
Der Psychoanalytiker hört zu, indem er gleichschwebend (= frei schwebend) aufmerksam ist. Das Unbewusste des Analytikers ist dabei auf Empfang gestellt für das Unbewusste des Patienten. Der Patient wiederum assoziiert frei, das heißt, er spricht aus, was immer ihm in den Sinn kommt. „Gleichschwebende Aufmerksamkeit“ ist ein Begriff, der von Sigmund Freud geprägt wurde. Sie ist verbunden mit der Reverie und der Trance. Daher kann es für Psychoanalytiker hilfreich sein, täglich zu meditieren – wobei die psychoanalytische Arbeit an sich bereits eine Form der Meditation ist, wie ich finde. Weiterlesen
Früher behandelten Psychoanalytiker eher reifere Patienten mit neurotischen Konflikten – oder sie dachten, sie täten es, da es noch nicht so viel Wissen über frühkindliche Traumatisierungen gab (man denke an „Der kleine Hans“ von Freud, der aus heutiger Sicht wohl schwer traumatisiert war, siehe z.B. Gassenhuber, PDF). Entsprechend vergaben Psychoanalytiker nicht nur Diagnosen nach ICD, sondern auch neurosenpsychologische Diagnosen. Heute stehen oft sogenannte Persönlichkeitsstörungen im Vordergrund. Hier gebe ich Beispiele von Diagnosen von Anfang der 2000er Jahre bis jetzt. Neurosensychologische Diagnosen klangen oft blumig, wie z.B. „Mittelschwere depressiv-hysterische Neurose in Verbindung mit einem psychotraumatischen Belastungssyndrom (nach Fischer und Riedesser 1999) bei sexuellem Missbrauch“ (Psychotraumatherapie: Tiefenpsychologisch-imaginative Behandlung von traumatisierten Patienten. Schattauer, 2006, amazon). Der Psychoanalytiker Roderich Hohage (DPV) erklärt: „Die vollständige Diagnose (hat) drei Teile; in der Praxis reicht es aber aus, wenn zumindest zwei der drei Teile sinnvoll miteinander verbunden werden.“Weiterlesen

James McCullough ist ein sympathischer Psychiater, der auf Youtube (Major Techniques of CBASP) erklärt, wie das von ihm entwickelte kognitiv-behaviorale Analyse-System in der Psychotherapie (CBASP) funktioniert. Er zeigt ein Video seiner beiden Enkelinnen im Alter von 3-4 Jahren. Die Kinder sind noch in der „präoperativen Phase“ (2-7 Jahre) nach Piaget (siehe Sensolern.de). Das bedeutet, dass sie eine gewisse Art zu denken haben – sie wissen z.B. noch nicht, warum die Kugeln in der Kugelbahn rollen, weil sie das Prinzip der Schwerkraft noch nicht erkennen. Zeigt man kleinen Kindern z.B. fünf Münzen in einer Reihe von 10 cm und dann fünf Münzen auf 15 cm verteilt, glauben sie, dass in der längeren Reihe mehr Münzen liegen. Es ist der alte Trick mit der Frage: Was ist schwerer: 10 kg Watte oder 10 kg Reis? James McCullough geht davon aus, dass chronisch Depressive nach schweren Traumata auf dieser Stufe des präoperativen Denkens stehengeblieben sind. Die CBASP ermöglicht ihnen eine Weiterentwicklung.Weiterlesen