Willkommen

Vojta-Therapie als Baby und Borderline-Störung – hängt es zusammen?

Die Vojta-Therapie ist eine Form der Krankengymnastik, die schon bei wenigen Wochen alten Säuglingen angewandt wird. Dabei werden die Babys von der Therapeutin bzw. von Mutter oder Vater zu Hause in eine Zwangsposition gebracht. Dann werden Reflexpunkte g...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden

Folgen der Vojta-Therapie als Baby: „Ach könnten wir viele uns doch zusammentun“

Ausbildungen sind nicht möglich. Wegen der Angst. Partnerschaften nicht möglich. Aus Angst. Kinderwünsche bleiben unerfüllt. "Wenn ich nur daran denke, dass mir jemand nahe kommt, dass er mich berührt, dass er neben mir liegt, geht gar nichts mehr", sagen sie...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden

Vojta-Therapie bei Babys – eine Kritik (englisch: Reflex Locomotion Therapy)

Viele Mütter kennen das: Ihr Kind erhält eine krankengymnastische Behandlung nach Vojta und schreit sich verzweifelt die Seele aus dem Leib. Nach Erfahrung der Vojta-Therapeuten schreit das Baby aufgrund von Anstrengung, nicht aus Schmerz. Ich höre daraus jed...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden

Vojta-Therapie: Die Psycho-Studie. Nur bestimmte Eltern führen die Vojta-Therapie durch

Immer wieder haben mich Befürworter der Vojta-Krankengymnastik (siehe Stellungnahme der Internationalen Vojta-Gesellschaft) auf eine Studie von Maren Thiesen-Hutter (1982) aufmerksam gemacht. Die Psychologin hat Ende der 70er Jahre eine Studie zu den psychologischen Auswirkungen der Vojta-Therapie bei Babys durchgeführt. Maren Thiesen-Hutter hätte zunächst angenommen, die Vojta-Krankengymnastik bei Babys würde psychische Schäden hinterlassen. Doch in ihrer Studie sei sie zu ihrer eigenen Überraschung zu dem Ergebnis gekommen: Vojta-Therapie bei Babys schade aus psychologischer Sicht nicht. Nun habe ich mir endlich einmal die Studie selbst angsehen – sie ist 1982 im Enke-Verlag erschienen. Das Buch heißt „Psychologie und Neurophysiotherapie Vojtas“.

Eine ausführliche Studie

Es handelt sich um eine sehr fundierte, sorgfältige und umfangreiche Studie. Maren Thiesen Hutter untersuchte 88 Kinder, die als Säuglinge mit der Vojta-Therapie behandelt worden waren, 4-5 Jahre nach Abschluss der Behandlung.

Verglichen wurden die frühbehandelten Vojta-Kinder mit 88 unbehandelten, bisher unauffälligen Kindergartenkindern (S. 71). Die behandelten Kinder wurden ab einem Alter von durchschnittlich 3,5 Monaten behandelt. Die Behandlung dauerte durchschnittlich 7 Monate.

Mithilfe von Fragebögen ermittelte die Psychologin, ob die mit Vojta-behandelten Kinder im Kindergartenalter neurotischer oder ängstlicher waren als die nicht-behandelten Kinder. Dabei wurden auch Merkmale der Eltern dokumentiert.

Erziehungsstile der Eltern

Es fiel auf: Nur die Eltern der Vojta-behandelten Kinder hatten eine „autoritäre Erziehungshaltung mit gleichgültigen Tendenzen“.

Die Eltern der unbehandelten Kinder hatten hingegen deutlich häufiger einen „demokratischen Erziehungsstil mit autoritäten Tendenzen“ und mit „überbehütenden Tendenzen“ als die Eltern der behandelten Kinder (S. 147).

