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Aktuelle Seite: Startseite / Begriffe / 54 Wie wird man Psychoanalytiker? Kritische Literatur lesen: Jeffrey Masson: „Final Analysis“

54 Wie wird man Psychoanalytiker? Kritische Literatur lesen: Jeffrey Masson: „Final Analysis“

15.06.2017 von Dunja Voos 4 Kommentare

Wer eine Psychoanalyse-Ausbildung macht, betreibt täglich eine Art Hochleistungssport. Es braucht oft ein immenses Durchhaltevermögen, das nur aufrecht erhalten kann, weil es meistens doch wesentlich mehr Freud‘ als Leid gibt. Die Abhängigkeit von Patienten, Gutachtern, Krankenkassen, Supervisoren, Institutsleitern, Lehranalytikern und den Finanzen lehrt einen, mit Ungewissheiten zu leben. Man ist wieder „Schüler“ und stellt sich in Frage. Man lernt, dass auch Psychoanalytiker nur Menschen sind, die Institutstrukturen mitgestalten und unter Systemen leiden. (Text: © Dunja Voos, Bild: Buchcover Addison-Wesley Publishing Company)

Psychoanalyse ist immer mit intensiven Beziehungen und somit auch mit intensiven Gefühlen verbunden. Liebe, Trauer, Neid, Eifersucht, Ärger, Hass, Rachegefühle und Enttäuschungen werden in der Psychoanalyse-Ausbildung so intensiv erlebt, weil ein Ausbildungsinstitut auch familiäre Strukturen bietet, in denen viele alte Probleme wieder zutage treten können.

Krisen gehören zur Ausbildung

Wohl jeder, der Psychoanalytiker*in werden will – genau wie jede/r in einem anderen Studium oder einer Ausbildung auch – kommt ein- oder mehrmals an den Punkt, an dem er sich fragt, ob er weitermachen oder aufhören möchte. An so einem Punkt liest man vielleicht auch gerne mal kritische Literatur wie das Buch von Jeffrey Moussaieff Masson (geb. 1941): „Final Analysis. The Making and Unmaking of a Psychoanalyst“ (Addison-Wesley Publishing Company, 1990, amazon).

Der Autor wurde bekannt durch sein Buch „The Assault on Truth“, in dem er darüber schreibt, warum sich Freud teilweise von der Verführungstheorie distanzierte. Masson wollte betonen, dass sexueller Missbrauch in der Kindheit in der Tat stattgefunden hat, wenn sich Patientinnen und Patienten daran erinnern können. Unter anderem in der Folge dieser Diskussionen wurde er als Direktor des Sigmund-Freud-Archivs („These documents are protected and preserved at the United States Library of Congress“) und als Psychoanalytiker aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPA) entlassen.

Ein Weg zum Psychoanalytiker

Der Autor Jeffrey Moussaieff Masson war Anfang 30 und lehrte als Professor für Sanskrit an der Universität Toronto, Kanada, als er seine Ausbildung zum Psychoanalytiker begann. Hier erlebte Masson unglaubliche Geschichten. Es war die Zeit, in der die Analytiker noch hinter der Couch rauchten, es keine Ethikkommissionen und keine verlässlichen Non-Reporting-Systeme gab (Non-Reporting-System = der Lehranalytiker darf in der Ausbildungskommission nichts über seinen Ausbildungskandidaten erzählen).

Masson beschreibt, wie er von seinem Lehranalytiker regelmäßig drangsaliert wurde, wie sein Lehranalytiker manchmal bis zu 45 Minuten zu spät kam und dann behauptete, er könne in seiner Praxis machen, was er wolle. Es ist kaum vorstellbar, wie ein Kandidat eine solche „Analyse“ aushalten konnte. Masson nahm unglaubliche Erniedrigungen hin, kam aber aufgrund seiner Abhängigkeit in der Ausbildung nicht von dieser Analyse los.

