
Als Psychoanalytiker*in kann man klarifizieren, konfrontieren, Gesagtes markieren, das Übertragungsgeschehen deuten, Widerstandsdeutungen geben, Zusammenhänge herstellen, aber ganz besonders kann man mit gleichschwebender Aufmerksamkeit (einem meditativen Zustand) da sein. Diese Präsenz ist für den Patienten deutlich spürbar und schwer zu erklären – man muss es selbst erfahren. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Es fühlt sich manchmal so an, als wenn die eigene Seele von einer anderen Seele berührt wird. Daraus entstehen Halt, Veränderung, Beruhigung, Linderung. Als Analysand kann man endlich zutiefst aufatmen. Die Arbeit des Analytikers erinnert manchmal an die Tätigkeit einer Hebamme: Sie sitzt daneben und wartet geduldig – sie kennt die Vorgänge der Geburt und vertraut der werdenden Mutter.
Nicht mehr alleine
Der Analytiker will nichts verändern, sondern er hält mit aus. Der Patient gebiert dabei oft seine eigene Erkenntnis, seine eigene Lösung. Er geht einen inneren Entwicklungsschritt und wird dabei begleitet. Zu spüren, dass der Analytiker da ist, während schmerzliche oder schwer beunruhigende Erlebnisse wieder präsent sind und zu spüren, dass das Analytiker zutiefst mitfühlen kann, hat seine eigene heilende Wirkung. Sie ist mindestens genauso wirksam wie das gesprochene Wort.
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Lesetipps:
Manfred G. Schmidt:
Der Einfluss der Präsenztheorie auf die psychoanalytische Behandlungstechnik
Psyche, Klett-Cotta, Heft 09-10, September 2014
Salman Akhtar:
Psychoanalytic Listening
Karnac Books, 2012
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literaturkritik.de/id/7427
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