Ängstlichkeit

Maren Thiesen-Hutter schreibt: „Im Bereich Ängstlichkeit und Kontaktscheu sind keinerlei Mittelwertsunterschiede zu finden.“

Die Kinder, die als Säuglinge mittels Vojta-Therapie behandelt wurden, waren im Kindergartenalter also nicht ängstlicher als die unbehandelten Vergleichskinder.

Die Autorin fasst zusammen, dass es „keine gesicherten Unterschiede im Verhalten zwischen frühbehandelten Risikokindern und einer unbehandelten Parallelgruppe von sogenannten normalen Kindern gibt“ (S. 176).

Auffallend war, dass die Vojta-Behandlung anscheinend die Sprachentwicklung stark förderte (S. 179).

Ist das Kindergartenalter aussagekräftig?

Ich frage mich allerdings, ob eine solche Untersuchung im Kindergartenalter ausreicht. Viele Kinder entwickeln erst in der Pubertät psychische Schwierigkeiten. Schizophrenien bilden sich zum Beispiel meistens erst im späten Jugend- und frühen Erwachsenenalter aus. Ebenso zeigen sich Angststörungen häufig erst dann, wenn die jungen Menschen ihre Ausbildung oder ihr Studium beginnen. Viele Fragen bleiben unbeantwortet:

Wie sieht es mit der Beziehungsfähigkeit der behandelten Kinder aus? Wie sieht es mit der Rate psychischer Erkrankungen im Erwachsenenalter aus? Wie reagieren die Vojta-behandelten Kinder später im Leben auf Zwang? Welche Einstellung haben sie später zu ihrem Körper? Lehnen sich die Jugendlichen selbst ab oder können sie ihren Körper annehmen?

All diese Fragen kann diese Studie natürlich nicht klären.

Es gab auch damals Vojta-kritische Autoren

Maren Thiesen-Hutter erwähnt einen Autor, der sich 1980 kritisch gegenüber der Vojta-Therapie bei Babys geäußert hat. Dieser Autor namens Weber schreibt (zitiert auf S. 230):

„Bei dieser Gymnastik hingegen wird die symbiotische Harmonie gesprengt, indem die Mutter (oder auch der Vater manchmal gleichzeitig) zum Aggressor werden müssen. Die möglichen emotionalen Folgeschäden sind offen.“ (Weber, 1980)

Hier liegt der Hase im Pfeffer

Maren Thiesen-Hutters eigene Einstellung zur Vojta-Therapie wird auf Seite 230 deutlich:

„Die Anpassung des Kindes an die Umwelt umfaßt eine Reihe von Frustrationserlebnissen. Ob Temperaturunterschiede oder Blähungen beim Säugling, eine vor den Augen sich schließende Tür oder Verbote beim Kleinkind mehr oder weniger große Belastungen darstellen im Vergleich zum Fixieren in einer Körperhaltung und der provozierten körperlichen Anstrengung in der kinesiologischen Therapie VOJTAs, kann niemand ohne empirische Untersuchung zuverlässig wissen. Unwissenschaftliche Beiträge dieser Art heizen nur die emotionale Diskussion um das Für und Wider der Neurophysiotherapie VOJTAs auf.“ (Thiesen-Hutter, 1982). „In der vorliegenden Untersuchung fand jedenfalls keine von WEBERs düsteren Prognosen eine Bestätigung.“

Diese Stelle finde ich besonders traurig, denn wer einmal gehört hat, wie sehr Babys bei der Vojta-Therapie schreien, der hat doch direkt die „Evidenz“, dass man die Behandlung sofort stoppen muss! Das erinnert mich daran, dass man Babys bis in die 70iger Jahre ohne Narkose operierte, weil man glaubte, sie empfänden keinen Schmerz (siehe: „Das Bild vom Säugling“, Quarks&Co. 2011). Mir kommt es vor, als könnte man mit dieser Argumentation Babys auch auf andere Weise foltern (um jetzt mal richtig emotional zu werden) – erst müssten also empirische Studien her, die beweisen, dass die „Behandlung“ schaden könnte.

