
Plötzlich ist man heiser und die Stimme ist weg (Dysphonie = Heiserkeit, Aphonie = Stimmlosigkeit). Immer wieder tritt das auf, doch der Hals-Nasen-Ohren-Arzt kann nichts feststellen. Er sieht höchstens in der Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie), dass sich die Stimmlippen während der Lautbildung (Stimmbildung, Phonation) nicht ganz so annähern, wie sie es bei beschwerdefreien Menschen tun würden.
„Das ist psychisch bedingt“, sagt er dann. Besonders Frauen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr sind von psychisch bedingten Stimmstörungen betroffen (Ärzteblatt, 8. Mai 2015). Die Betroffenen sind „verstimmt“ und nicht in „guter Stimmung“.
Psychische Belastungen gehen der Heiserkeit voraus
Häufig gehen der Heiserkeit und Stimmlosigkeit psychische Belastungen voraus. Dazu können belastende Ereignisse gehören, die zu einem hohen inneren Druck führen. Daher hilft bei seelisch bedingten Stimmstörungen die Psychotherapie oft sehr gut. Gute Erfolge zeigt auch die Kombination aus Psycho- und Stimmtherapie (Reiter et al., 2013). Die Stimmtherapie allein ist einer Studie zufolge jedoch relativ wenig wirksam (Reiter et al. 2013).
Hinter dem Stimmverlust stecken oft Ängste. Die Stimme zu erheben, seine Stimme abzugeben, seine Meinung zu sagen kann mit schwerwiegenden Folgen verbunden sein – so der Angstgedanke.
Konflikte lassen die Stimme erstarren
Spielt die hysterische Konversion bei der seelisch bedingten Stimmstörung eine Rolle? Bei der „hysterischen Konversion“ werden seelische Nöte körperlich ausgedrückt. Der Autor Peter Butcher hat festgestellt, dass besonders Frauen in extremen Stresssituationen mit Heiserkeit und Stimmlosigkeit reagieren. Häufig stehen die Symptome „in Verbindung mit Konflikten in persönlichen Beziehungen, niedriger Selbstachtung, schweren Verantwortungslasten und Gefühlen der Machtlosigkeit“ (Butcher, 1995).
„Disorders in the voice production mostly result from incorrect breathing.“ „Störungen der Stimmproduktion rühren meistens von einer inkorrekten Atmung her.“
Banerjie, Maumita (2013), PDF
Allgemein hohe Muskelspannung
Sehr oft leiden die Betroffenen unter einer allgemein hohen Muskelspannung. Es fällt ihnen zudem schwer, Gefühle und Gedanken auszudrücken. Peter Butcher sagt, die Psychoanalyse könne helfen, wenn es um Traumata in der Vergangenheit und unterdrückte Gefühle geht. Die Verhaltenstherapie wirke durch Stressmanagement und Selbstbehauptungstraining.
Verwandte Artikel in diesem Blog:
- Globusgefühl (Kloßgefühl im Hals)
- Konversionsstörung und Arc de Cercle
- Kehlkopf-Asthma
- Polyvagal-Theorie
Literatur:
Seifert, Eberhard und Kollbrunner, Juerg (Universität Bern, Inselspital Bern, Schweiz, 2005):
Stress and distress in non-organic voice disorders
Swiss Med Wkly 2005; 135: 389-397, www.smw.ch
www.smw.ch/docs/pdf200x/2005/27/smw-10346.PDF
Reiter R et al. (2013):
Long term outcome of psychogenic voice disorders
DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.anl.2013.01.002
Auris Nasus Larynx 2013; 40: 470-475
Butcher, Peter (1995):
Psychological processes in psychogenic voice disorder
International Journal of Language & Communication Disorders
DOI: 10.3109/13682829509087245
Volume 30, Issue 4, pages 467–474, October 1995
Niebudek-Bogusz E. et al. (2008):
The Effectiveness of Voice Therapy for Teachers with Dysphonia
Folia Phoniatr Logop 2008;60:134–141
(DOI:10.1159/000120290)
www.karger.com/Article/Abstract/120290
Banerjie, Maumita (2013):
Methods to improve the quality of voice through voice culture in hindustani classical music
SNDT Womens University
shodhganga.inflibnet.ac.in:8080/jspui/handle/10603/7570
Grover, Mary; Catlin-Jairazbhoy, Amy (1996):
Voice Therapy – A Case Study Combining Eastern and Western Techniques
Journal of the Indian Musicological Society27 (Jan 1, 1996): 17
search.proquest.com/openview/c2e571f127ae0004ee7013d1ef64f4ae/1
Dieser Beitrag erschien erstmals am 2.8.2015
Aktualisiert am 3.10.2019
Schreibe einen Kommentar