Gerade wenn Du frühtraumatisiert bist, kann manchmal so etwas auftauchen wie ein Suiziddruck oder Suizidimpuls: Du hast das Gefühl, Du müsstest Dich umbringen, obwohl Du das gar nicht möchtest. Es fühlt sich vielleicht ein bisschen an wie ein Zwangsimpuls, den manchmal z.B. junge Mütter beschreiben, wenn sie den erschreckenden Impuls spüren, sie müssten ihrem Baby das Leben nehmen. Solche Druckgefühle können extrem unangenehm werden – gerade auch, weil sie so schwer zu beschreiben sind und wie „verrückt“ wirken. Es kann hilfreich sein, sie zu erforschen. Achte einmal darauf, wann es auftritt: Morgens beim Aufwachen? Oder nachdem Du lange irgendwo verkrampft gesessen oder gelegen hast? In Gesellschaft oder in Einsamkeit (oder beides)? Durch bestimmte körperliche Bewegungen kann sich Dein Befinden manchmal erstaunlich verändern. Auch, wenn es sehr platt klingen mag: Versuche es einmal mit Dehnübungen, vor allem mit sehr langsamen Dehnübungen von Armen und Beinen. Weiterlesen
Wer in der Psychiatrie die Medikamenteneinnahme verweigert, hat oft einen schweren Stand. Ärzte und Therapeuten werfen den Patienten mitunter vor, sie könnten nicht vertrauen, sie hätten keine Krankheitseinsicht, sie würden sich trotzig wie ein Kind benehmen und vieles mehr. Zum Glück gibt es Psychotherapeuten wie den New Yorker Psychiater Peter Breggin (geboren 1936) – er setzte sich sein Leben lang dafür ein, Psychosen zu verstehen und keine Psychopharmaka zu verordnen. Je stärker die Antipsychotika die Psychiatrie eroberten, desto weniger Raum blieb für psychologische Erklärungsmodelle und Psychotherapie. Weiterlesen
Viele Menschen mit Psychosen haben Angst, von anderen verstrahlt zu werden. „Der ist ganz schön verstrahlt“, sagen wir, wenn wir jemanden für verrückt erklären. Radioaktive Strahlung ist nicht sichtbar, aber sie kann tödlich sein. Mit der Röntgenstrahlung können wir durch jemanden hindurch schauen und ihn von innen sehen. Nicht selten haben Menschen mit Psychosen schon in der frühen Kindheit körperliche Grenzüberschreitungen wie z.B. sexuellen Missbrauch erlebt. Manche Mütter sagten zu ihrem Kind: „Du bist für mich wie aus Glas“ oder „Der liebe Gott sieht alles.“ So fühlte sich das Kind vielleicht, als sei es ohne Grenze. Weiterlesen
Wir können an unserem Bewusstsein, an unserer Subjektivität ganz schön leiden. Wenn wir im Aufzug stecken bleiben oder eingesperrt sind, denken wir vielleicht, wir werden verrückt, weil wir es so unglaublich schwierig finden, auf uns selbst zurückgeworfen zu werden. Wir spüren uns selbst – wir leiden am subjektiven Erleben. Doch was ist Subjektivität und wieso erleben wir sie auf unsere spezielle Weise? Fredric Schiffer von der Medical Harvard School geht der interessanten Frage nach, wie biologisches Material Subjektivität erlangt (The physical nature of subjective experience and its interaction with the brain, 2019). Besonders psychotische Menschen leiden manchmal unter dem Vergehen des „Selbst“ und beschäftigen sich mit dieser Frage. Andere wiederum leiden an einem „Zuviel“ von Subjektivität. Diese Unterschiede hängen möglicherweise auch mit der Art von Containment zusammen, die wir erfahren haben. Weiterlesen
Der Begriff „schizophrenogene Mutter“ kam in den 70er Jahren noch häufig vor. Man ging davon aus, dass die Mutter (bzw. die engste Bezugsperson) ein Kind schizophren „machen“ konnte. Der Begriff wurde von der Psychoanalytikerin Frieda Fromm-Reichmann (1889-1957) geprägt. Sie war die Analytikerin von Joanne Greenberg (geb. 1932), die schon als Jugendliche unter Schizophrenie litt. Später (1964) schrieb Joanne Greenberg unter dem Namen „Hannah Green“ das Buch „Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen“ (Verlag Rowohlt). Heute hört man den Begriff „schizophrenogene Mutter“ kaum noch. Weiterlesen
„Der Psychotherapeut, der Patienten mit schizophrenen Psychosen behandelt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es bei diesen Patienten hauptsächlich um’s Überleben geht“, schreibt Bertram Karon (1930-2019) in seinem wunderbaren Buch „Psychotherapy of Schizophrenia“ (Bertram Karon und Gary Vandenbos, Rowman&Littlefield Publishers 2004: S. 204, 1981, 1994 by Jason Aronson Inc.). Bei der schizophrenen Psychose leiden Patienten unter Stimmenhören, Wahnvorstellungen (z.B. „der andere will mich umbringen“, „ich werde verfolgt“) und – seltener – unter optischen Halluzinationen. Bertram Karon verstarb 2019 – er gilt als einer der versiertesten Psychoanalytiker auf dem Gebiet der Psychosen. Weiterlesen