Die Traumdeutung von Sigmund Freud (Buchtipp)

„Die Traumdeutung“ von Sigmund Freud ist immer noch der Klassiker – unverzichtbar für alle, die sich mit dem Träumen und Schlafen, der Psychoanalyse und dem Unbewussten beschäftigen. Eine Traumdeutung ist oft schwierig und hochkomplex. Der Träumer selbst kann seinen Traum am besten deuten. „Es wird niemand erwarten dürfen, dass ihm die Deutung seiner Träume mühelos in den Schoß falle“ (Sigmund Freud, Die Traumdeutung, 1900: Zur Psychologie der Traumvorgänge, Projekt Gutenberg). Ähnlich, wie wir im Wachzustand unerwünschte Gedanken und Gefühle vermeiden oder verdrängen, so kann es für den Träumer auch schwierig sein, im Wachzustand frei über seinen Traum zu sprechen und ihn zu deuten.

„Man kann sich’s nicht verbergen, dass schwere Selbstüberwindung dazu gehört, seine Träume zu deuten und mitzuteilen. Man muss sich als den einzigen Bösewicht enthüllen unter all den Edlen, mit denen man das Leben teilt.“ (Freud, Die Traumdeutung)

Träume haben ihren Sinn

Träume haben immer ihren Sinn. „Es gibt da nichts Willkürliches“, sagt Freud (S. 506). Die Dinge, von denen man träumt, sind miteinander sinnhaft verbunden und wenn man sich das freie Assoziieren erlaubt, ist man manchmal erstaunt, wohin einen die Deutung führt und wie sinnvoll sie ist. Der Traum ist oft auch eine Wunscherfüllung. Auch unsere Sinne spielen im Traum eine große Rolle. Sexuelle Empfindungen kommen immer wieder vor. Auch Träume von Bewegung, vom Fliegen und Fallen gehören zum nächtlichen Alltag. Wir sehen und hören im Traum oder wir haben Haut- und Organempfindungen.

Bevor sich eine Krankheit im Wachzustand bemerkbar macht, kann man manchmal schon im Traum Hinweise darauf finden. Auch das kennt sicher jeder: Man träumt auf einmal von fließendem Wasser oder einem Bach, kurz bevor man mit voller Blase aufwacht und zur Toilette muss.

Worte, Zahlen und Symbole

Im Schlaf finden sich immer wieder Wort-Assoziationen. Freud schreibt von einer Patientin, die von „violets“ (englisch = Veilchen) geträumt hat, die sie auf den Tisch stellte. Die Patientin stand kurz vor ihrer Hochzeit. Der Traum zeigte, wie nah dieses Wort mit den Begriffen „to violate“ = verletzen und „violation“ = Verletzung im Sinne von Vergewaltigung zusammenhing (S. 376). Auch Zahlen sind im Traum nicht zufällig gewählt, sondern ergeben bei näherem Hinsehen ihren Sinn. Um träumen zu können, braucht man allerdings die Fähigkeit zu Symbolisieren. Autistische Kinder zum Beispiel haben diese Fähigkeit kaum. Daher können autistische Kinder je nach Ausprägung der Erkrankung auch nicht träumen (siehe Autistische Zustände psychoanalytisch erklärt).

Träume bei psychischen Störungen

Träume hängen auch von unserem Gesundheitszustand ab. Fiebrige Träume sind oft intensiver und anders gefärbt als Träume im gesunden Zustand. Wer eine Psychoanalyse macht, kann feststellen, wie sich die Träume im Laufe der Zeit verändern. Freud schreibt: „Die unbefangenen Träume Gesunder enthalten oft eine viel einfachere, durchsichtigere und mehr charakteristische Symbolik als die neurotischer Personen, in denen sie infolge der stärker wirkenden Zensur und der hieraus resultierenden weitergehenden Traumentstellung häufig gequält, dunkel und schwer zu deuten ist“ (S. 374). Wer weiß, dass Träume ihren Sinn haben und dass sie sich verstehen lassen, kann sich mit ein bisschen Abenteuerlust selbst besser kennenlernen.

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Links:

Interview mit Prof. Dr. Schredl
Schlafambulanz, Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Mannheim
https://www.uni-heidelberg.de/md/nar/veranstaltungen/interview_prof_schredl.pdf

Erich Fromm:
Märchen, Mythen, Träume
rororo 1981, amazon

Dr. Remo F. Roth:
Traumdeutung nach C.G. Jung
Psychovision.ch

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 8.3.2015
Aktualisiert am 24.9.2021

Schreibe einen Kommentar