106 Wie wird man Psychoanalytiker? Sich in die Welt des Patienten begeben

Wenn wir einen Patienten vor uns haben, der durch starkes Rauchen sein Leben zerstört, wenn wir zusehen müssen, wie jemand in sein Unglück rennt, dann sind wir geneigt, mit ihm zu verhandeln. Wir appellieren an seine Einsicht: „Schau doch mal!“, sagen wir. Doch in der Psychoanalyse geht es um etwas ganz anders: Es geht darum, dass wir uns in die Welt des Analysanden begeben und zusammen mit ihm diese Welt erkunden. Ein wunderbares Podcast hierzu findet sich auf der Website „NewBooksNetwork.com“ (The Making Of A Psychoanalyst). Hier stellt der Psychoanalytiker Christopher Russell (Chelsea, Manhattan) die Psychoanalytikerin Claudia Luiz vor, die herzerfrischend davon berichtet, wie sie Psychoanalytikerin wurde.

Einst litt sie selbst an starken Ängsten und war innerlich nur damit beschäftigt. Durch ihre erste Fallvorstellung in der Psychoanalytischen Ausbildung fiel sie durch – weil sie keinen resonanten Kontakt zu ihrem Patienten aufgebaut hatte. Sie lernte dann, mit ihren Patienten in Resonanz zu gehen, sich in ihre Lage zu versetzen und mit dem Patienten gemeinsam seine Innenwelt zu erkunden.

Nicht mehr allein

Claudia Luiz sieht den Sinn in der Psychoanalyse unter anderem darin, dass der Patient nicht länger mit sich allein in seiner Innenwelt ist. Indem der Analytiker den Patienten sozusagen nach innen begleitet, entstehen höchst bedeutsame „Aha-Momente“, die für Außenstehende nichts Besonderes zu sein scheinen, die jedoch das Leben der Betroffenen tiefgreifend verändern können. Der englischsprachige Podcast mit Claudia Luiz ist hier zu finden: https://newbooksnetwork.com/claudia-luiz-the-making-of-a-psychoanalyst-studies-in-emotional-education-routledge-2018/

Claudia Luiz gewann 2006 den Phyllis W. Meadow Award for Excellence in Psychoanalytic Writing.

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