
„Ich bin verletzt“ sagen wir und meinen, dass etwas in unserer Psyche verletzt ist. Doch wie kann die Psyche verletzt sein, wenn sie nur ein „schwebendes Nichts“ ist? Da muss also etwas sein, etwas wie Körperliches, das verletzt werden kann. Manche sagen, es gebe nichts Gutes oder Schlechtes – nur unsere Gedanken würden etwas gut oder schlecht machen. Das sehe ich anders. Ganz tief in uns wissen wir, was gut und schlecht ist. Wir können es fühlen. Ganz ohne Gedanken.
Wenn wir einen Affekt haben, also ein schnelles Gefühl mit körperlichen Begleiterscheinungen, dann haben wir oft noch gar nicht gedacht. Unsere Psyche und unser Körper reagieren gemeinsam in einem engen Zusammenspiel.
Der „psychische Apparat“ – diesen Ausdruck nutzte Sigmund Freud
Wenn ich auf jemanden mit innerem Druck zugehe und sage: „Ich werde dich jetzt täglich kontrollieren“, dann ist da ein Machtgefühl sozusagen „in meiner Psyche“ repräsentiert. Damit quetsche ich bildlich gesprochen die Psyche des anderen zusammen. Der andere spürt Einengung und das ist höchst unangenehm.
Es ist, als würde sein psychisches Gebilde von meinem psychischen Gebilde eingeengt werden. Es fühlt sich so an, noch bevor wir denken oder Worte dafür finden.
Und erst daraufhin springen vielleicht Gedanken ein wie „Das ist gemein! Ich werde mich wehren! Mit mir nicht!“ und so weiter. Aber das ursprüngliche Einengungsgefühl ist etwas Psychisches, wofür wir dann versuchen, Worte zu finden. Die Gedanken und Worte, die dann entstehen, gehen aus dem psychischen und körperlichen Zustand hervor wie die Blüten aus den Ästen eines Baumes. Sie sind unmittelbar mit der Wurzel verbunden.
„Könnten wir jetzt das Fenster aufmachen, damit die Schwere aus diesem Raum entweicht?“, sagte eine Patientin nach einem schwierigen Gespräch. Wir spürten beide die Schwere. Vielleicht hätte jeder, der den Raum betreten hätte, diese Schwere gespürt. Sie war fernab von Gedanken. Sie war einfach da.
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Melande meint
Natürlich gibt es in uns (in unserer Psyche, unserem Gefühlserleben, in unserem Unbewußtem, in körperlichen Ausdrucksweisen, in den (bewußen) Gedanken) etwas, dass (Zitat) „schlecht ist und uns schlecht behandelt“, Wenn mir z. B. jemand Druck macht, mir Dinge hart untersagt oder mich „zusammenstaucht“, vielleicht sogar ohne triftigen Grund, dann fühle ich mich in der Folge eingeengt. Das kann ich z.B. auch körperlich fühlen (eingezogener Kopf, verkrampfte Nackenmuskulatur) oder in einem Traum „wiedererleben“. Diese schlechte Erfahrung (durch einen anderen Menschen) bleibt in mir gespeichert. Also gibt es in mir Schlechtes.
Frau Voos hat NICHT geschrieben, …“nur unsere Gedanken würden etwas gut oder schlecht machen“.
Auf der (rationalen/oberflächlichen) BEWERTUNGsebene beurteilen manche etwas als schlecht, andere das Gleiche aber als gut, je nach der Erfahrung oder der Perspektive, aus der sie blicken.
Ich habe versucht, auf „modean“ zu antworten, aus MEINER Perspektive heraus
Schöne Ostergrüße
Melande
modean meint
Hallo Frau Voos,
Sie schreiben „…nur unsere Gedanken würden etwas gut oder schlecht machen…“.
Wenn mein „psychisches Gebilde“ von jemandem eingeengt wird, habe ich in der Folge manchmal Albtraeume. Wenn man annimt, dass ein Traum eher etwas ist, was der Psychose gleich kommt, dann kann es sich ja nicht um etwas gutes oder schlechtes handeln, da der Traum ja nicht etwas ist, was sehr unmittelbar und bewusst stattfinden wuerde.
Also muss es unabhaengig von den bewusst gedachten Gedanken etwas geben, das schlecht ist und uns somit schlecht behandlet und in der Folge dann zu einer psychischen Reaktion wie einem Albtraum fuehrt.
Ergo muss es sich ja bei einem Albtraum um eine sinnvolle Reaktion des Koerpers bzw. der Psyche (vermutlich gehoert ja beides zusammen) handeln, die unter anderem deshalb stattfindet, da sie bewusst nicht stattgefunden hat bzw. nicht stattfinden konnte.