„Von guten Mächten wunderbar geborgen“? Oder von bösen Mächten bedroht?

Dietrich Bonhoeffer schrieb 1944 aus dem Kellergefängnis: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Menschen mit einer schweren Angststörung spüren aber oft das Gegenteil: Sie fühlen sich von „bösen Mächten“ umgeben und bedroht. Krieg, Klima und Krankheiten machen uns Angst – egal, ob mit oder ohne Angststörung. Wie ist das mit dem Eindruck, dass wir von Mächten umgeben sind?

Unser Körper hört nicht mit der Haut auf. Wir geben noch Wärmestrahlung und Gerüche ab. Unser Körper endet sozusagen erst einige Zentimeter über unserer Haut. Wir haben in unserer Schulmedizin meines Wissens keinen Begriff dafür – am ehesten spricht man wohl von „Aura“, einem „Gewebe feinstofflicher Energien“ (www.seelenwissen.com/lexikon/aura/). Wenn man Menschen fragt, wo ihr Körper endet, sagen sie oft, dass er seine Grenze erst einige Zentimeter über der Haut hat.

Was kommt von innen?

Manchmal fühlen wir das Außen sehr, manchmal mehr das Innere. Wenn ich gerade viele bedrohliche Nachrichten gesehen habe, habe ich ein beängstigendes „Außengefühl“. Wenn ich wütend bin, dann spüre ich den Energiestrom innerhalb meines Körpers. Der Körper bebt, wir spüren die Wärme von unten nach oben hochsteigen. Wir könnten „platzen vor Wut“. Wenn wir jedoch eine starke Panikattacke haben, dann spüren wir zwar vielleicht auch ein Beben oder „Bohren“ in uns, jedoch kann es sich auch so anfühlen, als ob da von außen etwas „böse Vibrierendes“ auf uns zukäme und uns durchdringe.

Wenn wir während einer Panikattacke in unsere Umgebung schauen, wirkt sie mitunter bedrohlich auf uns. Es ist, als würde sich die ansonsten neutrale Umgebung durch gruselige Hintergrundmusik in eine Horrorwelt verwandeln.

Ob wir eine Bedrohung oder etwas Gutes als von außen oder innen kommend wahrnehmen, ist nicht immer leicht zu sagen. In der Psychoanalyse spricht man von einem „Psychoanalytischen Feld“. Während zwei beisammen sind, entsteht sozusagen etwas Drittes: Eine Atmosphäre baut sich auf, ein Thema dehnt sich aus. Es entsteht etwas zwischen den Beiden: Sowohl Analytiker als auch Patient haben einen bestimmten „Eindruck“ von der Situation. Wie sieht das Zimmer aus, während wir Angst haben, während wir wütend sind oder während wir uns geborgen fühlen? Wir nehmen es unter Umständen immer wieder anders wahr.

Psychische Beschädigungen oft außen sichtbar

Man sieht oft von außen, ob ein Mensch psychisch schwer beschädigt wurde oder nicht. Wenn wir einen Menschen sehen, der in Liebe großgeworden ist, dann beneiden wir ihn um seine Erscheinung, die etwas von „Ganzheit“, von Ordnung und Unversehrtheit zeigt. Es ist, als hätten diese gesunden Menschen eine Schutzhülle um sich herum. Wenn wir uns geliebt fühlen, fühlt sich häufig auch unser Haut samtig und „ganz“ an. Wir fühlen uns, als trügen wir selbst einen Schutzmantel. Auch in der Psychoanalyse kann so ein Gefühl entstehen, wenn der Therapeut als „gutes Introjekt“ aufgenommen worden ist und wir einen inneren Raum entwickeln konnten.

Wenn wir eine schlechte Nachricht erhalten oder denken, wir werden verrückt, dann fassen wir uns an den Kopf – so, als wollten wir uns selbst zusammenhalten. Alles, was uns wieder zu uns selbst zurückführt, tut uns gut: Die eigene Wut wahrnehmen, eine emotionale Verbindung zum anderen herstellen, die eigene Kraft durch Bewegung spüren, sich eine Wärmflasche machen, Schlafen oder etwas Gutes essen, kann helfen, das bedrohliche Außen weniger bedrohlich wirken zu lassen („Essen hält Leib und Seele zusammen“).

Wenn wir uns innen gut fühlen, haben wir meistens auch den Eindruck dass die Außenwelt uns freundlich gesonnen ist. Wir brauchen auch das Gefühl, selbstwirksam zu sein. Der schnöde Alltag mit seinen Routinen und manchmal einfach Putzen, Planen und Gestalten können uns aufatmen lassen, wenn wir uns bedrängt fühlen. Wenn gar nichts mehr hilft, weil sich große Kräfte ihren Weg bahnen (z.B. in der Krankheit oder in Katastrophen) können Meditation und Gebet ein Anker sein.

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 25.9.2020
Aktualisiert am 12.10.2022

3 thoughts on “„Von guten Mächten wunderbar geborgen“? Oder von bösen Mächten bedroht?

  1. Dunja Voos sagt:

    Ganz herzlichen Dank, liebe Liz, für die Korrektur. Das Blog basiert wirklich auf Zusammenarbeit :-)

  2. Liz sagt:

    Bonhoeffer!
    (Nicht Bonhöfer! So viel Zeit/Respekt darf sein!)
    (Bin ein Fan von Ihrem Blog! Aber auch von Bonhoeffer.)

  3. Melande sagt:

    …….SICH MIT SEINEM ATEM VERBINDEN……..
    Dieser Satz ist in meinem Kopf hängengeblieben, nach Lesen in diesem blog. Ich weiß nicht mehr, aus welchem Beitrag,
    Ich habe den SATZ mir nicht gemerkt, quasi als Anleitung zur Verhaltenssteuerung in Spannungssituationen.
    Sondern: Ein ganz ganz wohltuendes, entspannendes, lustvolles ganz tiefes Einatmen (bis „zum Anschlag“) und dann „Umkippen“ in ein kräftiges (auch mit Ton) Ausatmen
    ist, so kommt es mir vor, aus meinem Körper heraus ENTSTANDEN, war auf einmal da.

    Was ich ausdrücken wollte:
    Wenn ich ……Ratschläge/Anweisungen („Du mußt das……tun, in der……Situation“ usw.)/“Über-Ich-Worte“ ZUERST bekomme (z.B. aus einem der 1000 Ratgeber-Büchern) und DANN versuche, die Anweisung ins Tun umzusetzen (wie auch oft in Verhaltenstherapien),……..
    dann klappt das bei mir oft nicht. Ich komme mir dann auch schon mal wie eine „Maschine“ vor, die von außen gesteuert wird.

    Was ich spontan geschrieben habe, klingt vielleicht etwas hölzern.

    Mit liebem Gruß

    Melande

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