Mentalisierung

Heute weiß man: Menschen mit psychischen Störungen wie z.B. der Borderline-Störung, mangelt es an der Fähigkeit, zu mentalisieren. Das heißt, dass es den Betroffenen schwer fällt, über sich selbst, über andere und über ihr Beziehungserleben nachzudenken (siehe Studien und Bücher des britischen Psychoanalytikers Peter Fonagy).

Egal, welche Psychotherapieform man sich anschaut: Psychotherapeuten bemühen sich darum, die Mentalisierungsfähigkeit ihrer Patienten zu verbessern. Und an genau dieser Mentalisierungsfähigkeit scheint es den Eltern, die in dieser Studie untersucht wurden, zu mangeln!

Maren Thiesen-Hutter schreibt (S. 233 ff.):

„Das heißt, eine Grundhaltung in Form von geringer Lenkung, Billigung spontaner Aktivität und eigener Entscheidung des Kindes, Eingestehen eigener Schwächen und Fehler, Eingehen auf kindliche Bedürfnisse usw. scheint bei den Eltern, die ihre Kinder nach der Methode VOJTAs behandelt haben, weitaus weniger aufzufinden zu sein … Das heißt, eine mehr Eltern-zentrierte Erziehung mit geringerer Berücksichtigung kindlicher Gefühle, Motive und Bedürfnisse ist bei den Eltern, die ihre Kinder krankengymnastisch nach VOJTA behandelt haben, zu beobachten. … Anpassung an die Gemeinschaft und Gehorsam gegenüber den Erwachsenen, das heißt eine kontrollierende Erziehungshaltung, wurde signifikant häufiger in der Versuchsgruppe (Anm.: also bei den Eltern, die ihre Kinder nach Vojta behandelten) verzeichnet. … Man könnte vermuten, dass nur bestimmte Eltern in der Lage sind, mit ihren Kinder nach der VOJTA-Methode zu turnen (S. 234). …
Es könnte sein, dass solche Eltern nicht zur Durchführung der Neurophysiotherapie fähig sind, die auf jede Regung des Kindes eingehen, sich ständig über Bedürfnisse, Motive und Gefühle Gedanken machen (Anm. von mir: genau das ist Mentalisierung) und ihre eigene Person weit in den Hintergrund stellen. Für diese Eltern wird das kindliche Schreien während der Therapie unerträglich.“

Möglicherweise sind die zur Vojta-Therapie „unfähigen“ Eltern, diejenigen, die auch den Mut haben, sich gegenüber Autoritäten wie Ärzten und Therapeuten durchzusetzen. Sie setzen sich nicht gegenüber ihrem Kind durch, um es drastisch zu sagen, sondern gegenüber denen, die meinen, zu wissen, was ihrem Baby gut tut.

Die Eltern, die nicht nach Vojta behandeln, sind in Kontakt mit ihrem Kind und haben das gesunde Gefühl, dass ihr Kind unglaublich leidet und sie haben den Mut, darauf zu reagieren.

Aber: Auch die Eltern, die ihre Kinder nach Vojta behandeln, meinen es ja bewusst gut. Sie wollen helfen und sie sind verzweifelt. Sehr viele Eltern kämpfen mit ungeheuren Schuldgefühlen. Viele Eltern, die trotz des Schreiens weiterbehandeln, sind zutiefst verunsichert und selbst hilflos. Ihnen kann man keinen Vorwurf machen.

