Tipps gegen zu viel Scham

Wenn wir rot werden, sehen die anderen sofort, dass wir uns schämen. Und ein bisschen schämen sie sich gleich mit, denn Scham ist ansteckend. Wir wollen nicht der Auslöser für Scham sein und wir wollen uns selbst nicht schämen müssen. Doch Erste Hilfe bei Scham gibt es kaum. Genauso wenig wie man sagen kann: „Jetzt freu dich doch mal“, kann man sagen: „Jetzt schäm‘ Dich mal nicht.“

Schamgefühle kommen so plötzlich und oft so heftig, dass man sie oft einfach aushalten muss. Auf Dauer aber hilft es, die Scham genau verstehen zu lernen. Trotz aller Schwierigkeiten hier ein paar Tipps, wie Du Scham vielleicht etwas reduzieren kannst:

  1. Nimm Dich ernst. Dir fällt immer etwas ein, was du sagen könntest, aber du findest es vielleicht peinlich, das zu sagen, was dir einfällt. Daher: Lerne dich selbst gut kennen. Je besser du dich kennst, desto besser weißt du, wie, wann und warum du so denkst wie du denkst.
  2. Wenn du dich schüchtern fühlst, versuche, dieses Gefühl zu erkunden und bei dir zu bleiben. Wenn Du versuchst, die Schüchternheit zu überspielen, wirkst du künstlich, denn die anderen bemerken deine Schüchternheit wahrscheinlich sowieso. Stelle dir vor, du legst deine Schüchternheit in ein Körbchen – du vermeidest nicht die Situation, sondern du trägst dein Körbchen Schüchternheit mit dir mit.
  3. Pflege Dich gut. Mache Bewegungsmeditation oder beginne langsam mit einer Sportart. Lerne Deinen Körper kennen.
  4. Unternehme viel mit anderen und lerne Regeln kennen – vielleicht auch durch Bücher. Kleide dich eher dezent und nicht mit allzu starken Farben. Je sicherer du dich in deinem Umfeld bewegen kannst, desto weniger kannst du etwas „falsch“ machen.
  5. Achte auf Deine innere Verfassung. Was wünschst du dir jetzt? Bist du neugierig? Gut, denn Neugier ist ein Zeichen von Vitalität. Nimm sie wahr und „wisse“, dass deine Neugier da ist. Wichtig ist es, die eigene Neugier zu bemerken, denn dann kannst du sie leichter steuern. Wie neugierig darf man sein? Du darfst komplett neugierig sein – nur, wie sehr wir die Neugier zeigen und ausleben, das müssen wir vielleicht alle ein Leben lang immer wieder geduldig austarieren.
  6. Achte auf Deine „inneren Objekte“ (Vorstellungen über wichtige Menschen in uns). Manchmal schämt man sich, weil man innerlich immer noch die Stimme von Vater oder Mutter im Ohr hat, die einen als Kind beschämten. Was die Eltern früher zu einem sagten, sagt man jetzt zu sich selbst. Alleine das wahrzunehmen, kann etwas verändern. Und wenn sich nichts verändert, kannst du darüber traurig sein – auch das kann ein wichtiger Schritt zur seelischen Verdauung sein.
  7. Achte auf Deine inneren Verbote. Was verbietest Du Dir? Frage Dich, ob das innere Verbot wirklich angemessen ist. Dazu muss man es natürlich erst bemerken. Innere Verbote sind oft unbewusst.
  8. Wie fühlt sich die Scham an? Untersuche genau, wie sich das Gefühl anfühlt und wo Du es spürst. Die Scham löst oft ein Fluchtgefühl aus. Wichtig ist es, das wahrzunehmen und der Scham ein inneres Zuhause zu geben. Denn Scham kann uns auch vor zu viel Nähe schützen, uns warnen und uns helfen, uns kennenzulernen. Scham kann uns daran erinnern, was wir wirklich können, wer wir wirklich sind, was wir fantasieren und wo unsere Grenzen liegen.
  9. Hinter der Scham liegt oft eine Angst. Hier kann man sich auch fragen: Wovor habe ich Angst? Wie sicher kann ich mich fühlen oder wie bedroht fühle ich mich?
  10. Versuche, nicht größer zu erscheinen als Du bist. In Selbstbehauptungskursen lernt man manchmal, man solle aufrecht gehen und sich groß machen oder klar sprechen. Das kann manchmal hilfreich sein. Das Problem ist aber: wenn es einem nicht entspricht, wirkt das gekünstelt und man kann leichter beschämt werden, wenn ein anderer das wahre Gefühl erkennt. Wachse lieber von innen heraus. Überfordere Dich nicht. Wenn Du Dich geknickt fühlst, dann quäle Dich nicht in stolze Positionen hinein, die Dir in diesem Moment nicht entsprechen.
  11. Denke daran, dass niemand willentlich Deine Gedanken lesen kann. Manchmal wird man rot, weil einem etwas Peinliches eingefallen ist. Der andere sieht dein Rotwerden – er weiß aber nicht, was du denkst.
  12. Sei geduldig mit Dir selbst.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 2.5.2015
Aktualisiert am 28.6.2024

2 thoughts on “Tipps gegen zu viel Scham

  1. Dunja Voos sagt:

    Danke, liebe Maiken, für diese Rückmeldung

  2. Maiken Liefeith sagt:

    Danke für diese anregungen. Ich empfinde sie als sehr hilfreich.

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