„Ich kehre heim“, sagen manche Sterbende und fühlen sich geborgen. Manche rufen den Namen ihres verstorbenen Partners aus, andere freuen sich darauf, ihre Eltern wiederzusehen. „Es wäre für mich der reinste Horror, wenn ich sterbe und als Erstes meine Mutter sehe!“, sagt eine Patientin, die bereits als Baby massive Gewalt erfuhr. „Ich habe niemanden, den ich mir vorstellen kann – daher macht mir das Sterben solche Angst.“ Unser tägliches Leben wird von Vorstellungen und Phantasien geprägt. Unsere Seele lebt dabei von Beziehungen – von der Beziehung zu uns selbst, zur Natur, zur Familie, zu den Menschen, die wir hassen und lieben. Weiterlesen
Wie wir andere erleben, vor allem wie wir Autoritäten oder auch „den Staat“ erleben, hängt eng damit zusammen, wie wir unsere Eltern erlebten. Hatten wir verständnisvolle Eltern, die zu uns ein gutes emotionales Band knüpfen konnten? Konnten wir uns auf unsere Eltern verlassen, fühlten wir uns geborgen und hatten sie eine gute Mentalisierungsfähigkeit? Konnten wir das Denken und Handeln unserer Eltern nachvollziehen? Gab es schreckliche Familiengeheimnisse? Wenn wir Eltern hatten, denen wir überwiegend nicht trauen konnten, die gefühlskalt und unberechenbar waren oder gar Gewalt ausübten, dann wurden wir skeptisch. Wer als kleines Kind gewaltsame oder erdrückende Eltern hat, der muss innerlich Einiges verdrehen, damit er die Jahre der Abhängigkeit dort aushalten kann. Weiterlesen
Oft tritt er nachts auf, manchmal nach großer Anstrengung, nach vielem Sitzen, nach einem Infekt: ein unerhörter Drehschwindel, verursacht durch eine Entzündung des Gleichgewichtsnerven (Neuronitis vestibularis) im Innenohr oder eine Vestibularismigräne. Du wachst auf und siehst, wie sich die Welt vor Deinen Augen hin und her bewegt, oder Du drehst Dich im Schlaf um und fühlst Dich plötzlich wie auf der Achterbahn. Du kannst nur liegen bleiben und hoffen, dass dieser furchtbare Schwindel aufhört. Weiterlesen
Vielleicht leidest Du an einer Fibromyalgie (wörtlich: Faser-Muskel-Schmerz) und weißt, wie quälend das ist: Schmerzende Muskeln und Gelenke, Abgeschlagenheit, Kribbeln in Armen und Beinen, Schlaflosigkeit und vieles mehr kann dazu gehören. Ich habe bisher noch nicht mit einem Fibromyalgie-Betroffenen gesprochen, der kein schweres Trauma gehabt hätte. Viele haben schon in frühester Kindheit körperliche und psychische Beschädigungen erlebt wie z.B. medizinische Behandlungen in den ersten Lebensjahren oder Gewalt in der Familie. Das führte vielleicht zu einem Leben in innerer Alarmbereitschaft. Weiterlesen
„Das, was Du machst, ist ja gar keine Psychoanalyse. Dafür mûsste man einen neuen Namen erfinden“, höre ich manchmal. Ich denke, in der Psychoanalyse geht es darum, zu verstehen, die Wahrheit zu suchen und eine befriedigende Beziehung herzustellen. Heute hat man erkannt, dass das, worunter viele Patienten leiden, frühe Traumatisierungen sind – sie fanden oft schon im vorsprachlichen Bereich statt. Die Psychoanalyse als eine Therapie der Worte, als „Redekur“, reicht da oft nicht mehr aus. Psychodynamische Konflikte treten in den Hintergrund, weil fast unaushaltbare seelisch-körperliche Zustände das Hauptproblem sind. „Wer gefoltert wurde, wird nicht mehr heimisch in dieser Welt“, sagte einst der Schriftsteller Jean Améry, der im Zweiten Weltkrieg schwer gefoltert wurde und sich schliesslich das Leben nahm.Weiterlesen
„Psychoanalytiker werden dafür bezahlt, dass sie nichts sagen“, heißt es. „Manchmal frage ich mich, warum ich dahin gehe – der sagt ja gar nichts“, sagt ein Patient. „Sie können das Schweigen nicht aushalten“, sagt der Supervisor. „Ich bin so froh, dass Sie gerade nichts sagen“, sagt eine Analysandin tief berührt. Schweigen und dem Schweigen ausgesetzt zu sein, ist immer anders. Es gibt desinteressiertes, gelangweiltes, interessiertes, haltendes, nachdenkliches, beschwingtes, friedliches Schweigen und viele Arten mehr. Manchmal ist vom Analytiker oder vom Patienten rein gar nichts zu hören. Manchmal hört man, wie sich einer der beiden über Pulli, Hose oder Gesicht streicht. Einen Augenblick später hört man den Atem. Weiterlesen