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Träume und Gedanken lassen sich durch Bewegung wegwischen

Ist es nicht interessant, wie Gedanken und Körper zusammenhängen? Wenn wir einen Traum hatten und nach dem Wachwerden unbeweglich liegenbleiben, können wir uns noch einen Weile an den Traum erinnern. Wenn wir uns aber bewegen und die Körperposition wechseln, dann kann es sein, dass dadurch der Traumgedanke verschwindet. Wenn wir etwas gesagt haben, dass uns Angst macht, dann klopfen wir geschwind auf Holz, damit das Gedachte wieder unwirksam werden kann. Wenn wir wütend sind oder Kummer haben, wollen wir joggen gehen, um „den Kopf frei zu bekommen“.

Wir träumen intensiv in den Schlafphasen, in denen unser Körper unbeweglich ist und sich nur die Augen rasch bewegen (REM-Phasen, REM = Rapid Eye Movement, schnelle Augenbewegungen).

Menschen mit Tics oder Tourette-Syndrom bekämpfen aus psychoanalytischer Sicht unerwünschte, peinliche oder aggressive Gedanken durch rasche Bewegungen und Laute. Menschen mit Psychosen bewegen sich hin und her oder sie führen bestimmte Bewegungen aus, um bestimmte Gedanken unschädlich zu machen. Manchmal trauen wir uns nicht zu bewegen, weil wir in andächtiger Stille sind und diesen Moment halten wollen. Körper und Geist sind so eng miteinander verbunden.

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 27.10.2019
Aktualisiert am 14.2.2021

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Feuchtwerden (Lubrikation) als Reflex bei sexueller Gewalt: Warum sich Opfer schuldig fühlen

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Es kommt also vor, dass die Scheide reflexhaft mit Feuchtwerden reagiert, auch wenn die Frau nicht erregt ist oder wenn sie einer Gewalttat ausgesetzt ist. Der Reflex verhindert, dass es zu größeren Verletzungen in der Scheide kommt.

Rettung in der Not

Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Psyche die unerträglichen Gewaltzustände sozusagen „um-switcht“, um sie erträglicher zu machen. Manche Missbrauchs-Opfer berichten, dass sie selbst – wenn auch nur für kurze Momente – erregt waren.

Kinder, die missbraucht werden, fordern manchmal von sich aus das Procedere ein, damit sie in ihrer Ohnmacht wenigstens selbst den Zeitpunkt des Beginns der Qual bestimmen konnten.

Die Feststellung der Opfer, für Momente selbst erregt gewesen zu sein, ist ganz schrecklich für sie, denn sie können das nicht einordnen, weil die Situation an sich unvorstellbar schrecklich war. Doch wenn der Körper in eine unaushaltbare Situation kommt, versucht er, sich zu helfen. Bei Schmerzen werden Endorphine produziert. Bei sexueller Erregung steigen Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Prolaktin an (siehe Focus.de). Wenn die Stresshormone sowieso schon erhöht sind, können auch Gefühle leicht umschlagen.

Später

Manchmal werden unaushaltbare Erlebnisse auch im Nachhinein, in der Erinnerung sozusagen, „sexualisiert“. Die „Nachbearbeitung“ in der Psyche bewirkt, dass die Gewalt in der Erinnerung anders erlebt wird als in dem Moment, in dem sie geschah. Es kann also sein, dass sich später, wenn man sich an die schreckliche Situation erinnert, Erregung hinzumischt. Diese Zusammenhänge könnten auch erklären, warum sich Missbrauchsopfer oft so schuldig fühlen.

Die Ärztin Emily Nagosky erklärt in einem TED-Video den Begriff „Arousal Nonconcordance„. Sie beschreibt sehr gut, wie ein sexueller Stimulus zur feuchten Scheide oder zur Erektion führen kann, obwohl der Betroffene nicht erregt ist. Sie vergleicht es z.B. mit dem Biss in eine schimmelige Frucht, der auch zu erhöhter Speichelsekretion führt, obwohl man die Frucht nicht essen möchte. Sie erinnert daran, dass der Pawlowsche Hund beim Erklingen der Glocke mit erhöhter Speichelsekretion reagiert, obwohl er ja nicht die Glocke fressen will, sondern das Fressen, das dem Glockenton folgt. (Siehe: Emily Nagosky, Ph.D. The Truth about unwanted Arousal, Youtube)

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Literatur:

Lessels, Elisabeth:
Female sexual arousal response to implied sexual violence.
The University of Texas at Austin
https://repositories.lib.utexas.edu/handle/2152/18981

Exton, Natalie et al. (2000):
Neuroendocrine response to film-induced sexual arousal in men and women.
Psychoneuroendocrinology, Volume 25, Issue 2, February 2000: 187-199

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 13.9.2018
Aktualisiert am 30.1.2022

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