Psychoanalyse ist manchmal lebensnotwendig

„Wenn ich nicht mehr hierher kommen kann, bringe ich mich um“, sagt ein Patient auf der Couch. Ich kann das verstehen. „Wenn mir das Geld ausgeht, um die Analyse hier zu zahlen, muss ich sterben“, sagte ich einst. Psychoanalyse wird oft belächelt, doch wer sie braucht, für den ist die Sache todernst. Das innere Leiden kann sein wie ein innerer Terror, wie ein Feuer. Es braucht die intensive Zuwendung eines anderen Menschen, um aus dieser Hölle herauszukommen. Fehlende gute Bindung kann genauso tödlich sein wie fehlende Nahrung.

„Geld ist nicht wichtig“, sagt der Eine. „Es ist nur Geld“, sagt der Andere.

Aber für manche Patienten, die in der Psychoanalyse sind, ist Geld überlebensnotwendig. Psychoanalyse ist aus meiner Sicht die „Intensivmedizin der Psychotherapie“. Kaum irgendwo sonst haben Menschen die Chance, sich so eng an einen Menschen zu binden, der die Aufgabe einer ausreichend guten Mutter und gleichzeitig eines ausreichend guten Vaters übernimmt und für einen selbst Seelisches verdaut. Diese seelische Verdauung durch den Psychoanalytiker kann lebensnotwendig sein. Manche würden sich ohne den psychoanalytischen Prozess mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich das Leben nehmen oder einfach sterben. Diese Dringlichkeit erlebt nur der, der zutiefst leidet und der Psychoanalytiker, der diesen Menschen miterlebt. 

Für die Therapie einer schweren Krebserkrankung finden sich zahlreiche Spendenaufrufe im Internet. Für eine lebensnotwendige Psychoanalyse sind die Aufrufe jedoch äußerst rar gesät.

Unvorstellbares Grauen wird transformiert

„Todeslandschaften der Seele“ – so lautet der Titel eines Buches des Psychoanalytikers Gaetano Benedetti. Und genau das ist es, was viele Patienten und Psychoanalytiker erleben: Todesschrecken, namenlose Ängste, unvorstellbare Leere und Verlorensein. In der Psychoanalyse wird das unvorstellbare Grauen des Patienten über lange Zeit und harte Arbeit in teilweise „erträgliches Leid“ umgewandelt. Man lernt, das Unerträgliche in sich innerlich irgendwie so zu halten, dass man nicht zerbricht. Der Betroffene erhält durch die unermüdliche psychoanalytische Arbeit die Möglichkeit, beziehungsfähig zu werden und endlich das zu finden, was das Leben lebenswert macht: eine tiefe Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen.

Mitstreiter*innen gesucht

Ich bin daher immer auf der Suche nach Menschen, die diese Zusammenhänge selbst begriffen haben und die Lust hätten, darüber nachzudenken, ob man nicht in irgendeiner Form einen „Geldtopf“ (Stiftung, Patenschaftssystem) gründen könnte für Menschen, die die Psychoanalyse dringend benötigen. Kontakt: Dunja Voos, voos@medizin-im-text.de

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 13.12.2018
Aktualisiert am 20.5.2024

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