Der psychoanalytische Begriff „Übergangsraum“ wurde von dem Psychoanalytiker Donald W. Winnicott geprägt. Damit meinte er einen Raum, der zwischen Innenwelt und Außenwelt, also zwischen Ich und Nicht-Ich besteht. Dieser Raum ist für Säuglinge immens wichtig. Doch auch der Erwachsene braucht und erlebt ständig Übergangsräume. Ein Übergangsraum kann z.B. das Psychotherapiezimmer sein. Hier sind Therapeut und Patient einerseits von der Außenwelt abgeschnitten und doch sind sie Teil der äußeren Realität.
Manchmal sagen Patienten „Im echten Leben ist es so und so, aber hier ist es anders.“ Es taucht dann die Frage auf, ob im Therapieraum überhaupt „echtes Leben“ stattfindet. Der Übergangsraum ist ein Gemisch aus subjektivem und realistischem Erleben.
Ein „Zwischenbereich des Erlebens“ (Winnicott)
Zwischen Patient und Therapeut entstehen gemeinsame Gedanken und gemeinsame Erlebnisse, die in einem „Übergangsraum“ erlebt werden. Anstelle des Begriffes „Übergangsraum“ findet man auch den Begriff „intersubjektiver Raum“. Wie sich ein psychischer Übergangsraum bilden kann, merken wir manchmal auch in emotional aufgeladenen Situationen: Hier ist nicht immer klar, ob man nun selbst aufgebracht ist oder ob sich nur der andere aufregt („Ich schreie ja gar nicht!“).
Die Mutter schafft Übergangsräume
Die Mutter hilft dem Kind behutsam, die Realität zu sehen und zu verdauen. Dafür stellt sie ihrem Kind einen Übergangsraum bereit. Auch der Psychoanalytiker hilft dem Patienten, Stück für Stück die Realität anzuerkennen. Damit sich im Kind ein psychischer Übergangsraum bilden kann, kann ein Übergangsobjekt hilfreich sein. Vereinfacht gesagt: Der Teddy ist für den Säugling ein Stück Mutter und gleichzeitig ist er doch nicht die Mutter. Der Teddy ist nicht lebendig, in der Phantasie des Kindes aber doch belebt. Der Teddy erinnert an die Mutter und somit fühlt sich das Kind nicht ganz verlassen.
Mithilfe des Teddys kann sich das Kind sagen: „Hier bin ich und ein paar Kilometer weiter dort ist die Mutter, aber gefühlsmäßig lebe ich in der Illusion, die Mutter sei hier bei mir. Wenn ich den Teddy anschaue, kann ich das Gefühl in mir wachrufen, wie es ist, wenn sie da ist.“
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Eingreifen statt zuhören
Peter Diederichs, Jörg Frommer und Franz Wellendorf (Hg.):
„Äußere und innere Realität“
Eine Rezension von René Weiland
http://www.deutschlandradiokultur.de/eingreifen-statt-zuhoeren.1270.de.html?dram:article_id=191556
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 6.10.2014
Aktualisiert am 23.1.2021
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