1 Wie werde ich Psychotherapeut*in/Psychoanalytiker*in? Sich für ein Institut entscheiden

Wer beschließt, Psychotherapeut*in oder Psychoanalytiker*in zu werden, hat sich wahrscheinlich schon lange viele Gedanken gemacht. Was viele nicht wissen: Voraussetzung für eine Ausbildung zum Psychoanalytiker/zur Psychoanalytikerin ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium, aber das muss nicht unbedingt Medizin oder Psychologie sein. Es gibt auch Akademiker anderer Fachrichtungen, die z.B. bei der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV), der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) oder der Gesellschaft für Psychoanalyse und Psychotherapie (GPP) eine Ausbildung zum/zur Psychoanalytiker*in machen. Das ist zwar oft sehr schwierig, aber möglich. Nach abgeschlossener Ausbildung sind sie dann sogenannte „Laien-Analytiker“ – doch die Ausbildung ist dieselbe wie bei Ärzten und Psychologen auch.

Viele entscheiden sich für eine Psychotherapie- oder Psychoanalyse-Ausbildung, weil sie selbst bereits eine Psychotherapie oder Psychoanalyse als Patient*in gemacht haben. Es mag die Frage auftauchen: „Kann ich Psychotherapeut*in oder Psychoanalytiker*in werden, obwohl ich selbst so ‚gestört‘ oder traumatisiert bin?“ Doch vielleicht kannst Du gerade deshalb Psychotherapeut*in/Psychoanalytiker*in werden, weil Du weißt, wie sich psychischen Leid anfühlt und weil Du möglicherweise hilfreiche Wege für Dich gefunden hast.

Das Wichtigste in der Psychotherapie-/Psychoanalyse-Ausbildung ist aus meiner Sicht die Selbsterfahrung bzw. die Lehranalyse. „Lehranalyse“ heißt, dass man zu einem Lehranalytiker geht und dort selbst (noch einmal) eine Psychoanalyse macht. Bei der psychoanalytischen Ausbildung z.B. bei der DPV beginnst Du erst nach zwei Jahren, eigene Patienten psychoanalytisch zu behandeln. Wenn Du einen guten Selbsterfahrungsleiter oder einen guten Lehranalytiker gefunden hast, ist das aus meiner Sicht das Wichtigste. Manche suchen sich zuerst den Lehranalytiker aus und dann das Institut oder die Gesellschaft, bei dem/bei der sie sich bewerben möchten. Meistens werden Lehranalysen nur anerkannt, wenn der Lehranalytiker aus der Gesellschaft oder Vereinigung ist, der auch das Ausbildungsinstitut angehört. Wer als Patient eine Psychoanalyse beginnt, kann unter Umständen diese Psychoanalyse auch in eine Lehranalyse umwandeln, wenn der Psychoanalytiker auch als Lehranalytiker arbeitet. Im Gegensatz zur Patientenanalyse, die meistens von den Krankenkassen gezahlt wird, muss man die Lehranalyse selbst bezahlen. Viele nehmen dafür einen Kredit auf.

Bei der DPV findet die Lehranalyse viermal pro Woche statt.

Ein Institut wählen

Zu den psychoanalytischen Ausbildungsinstituten, die der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (ipa.world) angeschlossen sind, gehören zum Beispiel die Deutsche Psychoanalytische Vereinigung, DPV, und die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft, DPG. An den Instituten der DPV und DPG kannst Du in der Regel auch eine Aus-/Weiterbildung zur tiefenpsychologischen Psychotherapeutin machen. An den Instituten DPV und DPG lernst Du die Psychoanalyse nach Sigmund Freud (1856-1939) und deren Weiterentwicklungen kennen.

Die Deutsche Gesellschaft für Individualpsychologie e.V. (DGIP) orientiert sich an den Theorien von Alfred Adler (1870-1937). Auch hier ist eine psychotherapeutische/psychoanalytische Ausbildung möglich. Wer sich besonders für die Analytische Psychologie von Carl Gustav Jung (1875-1961) interessiert, kann sich an einem Institut der Deutschen Gesellschaft für Analytische Psychologie (DGAP) ausbilden lassen. Daneben gibt es verschiedene freie psychoanalytische Institute.

Die Deutschen Gesellschaften haben in vielen Großstädten Deutschlands ihre Ausbildungsinstitute (Adressen: DPG-Institute, DPV-Institute, DGAP-Institute, DGIP-Institute). Aus den Websites der Ausbildungsinstitute geht hervor, ob sie ein gesellschaftszugehöriges oder ein sogenanntes „freies“ Institut sind.

„Frei“ heißen Institute dann, wenn sie nicht zu einer der deutschen Gesellschaften (DPV, DPG, DGAP, DGIP) gehören.

Alle staatlich anerkannten psychoanalytischen Ausbildungsinstitute gehören dem Dachverband DGPT (Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie e.V.) an. Hier können Psychologen und Ärzte die psychotherapeutische/psychoanalytische Weiterbildung nach den Regularien der Ärztekammern bzw. Psychotherapeutenkammern machen. Wer sich sicher ist, dass er später nicht im System der gesetzlichen Krankenkassen arbeiten möchte, kann auch fernab davon eine Ausbildung allein nach den privatrechtlichen Regularien z.B. der DPG oder DPV machen.

Ob man sich für die DPG, DPV, DGIP, DGAP oder ein freies Institut entscheidet, hängt wahrscheinlich hauptsächlich vom Sympathie-Faktor und den eigenen Vor-Erfahrungen ab.

Viele runden ihre psychologisch-psychotherapeutische Ausbildung bzw. ärztliche Weiterbildung mit einer DPV- oder DPG-Ausbildung zum Psychoanalytiker/zur Psychoanalytikerin ab. Die Ausbildung nach DPV-Standards ist aufwendig, weil z.B. die Lehranalyse 4-mal pro Woche stattfindet (ansonsten normalerweise 3-mal pro Woche). Auch die Patientenbehandlungen im Rahmen der DPV-Ausbildung finden 4-mal pro Woche statt, während bei der Ausbildung nach staatlichen PTG- oder WBO-Standards (PTG = Psychotherapeutengesetz, WBO = Weiterbildungsordnung) Frequenzen von 2- bis 3-mal pro Woche ausreichen.

Mit „hochfrequent“ werden in der DPV Analysen bezeichnet, die vier oder fünf Mal pro Woche stattfinden. Im sonstigen Sprachgebrauch gilt auch die dreistündige Analyse bereits als „hochfrequent“.

Übrigens: Bei der IPU-Berlin, der privaten Hochschule für Psychoanalyse, kann man sich nicht zum Psychoanalytiker ausbilden lassen. Hier kann man zwar den Titel „Bachelor“ (BA) oder „Master of Arts (MA) Psychologie“ erwerben, doch mit dem Abschluss ist man kein Psychoanalytiker. Die Psychoanalyse-Ausbildung/-Weiterbildung schließt sich an das Studium an und kann nur an einem Institut absolviert werden.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 13.4.2013
aktualisiert am 26.12.2023

One thought on “1 Wie werde ich Psychotherapeut*in/Psychoanalytiker*in? Sich für ein Institut entscheiden

  1. Bäum sagt:

    Ich kenne Bekannte, die eine Psychologie Ausbildung in der Schweiz gemacht haben. Das schien denen ganz gut zu gefallen. Ich selber bin jetzt auch am überlegen für eine Nebenberufliche Psychologie Ausbildung in die Schweiz zu gehen. Wie sieht das aus mit der Anerkennung einer Psychologie Ausbildung im Ausland?

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