Vorwürfe kann man eigentlich nur denen machen, die es verpassen, nochmals genau hinzuschauen – zum Beispiel den Kinderarztverbänden oder den Qualitätsprüfungsinstituten: Was passiert da in unserem Land? Wieviele Babys werden täglich nach Vojta behandelt und keiner nimmt ihr Schreien ernst? Wer einmal genau bei solch einer Behandlung zuhört, der möchte die Tür zum Therapieraum öffnen und sagen: „Schluss jetzt!“

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Buchtipp:

Dunja Voos:
Vojta-Therapie bei Babys – ein Aufschrei
Hilfe bei einem speziellen Trauma

Selbstveröffentlichung, 9.2.2021
Mehr…

Weitere Literatur:

Maren Thiesen-Hutter:
Psychologie und Neurophysiotherapie Vojtas
Ein Gruppenvergleich zwischen frühbehandelten und bisher unauffälligen Vorschulkindern.
Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1982

Weber S. (1980):
Psychodynamische Aspekte der Mutter-Kind-Beziehung bei der krankengymnastischen Frühtherapie zur Prophylaxe infantiler Zerebralparesen.
Unveröffentliches Manuskript über einen Vortrag, gehalten auf dem neuropädiatrischen Kongress, Basel.

Dieser Beitrag erschien erstmals am 11.2.2013
Aktualisiert am 20.11.2020

Gewalt: Lässt sich eine Kindheitsvorstellung verändern?

Wenn ein Kind in Gewalt aufgewachsen ist - kann es dann jemals von dieser Gewalt wegkommen? In der Psychoanalyse liegt der Patient auf der Couch und der Analytiker sitzt hinter ihm. Mit sehr schwer traumatisierten Patienten kann man dieses Setting häufig zunä...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden

Frühes Trauma: Körperhaltung kann Ängste triggern – auch im Schlaf

"Ich wache nachts immer wieder mit unerklärlichen Panikattacken auf." Wir wissen, dass Gerüche, einzelne Laute oder Worte, Bilder und Geräusche an Traumata erinnern können und dann im Betroffenen starke Angst auslösen. Diese Einflüsse werden "Trigger" genannt...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden

Warum die Vojta-Therapie Babys psychisch schadet

Nicht alle Mütter führen die Vojta-Therapie bei ihren Kindern aus, obwohl Kinderarzt und Vojta-Therapeut dringend dazu raten. Sobald die Mütter das Schreien der Babys hören, beenden sie instinktiv die Therapie und sehen sich nach anderen Möglichkeiten um. Mütter, die dann gegen ihren ersten Impuls die Vojta-Therapie durchführen, ihre Emotionen dabei „abstellen“ oder wohlmöglich gar keine haben, sind vielleicht eher alexithyme oder besonders ängstliche Mütter, die sich von den Schilderungen des Kinderarztes und der Therapeuten einschüchtern lassen. Möglicherweise wurde in ihrer eigenen Kindheit nicht viel Rücksicht auf ihre Emotionen genommen. Weiterlesen

Der Wunsch nach Nähe und die Vojta-Therapie

Das kleine Kind, es hat Hunger. Es erhält etwas Gutes. Es genießt. Da schmeckt etwas wunderbar. Es fühlt sich wohlig und satt. Das kleine Kind, es hat den Wunsch nach Nähe. Doch die Mutter kommt plötzlich daher wie ein Ungeheuer. Sie legt sich fast auf da...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden

Kann die Vojta-Therapie bei Babys pervers machen?

Traumatisierte Mütter sind sehr in Gefahr, ihre Kinder auf verschiedenste Weise zu quälen. Während viele Frauen die Wut über früh erlittene Traumata am eigenen Körper abreagieren, tendieren manche Frauen dazu, den Körper ihres Kindes zu benutzen, um unbew...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden

Vojta-Therapie – die unsichtbare Gefahr in unserer Gesellschaft

Sie wird angewendet, bevor die Kinder sprechen können, bevor sie sich erinnern können. Viele bekamen sie, ohne zu wissen. Sie wundern sich nur, dass sie keine Zweierbeziehung führen können, dass sie nicht arbeiten gehen können, dass sie suizidal sind. "Ma...

Dieser Beitrag ist nur für Mitglieder sichtbar.

Jetzt Mitglied werden