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Aktuelle Seite: Startseite / Psychoanalyse / 89 Wie wird man Psychoanalytiker*in? Die negative Rolle annehmen

89 Wie wird man Psychoanalytiker*in? Die negative Rolle annehmen

11.10.2020 von Dunja Voos 1 Kommentar

Wir kommen im Alltag oft in die Position, uns rechtfertigen zu wollen: „Aber das habe ich doch gar nicht so gesagt und auch nicht gemeint! In Wirklichkeit war es doch so und so!“ Sätze wie diese sind in der Psychoanalyse meistens fehl am Platz. In der Psychoanalyse geht es darum, dass der Patient Altbekanntes neu erlebt. Der Patient und – zu Teilen auch der Analytiker/die Analytikerin – stellen unbewusst und wie „automatisch“ Situationen her, unter denen der/die Patient*in schon immer gelitten hat. Und dann?

„Wie soll man denn dem Patienten eine neue Erfahrung ermöglichen, wenn man die alte wiederherstellt?“, fragt mich eine Verhaltenstherapeutin. Sie hat die Vorstellung, dass sich dann die alten Spuren im Gehirn nur noch mehr festfahren.

Eine Herausforderung für den Analytiker/die Analytikerin

„Sie haben mich total ungerecht behandelt letzte Stunde, so richtig von oben herab!“, sagt die Patientin. Wenn man sowas als Psychoanalytiker*in hört, fühlt man sich vielleicht unwohl. Vielleicht fühlt man sich schuldig, ertappt oder erkannt, weil man tatsächlich „ungerecht“ oder „arrogant“ war. Vielleicht aber erkennt man das, was die Patientin sagt, auch gar nicht wieder, weil man sich selbst ganz anders erlebt hat. Viele Reaktionen liegen dazwischen – jedenfalls taucht etwas Unangenehmes auf.

Das Unangenehme, das auftaucht, kann auch als Vertrauensbeweis verstanden werden.

Nicht so rasch zurück zum Konkreten

Gerade zu Beginn der Ausbildung ist die Versuchung groß, negatives Erleben des Patienten sofort „korrigieren“ zu wollen. Man verhält sich vielleicht besonders nett oder erklärt nochmal, wie es denn „wirklich“ war. Man möchte, dass der Patient einen als „die bessere Mutter“ erlebt und versucht, in diese Richtung zu schiffen. Doch viel wichtiger ist es, erst einmal das aufzunehmen, was der Patient da sagt und was sich in der Beziehung zwischen Patient und Analytiker da entspinnt.

Man spürt vielleicht, wie man nun langsam aber sicher in die Rolle „des Bösen“ gerät. Es kann sein, dass man dort immer weiter hineingerät und dem Patienten nichts mehr rechtmachen kann. Wichtig ist es hier, zu beobachten, was da passiert und Zusammenhänge herzustellen.

Es ist meistens für den Patienten immens wichtig, dass der Analytiker die Rolle annimmt, die der Patient an ihn heranträgt, denn so kommt das Vergangene hier und jetzt in den Analyseraum. Wenn der Analytiker dann eine Deutung abgibt, spürt der Patient, dass es in Wirklichkeit anders ist: „Ich bin jetzt also derjenige, der Sie angreift (aus Ihrer Sicht/in Ihrer Welt).“

Es ist noch relativ leicht, die „böse Rolle“ der „alten Mutter“ anzunehmen, wenn man sich selbst anders fühlt. Wenn der Patient sagt: „Sie helfen mir ja nie“, dann kann der Analytiker das relativ gut ertragen, wenn er selbst das Gefühl hat, in Wirklichkeit hilfreich zu sein.

