Die psychischen Folgen bei Erwachsenen nach Vojta-Therapie als Kind
Immer wieder erhalte ich Post von heute 30- bis 50-jährigen Betroffenen, die mir ihre Geschichte erzählen und dann schreiben: „Bitte machen Sie das aber nicht öffentlich. Meine Mutter lebt noch und ich will nicht, dass sie sich schuldig fühlt.“ Was die Betroffenen äußern, ist oft ähnlich: Sie können keinen Partner finden, sie empfinden sehr schnell Druck und können Schmerzen ungewöhnlich gut aushalten. Sie haben oft eine glasklare Sprache und eine Art „hypertrophes Ich“ – sie sind sehr „willensstark“.
Gleichzeitig lassen sie sich nur ungern berühren und können Zärtlichkeit nur schwer ertragen. Die Beziehung zu den Eltern ist schwierig, oft ist der Kontakt abgebrochen. Manche kommen regelmäßig in Phasen, in denen ihnen das Leben unaushaltbar erscheint.
Die Betroffenen schreiben auch, was ihren Müttern immer gebetsmühlenartig gesagt wurde: Sie sollten das Schreien ignorieren. Das Kind würde ohne die Vojta-Therapie im Rollstuhl landen. Außerdem empfinde das Kind keine Schmerzen, sondern nur Anstrengung.
Wenn Kinder ihre Bedürfnisse durch Schreien äußern und die Mutter mehrfach nicht darauf eingeht, führt dies sehr häufig zu späterem psychischen Leid. Nicht selten leiden die Betroffenen darunter, ihr Leben als extrem „anstrengend“ zu empfinden. Sie haben zwar Freunde und Kollegen, viele funktionieren beruflich gut, aber sie können kaum Intimität leben.
Vojta-Therapie und sexueller Missbrauch
Ich bin inzwischen ziemlich sicher, dass die Vojta-Therapie schwere seelische Folgen bei den Betroffenen hinterlassen kann. Die Folgen können ebenso schwer sein wie nach sexuellem Missbrauch – die Betroffenen selbst fühlen sich häufig wie sexuell missbraucht. Auch kann die Therapie durch die Assoziation mit dem Sexuellen sehr leicht in „echten“ sexuellen Missbrauch übergehen.
Sehr oft verdammt die Vojta-Therapie die Betroffenen zu extrem langem Alleinsein, aus dem sie sich nur mit großer Mühe befreien können. Betroffene Frauen verbringen ihre fruchtbaren Jahre allein und wissen nicht, ob sich ihr Kinderwunsch erfüllen lässt. Oftmals müssen sie schmerzlich auf Berührung, Zärtlichkeit und Sexualität verzichten, weil sich in ihnen ein so großer Widerstand gegen körperliche Nähe regt.
Auffallend ist bei vielen auch eine extrem klare Sprache und Wortgewandtheit. Die Vojta-Therapie fördere die Sprache, heißt es. Doch vielleicht ist das frühe Sprechenlernen auch als Hilferuf zu verstehen: Wer als Baby in der Hölle ist, will sich so bald wie möglich so gut wie möglich verständlich machen. Der klaren Sprache steht jedoch das Gefühl entgegen, nicht gehört zu werden. So klar und deutlich die Betroffenen auch sprechen, so sehr haben sie damit zu kämpfen, wirklich ernst genommen zu werden und sich in ihrer Kommunikation effektiv zu fühlen.
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Dieser Beitrag erschien erstmals am 5.8.2016
Aktualisiert am 20.4.2023