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Aktuelle Seite: Startseite / Begriffe / Strahlen in der Psychose (Psychose-Serie 16)

Strahlen in der Psychose (Psychose-Serie 16)

04.07.2022 von Dunja Voos Kommentar verfassen

Viele Menschen mit Psychosen haben Angst, von anderen „verstrahlt“ zu werden. Doch was bedeutet das „Strahlen“ und die „Verstrahlung“ in der Psychose? „Der ist ganz schön verstrahlt“, sagen wir, wenn wir jemanden für verrückt erklären. Strahlung ist oft nicht sichtbar: Radioaktive Strahlung können wir nicht sehen, aber sie kann tödlich sein. Mit der Röntgenstrahlung können wir sozusagen durch jemanden hindurch schauen. Wir können ihn von innen sehen. Mütter von Menschen mit Psychosen kannten infolge eigener Traumata oft keine Grenzen zwischen sich und dem Kind. Sie sagten mitunter zu ihrem Kind: „Du bist für mich wie aus Glas“, was soviel heißt wie: „Du bist für mich, als seist Du gar nicht da“ oder: „Ich weiß alles über Dich, ich sehe in Dich hinein.“

Sonnenstrahlen können uns wärmen. Sie können Dinge aber auch zum Schmelzen bringen: Butter wird butterweich. Wir können in der Hitze butterweiche Knie bekommen. „Ich habe Angst, in der Nähe des anderen so weich zu werden, dass ich schmilze wie Butter“, sagt ein Patient.

„Du strahlst ja so!“, sagen wir, wenn sich jemand richtig freut. Das strahlende Gesicht kennen wir gut. Kleine Kinder finden das Gesicht der Mutter „strahlend schön“. Bei einer postpartalen Depression der Mutter verfinstert sich ihr Gesicht. Ein psychotischer Patient erzählte mir, dass er immerzu eine „schwarze Sonne“ sieht. Dies könnte verstanden werden, dass er sich an das betrübte Gesicht der Mutter erinnert, die schon früh an Depressionen litt.

Die Sonne als Gesicht der Mutter

Ein Buchtitel des Psychoanalytikers Christopher Bollas lautet im Deutschen: „Wenn die Sonne zerbricht.“ Das Buch versucht, Psychosen zu verstehen. Die Sonne ist unser Zentrum – normalerweise ist sie in unserer Vorstellung unzerstörbar. Wenn die Sonne zerbricht, bedeutet das, dass alles auseinanderfällt und es keinen Halt mehr gibt.

Menschen mit Psychosen sind stark mit den Augen und den Blicken anderer Menschen beschäftigt. Wir kennen den erwärmenden Blick eines anderen, aber auch seinen verfolgenden Blick. Manche Blicke sind auch eiskalt oder wie tot.

Da, wo es zwischen Mutter und Kind noch keine Sprache gibt, spielen die Blicke und die Augen eine besondere Rolle. Kommunikation verläuft ohne Wortsprache über die Gesten, die Mimik und die Blicke. Kleine Kinder sind in der Kommunikation häufig noch darauf angewiesen, dass wir sie anschauen. Sie suchen unseren Blick. Wenn wir mit Babys sprechen, „markieren“ wir zudem unseren Gesichtsausdruck: Wir ziehen die Augenbrauen hoch und zeigen dem Baby, dass wir mit ihm in einer ganz besonderen Sprache sprechen.

„In der Ergotherapie malen meine psychotischen Patienten sehr oft Augen“, sagt die Ergotherapeutin. Hingegen malen alkoholkranke Menschen sehr oft Wasser.

Menschen in der Psychose befürchten manchmal, dass andere sie „durch-schauen“ könnten. Manche formulieren konkret, dass sie glauben, aus den Augen eines anderen kämen Strahlen heraus. In der Tat passiert ja etwas, wenn wir uns angucken. Wir finden Zoom-Konferenzen oft auch deswegen so anstrengend, weil wir versuchen, den Blick des anderen genau zu finden, aber die Mattscheibe zwischen uns hindert uns daran, einen befriedigenden Augenkontakt zu haben.

Manchmal können uns Blicke bannen. In Sagen und Märchen können Menschen durch Blicke erstarren.

Menschen mit Psychosen haben oft Schwierigkeiten, Dinge zu symbolisieren. Sie können ihre Wünsche und Gedanken oft nicht so gut ausdrücken. Sie nehmen sehr vieles wörtlich und können nur schlecht abstrakt denken. Wenn von „strahlenden Augen“ im Sinne von großer Freude die Rede ist, verstehen die Menschen in der Psychose es so, dass aus den Augen tatsächlich Strahlen herauskommen.

