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Alkoholabhängigkeit und Bindung: „Cure the incurable“

Alkoholabhängige Patienten gelten mitunter als hoffnungslose Fälle. Manche Psychotherapeuten nehmen Alkoholiker erst gar nicht auf. Doch manche haben einen hoffnungsvolleren Blick. Die Autoren Abdullah Cihan und Kollegen beschreiben in ihrem Beitrag „Attachment Theory and Substance Abuse: Etiological Links“ (Journal of Human Behavior in the Social Environment, 24, 2014) interessante Ansätze. Die Alkoholabhängigkeit ist demnach keine eigenständige Krankheit, sondern eher das Ergebnis einer tiefgreifenden frühen Bindungsstörung. Diese frühe Bindungsstörung hat zu einer Störung in der Emotionsregulation geführt. Natürliche „Glückshormone“, die durch befriedigende Beziehungen hervorgerufen werden, fehlen dem Alkoholabhängigen, so Cihan. Weiterlesen

24 Wie wird man Psychoanalytiker? Schweigen lernen

"Psychoanalytiker werden dafür bezahlt, dass sie nichts sagen", heißt es. "Manchmal frage ich mich, warum ich dahin gehe - der sagt ja gar nichts", sagt ein Patient. "Sie können das Schweigen nicht aushalten", sagt der Supervisor zum Ausbildungskandidaten....

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Auch Psychotherapeuten brauchen manchmal Psychotherapie

Medizinerwitz: „Was ist eine Tautologie? Schwarzer Rappe, alter Greis, alkoholkranker Chirurg.“ Unter bestimmten Umständen kann man als alkoholkranker Arzt die Berufserlaubnis verlieren. Der körperlich kranke Arzt wird hingegen meistens akzeptiert, der erschöpfte Arzt auch. Aber was ist mit dem psychisch kranken Arzt oder Psychotherapeuten? Lassen sich Parallelen zu den Lehrern ziehen? Bei ihnen war früher die Verbeamtung gefährdet, wenn sie an einer psychischen Erkrankung litten. Inzwischen stellt eine psychische Erkrankung nicht mehr so eine große Gefahr für Lehrer dar: „… jedoch lässt sich aufgrund der zunehmenden Häufung von psychischen Erkrankungen festhalten, dass eine Psychotherapie inzwischen kein generelles Ausschlusskriterium für den öffentlichen Dienst darstellt“, schreibt Rechtsanwalt Janus Galka auf anwalt.de (11/2023).Weiterlesen

Vojta-Therapie bei Babys – eine Kritik (englisch: Reflex Locomotion Therapy)

Viele Mütter kennen das: Sie sollen ihr Kind nach Vojta behandeln. Das Baby schreit sich dabei die Seele aus dem Leib. Es schwitzt dabei. Es kann nicht mehr, aber wird zum Weitermachen gezwungen. Mehrmals täglich. Nach Erfahrung der Vojta-Therapeuten schreit das Baby aufgrund von Anstrengung, nicht aus Schmerz. Ich höre daraus jedoch, dass die Übungen das Kind in eine schreckliche Not versetzen. Das Baby schreit, der Erwachsene macht einfach weiter und niemand kommt ihm zu Hilfe. Nach den heutigen Erkenntnissen der Säuglings- und Bindungsforschung müsste die Vojta-Therapie als psychologisch hoch traumatisierend angesehen werden. Viele Mütter würden anfangs am liebsten die Therapie abbrechen, doch sie stehen hilflos neben der Vojta-Therapeutin. Mit fachkundigen Argumenten wird den Müttern manchmal gesagt, dass diese Methode die beste Möglichkeit sei, dem Baby zu helfen. Doch stimmt das? Weiterlesen

45 Wie werde ich Psychoanalytiker*in? Die psychoanalytische Deutung erlernen

Ein Psychoanalytiker hört lange zu und deutet dann. Er findet im Dickicht eine Lichtung, beschreibt das Gefühl oder Bild, das in ihm entstanden ist, er hat eine Idee, errät den Zustand des Patienten oder stellt einen bisher nicht gesehenen Zusammenhang her. „Deutung“ in der Psychoanalyse heißt vereinfacht: etwas Unbewusstes bewusst werden lassen. Eine Deutung weist auf die „Bedeutung“ von etwas hin. Doch wann ist das, was der Analytiker sagt, nur eine Äußerung, und wann eine Deutung? Wenn eine Deutung (englisch: Interpretation) zutrifft, dann sind Patient und Analytiker oft berührt und erleichtert. Beide haben dann das Gefühl, etwas verstanden zu haben. Weiterlesen

