Die Neurose ist eine psychische Störung, bei der die Betroffenen unter den verschiedensten Symptomen wie Ängsten, Depressionen oder Zwängen leiden, ohne jedoch den Bezug zur Realität zu verlieren. Der Betroffene bemerkt, dass das, was er denkt oder tut, ein „bisschen verrückt“ ist, aber dass die Wirklichkeit anders aussieht. Bei der sogenannten Psychose hingegen geht der Realitätssinn phasenweise ganz verloren. (Text und Bild: © Dunja Voos)
Die Psychose
Bei der Psychose erleben die Betroffenen etwas, das Außenstehende nicht nachvollziehen können. Beispielsweise fühlen sich die Betroffenen verfolgt und sie sehen „weiße Mäuse“ in einer Intensität, die das Erlebte echt erscheinen lässt. Grob unterteilt man drei Formen der Psychose:
- Affektive Psychose: Es stehen Gefühlsstörungen im Vordergrund. Hierzu gehört beispielsweise die bipolare Störung, ein Wechsel aus starker Depression und extremer Hochstimmung.
- Schizophrene Psychose: Das Denken ist gestört. Wahnvorstellungen (z.B. Verarmungswahn oder Verfolgungswahn) sowie optische oder akustische Halluzinationen (Stimmenhören) gehören dazu.
- Die schizoaffektive Psychose ist eine Mischform aus beidem.
Die Neurose
Der Psychoanalytiker Harald Schultz-Hencke (1892-1953) hat die Theorien Sigmund Freuds, Karl Abrahams und Wilhelm Reichs weiterentwickelt und unterschied vier Hauptneurosen:
- die schizoide Neurose
- die depressive Neurose, bei der es um Themen der oralen Phase geht (Versorgen und Versorgtwerden, Passivität und Aktivität, Gefüttertwerden und „selbst zubeißen“ etc.)
- die Zwangsneurose, die mit Themen rund um die anale Phase zu tun hat (Selbstständigkeit, Selbstbestimmtheit, Freiheit, Körperlichkeit, Kontrolle, Aggression, Ich-Grenzen, Magisches Denken)
- die hysterische Neurose, die mit der ödipalen Phase zusammenhängt (Geschlechtsidentität, Rivalitäten mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil, Konkurrenz, sexueller Missbrauch).
„Also: ein erotischer Trieb und eine Auflehnung gegen ihn, ein (noch nicht zwanghafter) Wunsch und eine (bereits zwanghafte) ihm widerstrebende Befürchtung, ein peinlicher Affekt und ein Drang zu Abwehrhandlungen; das Inventar der Neurose ist vollzählig.“
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Literatur:
Siegfried Elhardt
Tiefenpsychologie
Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 2001: 116–138
Dieser Beitrag erschien erstmals 2006.
Aktualisiert am 11.3.2017
Nel meint
Es wird zur Darstellung eines Krankheitsbildes immer die ausgeprägte Form herangezogen.Es gibt verschiedene Grade der Behinderung.Ich leide an einer leichten Mischform,die angeboren und physisch (Dopamin)begründbar ist.Auch habe ich im Lauf der Jahrzehnte nach einer ungestümeren Phase gelernt, dass viele Eindrücke auf meine Umwelt hinweisen, z.T.katatonisch (mitempfindend)sind und manchmal auf Ereignisse oder Auseinandersetzungen hinweisen..so kann ich etwas Abstand nehmen und selbst interpretieren,was auf mich zukommt (wie ein Blinder versucht,sich zu orientieren,indem er andere Sinne besonders ausgeprägt hat).Ein Nichtbehinderter tut dies kraft der Deduktion..
Jay meint
Leider können viele Außenstehende, die nicht vorhandene Einsicht in den Wahn der Betroffenen, nicht nachvollziehen.
Wenn ein paranoid Schizophrener glaubt, sein Nachbar bestrahle ihn durch die Wand mit Mikrowellen, um ihm zu schaden, oder im Tropfgeräusch des Regens sei eine kodierte Botschaft der Außerirdischen an ihn enthalten, dann ist das für ihn ein absolut schlüssiges Realitätserleben, wodurch die Schwere der Erkrankung und des Wahns deutlich wird.
Ich habe schon oft mit Psychiatriegegnern diskutiert, die meinen, man könne jede psychische Erkrankung durch Argumente relativieren oder die Betroffenen bräuchten nur ihre innere Einstellung zu ändern und schon ginge es ihnen wieder gut.
Für mich ist so etwas Diskriminierung erkrankter Menschen.
Ich bin persönlich von der Bipolaren Störung betroffen und kann mich gut an wahnhafte Gedanken erinnern, die ich während der manischen Phasen hatte.
Hauptsächlich handelte es sich dabei um die typischen Grandiositätsphantasien bezüglich der eigenen Person.
Ich bin mir heute der wahnhaften Natur dieser Gedanken bewusst, dennoch kann ich noch nachfühlen, dass sie mir damals absolut plausibel vorkamen.
Hier wird mal wieder deutlich, wie sehr Freud recht hatte und wenig das rationale Ich der Herr im eigenen Hause ist.