
In der Psychoanalyse gehen Patient und Psychoanalytiker ein „Arbeitsbündnis“ ein. Beide halten sich an den vereinbarten Rahmen (z.B. feste Zeiten) und ihre Aufgaben (z,B. Abstinenz auf Seiten des Psychoanalytikers und freies Assoziieren auf Seiten des Patienten). Der Patient holt sich den Psychoanalytiker zu Hilfe, damit er einen Partner hat, wenn er die inneren Mächte erforschen und verstehen will. Der Patient möchte erkennen, was in ihm vor sich geht, damit sozusagen „das Gute über das Böse“ siegen kann.
Unsere inneren Kräfte sind manchmal so groß, dass wir alleine damit nicht mehr zurecht kommen. Zerstörerischer Neid, Wut, Hass, Gewalterfahrungen und -neigungen können uns das Leben zur Hölle machen.
Der Patient kämpft gegen seine Widerstände und der Analytiker versucht, ihm geduldig beizustehen. Der Analytiker muss dabei sozusagen auch ein Arbeitsbündnis mit sich selbst eingehen und sich selbst motivieren, Ängste zu halten, Wut zu zügeln, Geduld zu üben, sich Hilfe zu holen (z.B. in Form von Supervisionen) und gesund zu bleiben. Und auch der Patient geht ein Arbeitsbündnis mit sich selbst ein, indem er sich immer wieder aufrafft, auf dem schwierigen Weg weiterzugehen.
„Das Ich ist durch den inneren Konflikt geschwächt, wir müssen ihm zur Hilfe kommen. Es ist wie in einem Bürgerkrieg, der durch den Beistand eines Bundesgenossen von aussen entschieden werden soll. Der analytische Arzt und das geschwächte Ich des Kranken sollen, an die reale Aussenwelt angelehnt, eine Partei bilden gegen die Feinde, die Triebansprüche des Es und die Gewissensansprüche des Überichs. Wir schliessen einen Vertrag miteinander. Das kranke Ich verspricht uns vollste Aufrichtigkeit … wir sichern ihm strengste Diskretion zu und stellen unsere Erfahrung in der Deutung des vom Unbewussten beeinflussten Materials in seinen Dienst. Unser Wissen soll sein Unwissen gutmachen, soll seinem Ich die Herrschaft über verlorene Bezirke des Seelenlebens wiedergeben. In diesem Vertrag besteht die analytische Situation.“ (Sigmund Freud: Abriss der Psychoanalyse, Gewammelte Werke, Band 17, Kap. 6, S. 98)
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 12.9.2020
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