Sehr schwierig kann es werden, wenn man selbst nicht nur die „böse Rolle“ annimmt, sondern sich durch und durch so fühlt, wie es einem der Patient vorwirft. Was, wenn wir morgens wirklich denken: „Ich will diesen Patienten nicht, ich will ihn weghaben!“? Was, wenn wir fühlen: „Ich hasse diesen Patienten!“? Diese „Echtheit“ der Gefühle kann uns ganz schön Angst machen. Wir denken vielleicht, wir müssten die Analyse mit diesem Patienten tatsächlich beenden.

Vielleicht ist er uns ganz „real“ unsympathisch geworden, vielleicht haben wir aber auch vollkommen die Rolle der Mutter angenommen, die ihre Tochter ablehnt. Wir nehmen diese Gefühle als „echt“ wahr und haben keinen inneren Abstand mehr dazu. Dann ist es eine ganz besondere Kunst, den inneren Abstand herzustellen.

Man kann sich als Analytiker vielleicht auch freuen, wenn man merkt, dass es hier nicht mehr nur um „angenommene Gefühle“ geht, sondern dass man quasi „ganz eingetaucht“ ist. Innerlich beweglich zu bleiben und über das Geschehen weiter nachdenken zu können, ist dann oft besonders schwierig. Selbstzweifel und Verwirrung können einem das Leben als angehende Analytikerin dann sehr erschweren.

Zum Greifen nah

Endlich kann also das Vergangene betrachtet und ganz deutlich gespürt werden. Beim Analytiker/bei der Analytikerin können verschiedene Dinge passieren, wenn er/sie in die Rolle des/der „Bösen“ gerät: Er/Sie kann beunruhigt sein, es können ihm/ihr tatsächlich Fehler unterlaufen, er/sie kann sich leicht schuldig oder beschämt fühlen, er/sie kann beginnen, den Patienten als lästig oder abstoßend zu empfinden und vieles mehr. Die Gegenübertragungsgefühle helfen dem Analytiker/der Analytikerin, zu verstehen, was mit dem Patienten los ist und wie sich dessen Beziehung zur Mutter oder zum Vater (zu den primären Bezugspersonen) möglicherweise gestaltete.

Der Psychoanalytiker/die Psychoanalytikerin kann vielleicht aber auch mühelos inneren Abstand empfinden und vielleicht weiterhin sogar große Zuneigung, während der Patient/die Patientin ihn beschimpft, einengt und belagert. Dann ist es oft leichter „die Rolle der/des Bösen“ anzunehmen.

Manche Situation lassen an eine „Übertragungspsychose“ denken – das heißt, der Patient/die Patientin ist schwer davon überzeugt, dass das, was er/sie in Bezug zum Analytiker denkt und fühlt, vollkommen wahr ist. Es kann einem als Analytiker dann so vorkommen, als säße man am Bett eines fiebrigen Kindes, das durch seine Fieberphantasien geht und man kann nur hoffen und abwarten, dass dieses (Übertragungs-)Fieber wieder nachlässt.

Wo stehen wir?

Es gibt ganz viele verschiedene Formen der „Rollen-Annahme“. Der Analytiker/die Analytikerin ist gefordert, die Gefühle zu verdauen und zu erspüren, ob da weitere Gefühle versteckt sind. Es gilt, weiter über den Patienten/die Patientin nachzudenken: Ist es eine Mutter-Übertragung, ist es eine negative therapeutische Reaktion, ist es eine „maligne Regression“?

Doch viele Begriffe beunruhigen nur und halten einen von der Arbeit ab. In der Psychoanalyse ist es mitunter wichtig, den Dingen nicht zu früh einen Namen zu geben, um weiterarbeiten zu können.

Es gibt Situationen, die der Analytiker und der Patient nicht „überleben“, das heißt, die negative Übertragung kann so stark werden, dass der Patient die Behandlung abbricht oder der Analytiker die Behandlung beendet.

Doch wohl die meisten Schwierigkeiten können durch eine gute Supervision und die eigene Lehranalyse zur Weiterentwicklung führen.

