Vielleicht leidest Du an einer Fibromyalgie (wörtlich: Faser-Muskel-Schmerz) und weißt, wie quälend das ist: Schmerzende Muskeln und Gelenke, Abgeschlagenheit, Kribbeln in Armen und Beinen, Schlaflosigkeit und vieles mehr kann dazu gehören. Ich habe bisher noch nicht mit einem Fibromyalgie-Betroffenen gesprochen, der kein schweres Trauma gehabt hätte. Viele haben schon in frühester Kindheit körperliche und psychische Beschädigungen erlebt wie z.B. medizinische Behandlungen in den ersten Lebensjahren oder Gewalt in der Familie. Das führte vielleicht zu einem Leben in innerer Alarmbereitschaft. Weiterlesen
„Das, was Du machst, ist ja gar keine Psychoanalyse. Dafür mûsste man einen neuen Namen erfinden“, höre ich manchmal. Ich denke, in der Psychoanalyse geht es darum, zu verstehen, die Wahrheit zu suchen und eine befriedigende Beziehung herzustellen. Heute hat man erkannt, dass das, worunter viele Patienten leiden, frühe Traumatisierungen sind – sie fanden oft schon im vorsprachlichen Bereich statt. Die Psychoanalyse als eine Therapie der Worte, als „Redekur“, reicht da oft nicht mehr aus. Psychodynamische Konflikte treten in den Hintergrund, weil fast unaushaltbare seelisch-körperliche Zustände das Hauptproblem sind. „Wer gefoltert wurde, wird nicht mehr heimisch in dieser Welt“, sagte einst der Schriftsteller Jean Améry, der im Zweiten Weltkrieg schwer gefoltert wurde und sich schliesslich das Leben nahm.Weiterlesen
„Psychoanalytiker werden dafür bezahlt, dass sie nichts sagen“, heißt es. „Manchmal frage ich mich, warum ich dahin gehe – der sagt ja gar nichts“, sagt ein Patient. „Sie können das Schweigen nicht aushalten“, sagt der Supervisor. „Ich bin so froh, dass Sie gerade nichts sagen“, sagt eine Analysandin tief berührt. Schweigen und dem Schweigen ausgesetzt zu sein, ist immer anders. Es gibt desinteressiertes, gelangweiltes, interessiertes, haltendes, nachdenkliches, beschwingtes, friedliches Schweigen und viele Arten mehr. Manchmal ist vom Analytiker oder vom Patienten rein gar nichts zu hören. Manchmal hört man, wie sich einer der beiden über Pulli, Hose oder Gesicht streicht. Einen Augenblick später hört man den Atem. Weiterlesen
Es gibt Zustände, da kann ich nicht meditieren. Bei Atemnot oder schwerem Schwindel zum Beispiel. Oder bei einer schweren Angstattacke. Das Ich ist mal etwas, das in mir ist. Es hat mal die Macht und wird mal überwältigt. Manchmal habe ich einen Körper, der mir gehorcht und manchmal hat mein Körper ein Ich, das in der Narkose ausgeschaltet werden kann. Das Ich kann beobachten, was geschieht. Manchmal scheint es verschluckt zu werden – von überwältigender Angst. Ich kann dann noch nicht mal mehr sprechen, obwohl das Ich doch so oft ein sprechendes ist.Weiterlesen
Wenn wir uns leichter einlassen könnten auf das, was wir nicht kontrollieren können, ginge es uns in vieler Hinsicht besser. Glück lässt sich nur wenig kontrollieren. Wir können Voraussetzungen schaffen, die es dem Glück erleichtern, hereinzukommen. Wir können eine gute Atmosphäre im Raum schaffen, um gute Gespräche leichter möglich werden zu lassen. Aber wir können nicht alles steuern. Und deswegen neigen wir manchmal dazu, das Schlechte zu lenken. Denn das ist auf gewisse Art einfacher. Wenn ich für eine Prüfung gelernt habe und alles gebe, dann bin ich dennoch abhängig von vielen Dingen, damit ich die Prüfung bestehe. Manche fallen „wie durch Geisterhand“ immer wieder durch. Weiterlesen
„Wo ich hinkomme, reagieren die Menschen mit Ärger auf mich. Ich weiß nicht, wieso. Es sind sehr unbefriedigende Begegnungen.“ Eine Patientin erzählt, dass fast alle ihre Kontakte von unbegreiflicher Aggression betroffen sind. Erst im Laufe der Zeit entdeckt sie, dass sie die anderen ständig steuern will. Sie macht Witze, damit die anderen lachen und sie denkt sich vorher genau aus, was sie sagt, damit die anderen in dieser oder jener Weise reagieren. Auf einmal versteht sie, warum so viel Langeweile in ihrem Leben herrscht: Sie vermeidet die lebendige Begegnung.Weiterlesen