Hypnose und frühes Trauma (kPTBS) – warum das oft nicht zusammen passt

Es klingt oft so einfach: Traumatisierte Menschen könne man doch in Trance versetzen und dann das Trauma überschreiben. Wenn es doch so einfach wäre. Es kommt auf die Art des Traumas an. Bei manchen Traumatisierungen, die spät entstanden und von nahestehenden Bezugspersonen relativ unabhängig sind, mag die Hypnotherapie sehr hilfreich sein. Traumata, die jedoch im frühen Kindesalter geschehen sind und bei denen die Verletzenden die nächsten Bezugspersonen waren, sitzen viel tiefer. Häufig gibt es noch nicht einmal bewusste, konkrete Erinnerungen. Das Trauma hat in einer Zweierbeziehung stattgefunden. Man darf nicht vergessen, dass eine Hypnotherapie von einem anderen Menschen, nämlich dem Therapeuten, in einer Zweiersituation durchgeführt wird.

Früh traumatisierte Menschen haben oft große Probleme in engen Beziehungen. Bewusst oder häufiger noch unbewusst wird der Therapeut als nahes Gegenüber quasi zum Feind. Der Therapeut, von dem die Hypnose ausgeht, wird zu dem „vertrauten“ anderen Menschen, der etwas „mit mir macht“. Doch in der frühen Erfahrung hieß dies: Das ist hoch gefährlich. „Das soll mir nie wieder passieren“, denken traumatisierte Menschen – bewusst oder unbewusst. Oft können sie gar nicht sagen, dass es die Zweierbeziehung zum Therapeuten ist, die ihnen Angst macht. Meistens heißt es einfach: „Der/die lässt sich nicht in Trance versetzen“, oder „Er/sie lässt sich nicht hypnotisieren. Er/sie gehört wahrscheinlich zu den 10% der Menschen, die nicht suggestibel (beeinflussbar) sind.“

Viele Jahre Arbeit

Bis ein früh traumatisierter Mensch fähig ist, sich in Trance versetzen zu lassen, sind manchmal viele Jahre Psychoanalyse notwendig. Deswegen sind die Hypnose-Angebote von Zahnarztpraxen, die Menschen mit Zahnarztphobie behandeln, auch nur begrenzt nützlich. Um eine Hypnotherapie machen zu können, also um sich in Trance versetzen lassen zu können, braucht es ein gewissenses Grundvertrauen. Viele Menschen, die keine vertrauensvollen Beziehungen kennen, können sich auch nicht hypnotisieren lassen – zu groß sind Angst und Scham.

Die Betroffenen leiden

Die Betroffenen leiden oft darunter, denn sie spüren immer wieder: „Hier ist mein wunder und oft unverständlicher Punkt.“ Sie würden sich ebenso gerne in Trance versetzen lassen wie andere auch. Sie träumen davon, sich fallen zu lassen, Kontrolle abzugeben, zu vertrauen. Doch kommen sie in die Situation einer nahen Zweierbeziehung, dann ist die Angst zu groß – es kommt zu inneren Fluchtimpulsen. Das ist für die Betroffenen wirklich tragisch. Und es tut den Betroffenen gut, wenn sie mit einfühlsamen Ärzten und Therpeuten zu tun haben, die davon eine Ahnung haben.

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 12.1.2016
Aktualisiert am 30.12.2021

3 thoughts on “Hypnose und frühes Trauma (kPTBS) – warum das oft nicht zusammen passt

  1. modean sagt:

    Hallo,

    „Und es tut den Betroffenen gut, wenn sie mit einfühlsamen Ärzten und Therpeuten zu tun haben, die davon eine Ahnung haben.“

    Mich interessiert, wie man solche Aerzte und/oder Therapeuten findet, die „davon“ Ahnung haben.

    Ich habe nun Literatur von M. Hirsch, Franziska Henningsen, Heinz Weiß und Janina Fisher verschlungen und meine, theoretisch verstanden zu haben, worauf es in der Traumatherapie von Komplextraumata ankommt.

    Bei der Therapeutensuche ist es aber oft so, dass bei der psychodynamischen Ausrichtung oft keine Zusatzqualifikation hinsichtlich Traumatologie angegeben wird.

    Das habe ich eher bei Verhaltenstherapeuten gefunden, die i.d.R. Akuttraumata behandeln.

    Viele Gruesse

  2. Dunja Voos sagt:

    Liebe Kate,

    ich danke Ihnen für Ihren Kommentar! Es gibt so viele Menschen, auch Therapeuten, die können sich das kaum vorstellen, wie es in den traumatisierten Menschen aussieht. Da ist dann die Rede von „Sicherungstechniken“ und die traumatisierten Menschen haben das Gefühl, sie machten etwas falsch, weil es bei ihnen nicht hilft. Frühe Traumata sitzen in den Muskeln und im ganzen Körper. Es dauert oft viele Jahre, bis sich an dem Gefühl in der Beziehung etwas ändert.

  3. Kate sagt:

    Liebe Frau Dr. Voss,

    ich bin Traumapatientin und als ich vor einigen Tagen hier von Hypnose las, dachte ich genau das, was sie hier so gut in Worte fassen konnten. „Ich würde mich nie hypnotisieren lassen.“ Der ganze Artikel trifft in meinen Augen sehr gut, die Umstände und es tut gut gesehen und verstanden zu werden, Danke.

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