Gerade in der Ausbildung haben die angehenden Analytiker*innen häufig Angst, der/die Patient*in könnte die Behandlung abbrechen und so lassen sie sich dazu verleiten, immer wieder in „gutes, warmherziges Fahrwasser“ zu finden. Man bemerkt bald: Es ist äußerst schwierig, das richtige Maß zu finden. Wann konfrontiere ich den Patienten mit der „Wirklichkeit“? Möchte ich ihn vielleicht zur „Einsicht“ drängen? Kann ich die Situation halten oder fühle ich mich selbst klein, hilflos und überfordert? Dürfen sich die negativen Gefühle weiter ausbreiten, damit sie verstanden werden können?

Viele Fragen hängen auch ab vom Zeitpunkt der Stunde ab: In der Mitte einer Sitzung oder eines langen Behandlungsabschnitts kann man eher Unangenehmes aufkommen lassen anders als gegen Ende der Stunde, vor dem Wochenende oder vor einer Ferienpause.

Schon in der Falle oder noch davor?

Gut fühlt es sich an, wenn man spürt: Da ist eine negative Übertragung im Gange, der Patient fühlt sich bei mir wieder so, wie er sich zu Hause bei seinen Eltern fühlte, aber da ist ein Abstand, eine Art „Ich-Spaltung„. Ich und der Patient können das Negative erleben, aber es läuft sozusagen eine zweite Spur mit, die beide gewahr werden lässt, dass es sich auch um eine Art „Schau-Spiel“ handelt. Das negative Erleben ist zwar da, aber „handhabbar“.

Je nachdem, welche persönlichen Erfahrungen der/die Psychoanalytiker*in gemacht hat oder wie „stark“ der Patient ist, kann auch der Analytiker das Geschehen phasenweise als überwältigend erleben. Doch wichtig ist es, zurückzufinden zur Mitte, zur „analytischen Position“. Dies beschreibt der Psychoanalytiker Salman Akhtar wunderbar in seinem Youtube-Video „Master Clinicians and Theologians in Dialogue“.

Der Patient hingegen kann sich auch längerfristig immer wieder überwältigt fühlen – deswegen kommt er ja zur Psychoanalyse. Und hier fängt dann die Arbeit an – sie besteht aus vielen Elementen wie z.B. Dasein, Zuhören, Verstehen, Erforschen, Zusammenhänge herstellen, Sinn erkennen, Gefühle entstehen und sich ausbreiten lassen, Deuten, Halten, Verdauen und „Wiederholen, Erinnern, Durcharbeiten“ (so nannte es Freud).

Es kann sehr erleichternd sein, wenn man feststellt, dass die negative Übertragung, die vielleicht schon von Anfang an da war, endlich offen Einzug hält. Insbesondere in einer vierstündigen Analyse könne man dem Hass nur selten weglaufen, höre ich oft in der Ausbildung. Das kann sehr hart werden und manchmal kann man die unangenehmen Gefühle nur stehen lassen, beobachten und beschreiben. Man wird sehen, was die Zeit daraus macht.

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 6.7.2019
Aktualisiert am 11.10.2020

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Kategorie: Psychoanalyse, Psychoanalytiker_Werden

Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. Anonym meint

    06.07.2019 um 22:49

    Ein Psychoanalytiker ist auch nur ein Mensch, der auch viele Fehler machen kann oder dem im Laufe von z.B. 40 Jahren Therapeutendasein ursprünglich vorhandene Kompetenzen vielleicht abhanden gekommen sind.

    Meinen Therapeuten/Analytiker haben weder meine Gefühle noch meine Kritik erreicht. Als wenn ihm über die Jahrzehnte eine ganz dicke Schutzhaut gewachsen wäre. Eine wirkliche Therapie hat gar nicht richtig begonnen; seine Lehranalyse lag schon sehr lange zurück. Auf meine Frage zu Supervision antwortete er, dass sein über 70-jähriger Supervisor im vergangenen Jahr krank gewesen sei.
    Unsere Welt ist oft nicht so, wie sie eigentlich sein sollte………….

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