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Ich will Patient sein – nicht Kunde, nicht Klient

„Guten Tag, Frau Doktor“, begrüßt mich mein HNO-Arzt, als ich geschwächt, hypochondrisch und mit Wahnsinns-Ohrenschmerzen seinen Raum betrete. „Lassen Sie bitte das ‚Doktor‘ weg“, entgegne ich, „wenn ich krank bin, ist der Titel total unpassend.“ Ich fühle mich elend. Eine Mittelohrentzündung! Was gibt es Schlimmeres? Der Arzt tätschelt beruhigend meine Hand. „Das wird schon wieder!“ Ich lasse mir das Ohr ausspülen und stelle mich ziemlich an dabei. Alle zwei Sekunden fragt der Arzt mich, ob’s noch geht. Danach geht’s mir besser. Meine Kräfte kehren zurück. Ein bisschen Scham steigt auf ob meines Verhaltens. Wenn ich krank bin, dann bin ich einfach krank.

„Was? Sie sprechen als Psychotherapeutin von ‚Patienten‘?! In dieser Branche kennt man doch längst nur noch ‚Klienten‘. Es sind doch Menschen auf Augenhöhe!“

„Klient“ kann man nur sein, wenn man sich so fühlt

Viele Patienten wollen nicht „Klienten“ sein. Wer krank ist, braucht Zuwendung. Er braucht jemanden, der ihm Entscheidungen abnimmt, ihn stützt, tröstet, aufbaut. „Patient“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Der, der Geduld hat“. Im Wartezimmer sitzen viele Patienten, die mit großer Geduld warten. Selbst entscheiden und „gleichberechtigt“ sein können viele Patienten erst wieder, wenn es ihnen besser geht.

Wer eine Panikattacke hat oder tief depressiv ist, der fühlt sich sehr wenig klientig. Dem macht es auch nichts aus, sich nicht auf Augenhöhe mit dem Therapeuten zu fühlen – im Gegenteil: Er freut sich, wenn er aufgefangen und gehalten wird. „Regression im Dienste des Ichs“ heißt dieser Zustand. Ich würde mich freuen, wenn es wieder mehr Patienten und weniger Kunden gäbe. Will ich Kunde sein, dann geh‘ ich zu Aldi.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 13.9.2013
Aktualisiert am 26.7.2017

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„Seit dem 1.4.2017 lautet Ihre Lebenslange Arztnummer (LANR)“: [siebenstellige Zahl plus zwei unterstrichene Zahlen].“ Ich rufe bei der KV an und frage, ob diese Nummer nun wirklich mir gehört. So halb, lautete die Antwort. „Die ersten sieben Ziffern bleiben Ihre, wenn Sie noch einen Facharzttitel erwerben. Nur die letzten beiden Ziffern zeigen an, dass die Arztnummer zum Notfalldienst der KV gehört.“ Die letzten beiden Ziffern geben immer den Fachbereich an, z.B. steht die „01“ für Allgemeinmedizin. So ist das also.

Das war KV-isch.

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