Menschen mit Psychosen erlebten als kleine Kinder häufig ganz konkret, dass andere ihnen absolut zu nahe kamen und sie überwältigten.

Wie stehen wir in Verbindung mit anderen?

Wenn wir an das Containment denken, dann kann uns vieles deutlich werden. Die Mutter kann mit ihrer Psyche in den Säugling eindringen und ihn überwältigen, z.B. indem sie ihren Zorn sozusagen in das Kind drückt – mit Gewalt oder durch Schreien oder dadurch, dass sie meint, immer zu wissen, was ihr Säugling denkt. Sie schüttet ihre Seele bildlich gesprochen in den Säugling.

Sie kann aber auch das Gegenteil machen und ganz „zumachen“. Sie ist dann unnahbar und wie eine Wand für den Säugling. Der gesunde Mittelweg ist die ausgewogene Kommunikation zwischen Mutter und Kind, bei dem beide die Regungen voneinander aufnehmen und versuchen, zu erfassen und zu erraten, wie es dem anderen geht. „Ich denke, mein Kind braucht dies und jenes“, sagt die Mutter. Manchmal sagt sie vielleicht auch: „Ich weiß, dass mein Kind jetzt dieses und jenes braucht“, doch damit kommt sie ihm schon sehr nah.

Es ist wichtig, dass die Dinge ähnlich bleiben, dass sie verspielt bleiben, vermutet werden und so weiter. Das schützt das Kind davor, sich „genau so“ fühlen zu müssen, wie es die Mutter meint. Es schützt das Kind davor, verdammt zu sein, etwas aufgedrückt zu bekommen, ein falsches Selbst zu entwickeln und nicht mehr zu wissen, wer es ist.

Tödliche Strahlen

Ein Strahl geht direkt durch. Er kann verbrennen und töten. Damit können auch sexuelle Themen angedeutet werden: Bei der Ejakulation gibt es auch einen „Strahl“, ebenso gibt es einen Urinstrahl beim Urinieren. Psychosen entstehen oft in der Pubertät und im jungen Erwachsenenalter, wobei ebenfalls häufig sexuelle Themen und Vorstellungen mit im Spiel sind.

Psychotiker fühlen sich manchmal, als hätten sie keine Grenze. Sie müssen sich einen Sonnenhut und eine Sonnenbrille aufziehen. Sie ziehen sich in der Sonne warm an oder gehen erst gar nicht raus. Man könnte das z.B. so verstehen, dass sie nicht erneut von der Mutter verbrannt werden wollen. Manche ziehen sich dicke Decken über, verbarrikadieren sich im Haus oder verkleiden die Wände mit Alufolie. Das kann z.B. bedeuten: „Ich brauche eine dickere Grenze. Ich möchte Deine Strahlen abwehren.“ Es könnte aber auch der Versuch sein, zu „reflektieren“, also nachzudenken.

Was immer uns der Psychotiker anbietet: Es hat einen wenn auch noch so verborgenen Sinn. Ähnlich, wie wir unsere Träume auf den ersten Blick oft nicht verstehen, so fühlen wir uns auch in der Kommunikation mit dem Psychotiker oft hilflos und sinnentleert. Doch wenn wir spielerisch mit unseren Gedanken umgehen können und unsere Phantasie spielen lassen, dann kann uns vieles klar werden von dem, was uns der Psychotiker mit seinen Strahlengeschichten erzählen möchte.

Verwandte Artikel in diesem Blog:

  • Konkretistisches Denken kommt häufig bei Psychosen vor
  • Von Psychose Betroffene malen häufig viele Augen
  • Die autistisch-berührende Position nach Thomas Ogden

Literatur:

Harry Hunt (2007):
Dark nights of the soul:
Phenomenology and neurocognition of spiritual suffering in mysticism and psychosis.
Review of General Psychology 11 (3), 209-234, 2007
https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1037/1089-2680.11.3.209

„In particular, the “dark night of the soul” in classical mysticism, with its painful “metapathological” loss of felt meaning is compared with the anhedonias central to the negative symptoms of schizophrenia and schizotypicality. Paul Schilder’s early understanding of instabilities in the body image, as our core sense of self, offers a key to both the disorganized hallucinatory syndromes of psychosis and to the relative enhancements of body image/ecological self in spirituality.“ (Hunt, 2007)

Mohammad Asghari, Zahra Shaghaghi et al. (2019):
Radioprotective effect of olanzapine as an anti-psychotic drug against genotoxicity and apoptosis induced by ionizing radiation on human lymphocytes.
Molecular Biology Reports 46 (&); 5909-5917; 2019
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31407246/

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