
Bei der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) heißt es: „Zulassungsvoraussetzung (zur Ausbildung) ist in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Medizin oder Psychologie. … Über die Möglichkeiten der Zulassung von Absolventen aus anderen Hochschulbereichen gibt eine individuelle Beratung Auskunft„. Das heißt also: Auch Akademiker*innen anderer Fachrichtungen als die der Medizin und Psychologie können Psychoanalytiker*innen werden. Sie heißen dann – veraltet – „Laienanalytiker*innen“.
„Solange ich lebe, werde ich mich dagegen sträuben, dass die Psychoanalyse von der Medizin verschluckt wird.“ (Sigmund Freud)
Sigmund Freud selbst sagte zur Laienanalyse:
„Daran konnte die Frage anknüpfen, … welche die für den Analytiker geeignetste Ausbildung sei. Ich meinte und vertrete es auch jetzt, es sei nicht die, welche die Universität dem künftigen Arzt vorschreibt. Die sogenannte ärztliche Ausbildung erscheint mir als ein beschwerlicher Umweg zum analytischen Beruf, sie gibt dem Analytiker zwar vieles, was ihm unentbehrlich ist, lädt ihm aber außerdem zuviel auf, was er nie verwerten kann.“
„Mit der Formel »Weltliche Seelsorge« könnte man überhaupt die Funktion beschreiben, die der Analytiker, sei er nun Arzt oder Laie, dem Publikum gegenüber zu erfüllen hat.“
Sigmund Freud (1927), Aus: Nachwort zur Frage der Laienanalyse. Projekt Gutenberg, Kapitel 8: http://gutenberg.spiegel.de/buch/928/8
Sigmund Freud nannte nur Ärzte „Psychoanalytiker“. Psychologen und Akademiker anderer Fachrichtungen zählte er damals zu den „Laienanalytikern“. In Deutschland wird die Psychoanalyse manchmal nur noch im Kassensystem gedacht, daher werden heute manchmal auch diejenigen „Laienanalytiker“ genannt, die keinen staatlichen Psychoanalyse-Abschluss haben und daher nicht im Kassensystem arbeiten, also z.B. fälschlicherweise auch Ärzte, die keinen Facharzttitel haben.
„Laienanalytiker*in“ zu werden, bedeutet, z.B. bei der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) oder Gesellschaft (DPG) dieselbe intensive Ausbildung zu durchlaufen wie Ärzte und Psychologen auch. Es gibt in der Ausbildung keine Unterschiede.
Da Laienanalytiker*innen jedoch nicht dem Kassensystem angeschlossen sind, und auch private Kassen die Kosten nicht übernehmen, sind sie auf Selbstzahler*innen angewiesen oder auf finanzielle Unterstützung, um Patienten zu einem geringen Preis zu behandeln. Auch die kostenlose Behandlung eines Patienten ist ein Weg, zu dem man sich jedoch von einem Juristen beraten lassen sollte.
Beharrlich bleiben
Ich höre immer wieder, dass Akademiker, die sich für die Psychoanalyse-Ausbildung interessieren, manchmal schon am Telefon eine Absage erhalten. Die sogenannte „Laienanalyse“ ist so aus der Vorstellung auch vieler Analytiker geraten, dass sich selbst die Ansprechpartner für die Ausbildung in dieser Frage nicht immer sicher sind. Hier gilt es, beharrlich zu bleiben und bei Absagen verschiedene Ansprechpartner erneut zu fragen.
Ich suche noch Mitstreiter*innen, um ein Patenschaftssystem oder eine Stiftung aufzubauen, die die Psychoanalyse-Kosten bei Laienanalytikern übernimmt: voos@medizin-im-text.de
Lesetipps:
Arnold WM Rachman, Harold Kooden (Editors):
Different Paths Towards Becoming a Psychoanalyst
Personal Passions, Subjective Experiences and Unusual Journeys
Routledge 2021
Harald Leupold-Löwenthal:
Ein unmöglicher Beruf: Über die schöne Kunst, ein Analytiker zu sein.
Böhlau Verlag 1997: S. 70:
„Solange ich lebe, werde ich mich dagegen sträuben, dass die Psychoanalyse von der Medizin verschluckt wird.“ (Sigmund Freud)
(Buch bei amazon)
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Dieser Beitrag erschien erstmals am 18.6.2013
Aktualisiert am 10.1.2021
ida di Pietro Leupold-Löwenthal meint
Auch das Buch “ Der Laie“ von Harald Leupold-Löwenthal ist zum empfehlen.