Psychopharmaka: Namen spielen bei der Wirkung eine Rolle

„Der Psychiater gab der Angstpatientin Lyrica“, erzählt eine Freundin. „Lyrica®“ (Wirkstoff Pregabalin, Firma Pfizer) – der Name erinnert daran, dass die Patientin viel zu erzählen hätte. Aber zum Lyrischen, zur Dichtung, zum Erzählen kommt es nicht – die Zeit ist knapp und die Patientin bekommt ja Lyrica®. Plazebo-Studien zeigen: Ob wir ein Medikament vertragen oder als wirksam empfinden, hängt auch ab von Farbe und Form des Medikaments (z.B. Buckalew LW et al., 1982). Aber auch der Klang des Namens, das Design der Verpackung und die Persönlichkeit des Arztes (z.B. di Blasi, Zelda et al., Lancet, 2001) spielen in die Wirksamkeit mit hinein.

Phantasien werden geweckt

  • Das Medikament „Tavor®“ (Wirkstoff Lorazepam, Firma Pfizer) wird bei starker Angst eingesetzt. Der lateinische Begriff für „Angst, Furcht“ ist „Pavor“. Somit ist der Name sehr eingängig und hat seinen Sinn.
  • Bei „Trevilor®“ (Wirkstoff Venlafaxin, Firma Pfizer) kommt einem vielleicht das „Zittern“ in den Sinn, denn „Tremor“ ist der medizinische Begriff für „Zittern“. Der Wirkstoff „Venlafaxin“ erinnert ans „Faxen machen“ – vielleicht assoziiert man es mit „Unruhe“ und „Muntersein“
  • Das Neuroleptikum Quetiapin (Seroquel®) erinnert an das englische Wort – „quiet“, „ruhig“ und „sero“ ist das lateinische Wort für „spät“. „Wer spät noch wach ist, finde mit Seroquel Ruhe“, so könnte man assoziieren.
  • Opipramol kann ja nur gemütlich und harmlos sein, weil man an den „Opi“ denkt.
  • Wer sich das Rauchen abgewöhnt hat, der könnte das mit einem Champagner feiern. CHAMPIX® (Wirkstoff Vareniclin, Firma Pfizer) wird zur Raucherentwöhnung eingesetzt. Klingt ein bisschen, als ob es etwas zu gewinnen gäbe: Der Champion gewinnt den „Grand Prix“, den „Großen Preis“. Schon allein der Klang reicht, um positive Assoziationen hervorzurufen und es mit dem Medikament probieren zu wollen.
  • Amitriptylin ist ein aufmunterndes, antriebssteigerndes Antidepressivum. Eine Eselsbrücke: Ich mache einen „Trip“ ins „Ami-Land“.

Eine US-Studie (Steinman MA et al., 2007) zeigt: Ärzte (in den USA) benutzen häufiger den Markennamen als den Wirkstoffnamen. Wie es wohl in Deutschland ist?

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Literatur:

Steinman, Michael A. et al. (2007):
What’s in a Name? Use of Brand versus Generic Drug Names in United States Outpatient Practice.
Journal of General Internal Medicine
May 2007, Volume 22, Issue 5, pp 645–648
link.springer.com/article/10.1007/s11606-006-0074-3

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 14.9.2014
Aktualisiert am 25.7.2021

One thought on “Psychopharmaka: Namen spielen bei der Wirkung eine Rolle

  1. Christina Hehli sagt:

    Duloxetin – „Dulor“/ „Douleur“ im Französischen. Hilft bekanntlich bei Schmerzen. Toller Artikel :) so hab ich es noch nie gesehen, danke!

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