Neurosenpsychologische Diagnosen: psychoanalytische Diagnosen früher und heute

Früher behandelten Psychoanalytiker eher reifere Patienten mit neurotischen Konflikten – oder sie dachten, sie täten es, da es noch nicht so viel Wissen über frühkindliche Traumatisierungen gab (man denke an „Der kleine Hans“ von Freud, der aus heutiger Sicht wohl schwer traumatisiert war, siehe z.B. Gassenhuber, PDF). Entsprechend vergaben Psychoanalytiker nicht nur Diagnosen nach ICD, sondern auch neurosenpsychologische Diagnosen. Heute stehen oft sogenannte Persönlichkeitsstörungen im Vordergrund. Hier gebe ich Beispiele von Diagnosen von Anfang der 2000er Jahre bis jetzt. Neurosensychologische Diagnosen klangen oft blumig, wie z.B. „Mittelschwere depressiv-hysterische Neurose in Verbindung mit einem psychotraumatischen Belastungssyndrom (nach Fischer und Riedesser 1999) bei sexuellem Missbrauch“ (Psychotraumatherapie: Tiefenpsychologisch-imaginative Behandlung von traumatisierten Patienten. Schattauer, 2006, amazon). Der Psychoanalytiker Roderich Hohage (DPV) erklärt: „Die vollständige Diagnose (hat) drei Teile; in der Praxis reicht es aber aus, wenn zumindest zwei der drei Teile sinnvoll miteinander verbunden werden.“Weiterlesen

Schizoide Persönlichkeitsstörung – wenn das Leben unaushaltbar wird

Die Diagnose „Schizoide Persönlichkeitsstörung“ wird meiner Erfahrung nach immer seltener gestellt – ich erkläre mir das mit der Nähe des „Störungsbildes“ zu den Autismus-Spektrum-Störungen. Als Betroffener bist Du vielleicht jemand, der sich gerne zurückzieht. Du bist vielleicht beruflich genial und sehr gewissenhaft. Viele „Schizoide“ sind intellektuelle Menschen. Vielleicht beschäftigst Du Dich außerordentlich gerne mit theoretischen Dingen und es fällt Dir schwer, zu anderen eine emotionale Nähe aufzubauen. Möglicherweise hast Du in Deiner vorsprachlichen Zeit als Baby psychisch krankmachende Traumata erlitten wie z.B. medizinische Eingriffe, lange Trennungen von der Mutter oder Krankenhausaufenthalte. Weiterlesen

43 Wie werde ich Psychotherapeutin/Psychoanalytikerin? Wie ausführlich soll ich die Sitzungen dokumentieren?

In der Psychoanalyse-Ausbildung stellst Du die Sitzungen, die Du mit Deinem Ausbildungs-Patienten hast, nach jeder vierten Stunde (Beispiel DPV) Deinem Supervisor vor. Hier kommt es besonders auf das „szenische Verstehen“ an. Es ist also nicht nur das konkrete Geschehen wichtig – es geht auch um die Dinge, die sich im Vorder-, im Hintergrund und auf Nebenschauplätzen abspielen. Die Informationen, die Du zwischen den Zeilen des Gesagten erhältst, sind ebenso wichtig wie das Gesagte und Gedachte selbst. In welcher Stimme sprach der Patient und wie war er gekleidet? Mit welcher Stimme oder Körperhaltung hast Du geantwortet? Was waren Deine Phantasien, Deine Körperreaktionen und Gefühle? Du beschreibst also nicht nur, was Dir mit dem Patienten konkret passiert, sondern Du beschreibst die Handelnden und die Bühne dazu. Außerdem bildest Du Hypothesen: Wie erkläre ich mir das, was da passiert? Das kann dazu führen, dass Du anfangs jede Stunde detailliert aufschreibt. Beim ersten Analyse-Patienten, der phasenweise vier Mal pro Woche kommt, klappt das noch wunderbar, doch beim zweiten Patienten kann es im Arbeitsalltag schon eng werden. Weiterlesen

Schichtwechsel: Warum es so schwierig ist, sozial aufzusteigen

Oft ist es nichts weiter als eine Kette von Zufällen und Fügungen: Die Grundschullehrerin ermuntert das Kind, Klavier zu lernen, sie empfiehlt das Gymnasium. Der Mathelehrer kommt rein, glaubt an das Kind und wird zum Vorbild. Das Kind lernt eine neue Welt kennen: die Welt der Bildung. Es geht ruhiger zu, es gibt mehr Worte und weniger Geschrei, es gibt die Möglichkeit zu sprechen, zu kommunizieren, die Kreativität zu entdecken. Und plötzlich hat man das Abitur geschafft und denkt über ein Studium nach. Weiterlesen

1 Wie werde ich Psychotherapeut*in/Psychoanalytiker*in? Sich für ein Institut entscheiden

Wer beschließt, Psychotherapeut*in oder Psychoanalytiker*in zu werden, hat sich wahrscheinlich schon lange viele Gedanken gemacht. Was viele nicht wissen: Voraussetzung für eine Ausbildung zum Psychoanalytiker/zur Psychoanalytikerin ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium, aber das muss nicht unbedingt Medizin oder Psychologie sein. Es gibt auch Akademiker anderer Fachrichtungen, die z.B. bei der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV), der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) oder der Gesellschaft für Psychoanalyse und Psychotherapie (GPP) eine Ausbildung zum/zur Psychoanalytiker*in machen. Das ist zwar oft sehr schwierig, aber möglich. Nach abgeschlossener Ausbildung sind sie dann sogenannte „Laien-Analytiker“ – doch die Ausbildung ist dieselbe wie bei Ärzten und Psychologen auch. Weiterlesen