
Der Sitz der Seele läge im Zwerchfell (Diaphragma), so glaubte man im alten Griechenland. Das Zwerchfell ist ein Muskel. Wie alle Muskeln verspannt es sich besonders bei Ärger und Angst. Wohl jeder spürt – wenn er darauf achtet – wie er sich verkrampft, sobald unangenehme Gefühle entstehen. Mit der Verkrampfung will man sich vor den Gefühlen schützen. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Chronische Verspannungen
Häufen sich Angst, Überlastung und Schrecken, so können dauerhafte Muskelverspannungen entstehen. Nicht nur die quergestreifte Muskulatur (also die willentlich bewegliche Muskulatur, z.B. die Arm- und Beinmuskulatur) verkrampft sich, sondern auch die glatte Muskulatur (also die Muskulatur, auf die wir nur wenig Einfluss haben wie z.B. die Bronchialmuskulatur, die Gefäßmuskulatur, die Magen-Darm-Muskulatur). So kann zum Beispiel Bluthochdruck entstehen.
Beruhigung entspannt die Muskulatur
Alles, was beruhigt, kann die Muskulatur wieder entspannen – dazu gehören z.B. eine ruhige Stimme, Musik oder freundliche Blicke. Bei der inneren An- und Entspannung spielt der Nervus vagus (der 10. Hirnnerv) eine wichtige Rolle (Polyvagal-Theorie). Das zeigt sich unter anderem daran, dass viele Menschen auf starke psychische Anspannung mit Übelkeit und Erbrechen reagieren.
Der Nervus vagus (La vague = französisch: die Welle)
Der vordere Anteil des Nervus vagus ist nach der Polyvagaltheorie an sozialen Interaktionen beteiligt. Er bestimmt mit, wie sehr wir uns schützen wollen und wir stark wir reagieren (oder verkrampfen). Die Psychologin und Psychotherapeutin Dr. Vita Heinrich-Clauer, Osnabrück, hat in einem Artikel in der Zeitschrift „Sprache, Stimme, Gehör“, einen Beitrag zu diesen Zusammenhängen verfasst. Er kann beim Thieme-Verlag für 30$ als PDF heruntergeladen werden (siehe unten).
Anspannung und Entspannung in der Psychoanalyse
Auch in der Psychoanalyse lässt sich beobachten, was die Muskulatur im Laufe der Stunde so macht: Immer wieder gibt es Phasen der Anspannung und der Entspannung. Darauf zu achten kann sehr spannend sein. Der Körper erzählt oft mehr als Worte es tun.
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Link:
Heinrich-Clauer, Vita (Osnabrück):
Zur Wechselwirkung von emotionalen Schutzreaktionen und Muskeltonus
Interaction of Emotional Defense Mechanisms and Tonicity
Sprache Stimme Gehör 2014; 38(03): 114-119
DOI: 10.1055/s-0034-1387785
https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/s-0034-1387785
Dieser Beitrag erschien erstmals am 3.10.2015
Aktualisiert am 1.10.2019
Peter Wiesejahn meint
Hallo Frau Voos,
wieder ein schöner Artikel, der Lust auf mehr macht.
Wenn ich diesen Artikel lesen fällt mir die Aussage: „Lachen ist die beste Medizin.“, wieder ein. Nach diesem Artikel kann ich mir gut vorstellen, dass daran noch mehr wahres ist, als ich bisher glaubte.
„Everybody tells a story“, ist aus meiner Sicht, mit eine Grundlage in der Arbeit mit Menschen.
Vielen dank für den kurzen Einblick und die Erinnerung.
Liebe Grüße
Peter Wiesejahn