die wirklichen Träume einer realen Person verstehen wollen, müssen wir uns intensiv um den Charakter und die Schicksale dieser Person kümmern, nicht nur um ihre Erlebnisse kurz vor dem Traume.“ (Sigmund Freud: Der Wahn und die Träume, Fischer-Verlage) Weiterlesen
Ist es nicht interessant, wie Gedanken und Körper zusammenhängen? Wenn wir einen Traum hatten und nach dem Wachwerden unbeweglich liegenbleiben, können wir uns noch einen Weile an den Traum erinnern. Wenn wir uns aber bewegen und die Körperposition wechseln, dann kann es sein, dass dadurch der Traumgedanke verschwindet. Wenn wir etwas gesagt haben, dass uns Angst macht, dann klopfen wir geschwind auf Holz, damit das Gedachte wieder unwirksam werden kann. Wenn wir wütend sind oder Kummer haben, wollen wir joggen gehen, um „den Kopf frei zu bekommen“.
Wir träumen intensiv in den Schlafphasen, in denen unser Körper unbeweglich ist und sich nur die Augen rasch bewegen (REM-Phasen, REM = Rapid Eye Movement, schnelle Augenbewegungen).
Menschen mit Tics oder Tourette-Syndrom bekämpfen aus psychoanalytischer Sicht unerwünschte, peinliche oder aggressive Gedanken durch rasche Bewegungen und Laute. Menschen mit Psychosen bewegen sich hin und her oder sie führen bestimmte Bewegungen aus, um bestimmte Gedanken unschädlich zu machen. Manchmal trauen wir uns nicht zu bewegen, weil wir in andächtiger Stille sind und diesen Moment halten wollen. Körper und Geist sind so eng miteinander verbunden.
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 27.10.2019
Aktualisiert am 14.2.2021
„Woran merkt man eigentlich, dass man psychisch krank ist?“, werde ich manchmal gefragt. Ich glaube, man merkt es unter anderem daran, dass man zu viel denken muss. Wenn das Denken zum Leid wird, dann ist das häufig ein Anzeichen einer psychischen Erkrankung. Es ist ähnlich wie mit dem Körper: Wir atmen unbewusst tausende Male am Tag und müssen nicht darüber nachdenken. Ein Asthmatiker aber denkt sehr wohl über seinen Atem nach – er muss ihn messen und Medikamente einnehmen. Auch wer hyperventiliert, denkt über seinen Atem nach und leidet darunter. Mütter stillen ihre Säuglinge nach Gefühl. Doch sobald ein Problem auftritt, müssen sie darüber nachdenken. Den Magen spüren wir nicht – wenn sich aber ein Magengeschwür entwickelt, wird unser Denken darauf gelenkt.
Besonders Menschen mit einer Hypochondrie (Angst vor Krankheiten) oder einer Angststörung müssen ständig über alles Mögliche nachdenken. Kein Kontakt, kein Besuch, kein Spaziergang ist mehr möglich ohne quälende Gedanken. Die Betroffenen sehnen sich danach, einfach mal unbeschwert sein zu können.
Was ist schon „normal“? Obwohl das einerseits schwer zu sagen ist, wissen wir auch, wenn wir uns nicht „normal“ fühlen: Wenn unsere Ängste zu unverständlich sind, wenn wir für unser Fühlen und Verhalten keine Erklärungen finden, wenn wir nicht schlafen können, dann spüren wir, dass etwas nicht stimmt. Viele spüren auch eine Grenze: „Ich kann das nicht mehr alleine bewältigen, ich brauche Hilfe“, sagen manchmal auch diejenigen, die ansonsten niemals eine Psychotherapie in Betracht ziehen würden. Dieses Eingeständnis, das ja eine Art innere Kapitulation, aber auch eine Anerkennung der Realität ist, ist oft der erste Schritt zur Heilung.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 11.11.2014
Aktualisiert am 11.2.2021