Das Gefühl des Ausgeschlossenseins

In der Psychoanalyse-Ausbildung ist man sehr mit sich selbst beschäftigt und spürt seine Individualität vielleicht mehr denn je. Das kann leicht dazu führen, dass man sich aus der Gruppe der Kommilitonen und Analytiker zunächst ausgeschlossen fühlt, weil man denkt: „So spezielle Probleme wie ich hat hier niemand sonst.“ Das Problem kann sich verstärken, wenn man z.B. weder Arzt noch Psychologe ist und als Akademiker einer anderen Fachrichtung die Ausbildung macht („Ausbildung zum Laienpsychoanalytiker“). Viele Ärzte in der Psychoanalyse-Ausbildung (bzw. „Weiterbildung“) sind Psychiater. Zudem stammen viele Analytiker aus einer gehobeneren Schicht (siehe: „Wer wird Psychoanalytiker?“) und sind verheiratet. Masson schreibt, wie störend es sich anfühlen kann, wenn man diese Gemeinsamkeiten nicht teilen kann.

„Every single candidate was married – I believe it may even have been a prerequisite, perhaps as a sign of emotional maturity or of social conformity.“ S. 101

Zwischen Schmunzeln und Tragik

Bei vielem, was Masson schreibt, kann man als angehender Analytiker nur schmunzelnd denken: „gut getroffen“. Masson gelingt es, mit einer spannenden, einfachen und doch intellektuellen Sprache die Psychoanalyse und „die Analytiker“ treffend darzustellen. Oft denkt man als Leser vielleicht erleichtert: „Ihm ging’s genauso.“ Es ist schockierend zu lesen, dass anscheinend viele Psychoanalytiker damals, Anfang der 80er Jahre, auf vielen Ebenen noch sehr konform mit den Psychiatern gingen und z.B. Elektrokrampftherapien für eine gute Therapie-Möglichkeit hielten.

Im Laufe des Buches entsteht jedoch das Bild, dass Masson in der Psychoanalyse von nahezu jedem Kollegen letzten Endes enttäuscht wurde. Er schreibt, wie er sich in der Rolle des Psychoanalytikers selbst nicht wohl fühlte.

Die Lehranalyse ist wie eine Kindheit

„Die Lehranalyse ist das Kernstück der Psychoanalyse-Ausbildung.“ Diesen Satz findet man immer wieder in den Informationstexten zur Ausbildung. Manche sagen distanzierend: „Die Lehranalyse ist auch nicht alles.“ Aber vielleicht ist sie ein bisschen mit der Kindheit vergleichbar: „Mit einer Kindheit voll Liebe kann man ein ganzes Leben lang aushalten“ (Jean Paul). Und hier liegt vielleicht der Schlüssel zu diesem lebendigen, aber aufgrund der vielen negativen Erlebnisse auch manchmal ermüdenden Buch. Masson schreibt:

„Wisdom, in this technical sense, is not all that difficult to come by. When you have read enough and been to enough case seminars, you know what is expected, what sounds profound, what gives comfort, what appears insightful even if it is not. So much of what I said came from my head, not from my heart. But if it had been any different, I would have been exhausted at the end of the day“ (S. 147).
„Weisheit, im technischen Sinne, kann man hier auf nicht allzu schwierigem Wege erlangen. Wenn du genug gelesen und genügend Fallseminare besucht hast, dann weißt du, was von dir erwartet wird, was tiefgründig klingt, was ein Wohlgefühl auslöst, was einsichtig erscheint, selbst wenn es das nicht ist. So viel von dem, was ich gesagt habe, kam aus meinem Kopf, nicht aus meinem Herzen. Aber wenn es anders gewesen wäre, wäre ich am Ende des Tages ausgelaugt gewesen.“

Und hierin findet sich wahrscheinlich der „Missing Link“ bei Jeffrey Masson. Was aus dem Herzen kommt, ermüdet nicht, sondern gibt Kraft, wenn es „organisch“ verläuft, das heißt, wenn man als Analytiker selbst zuvor die Erfahrung machen konnte, dass die Lehranalyse für beide Beteiligte eine „Herzenssache“ war.

Psychoanalyse ist konfrontativ, kognitiv, oft hart und erschöpfend, voller negativer Übertragungen und abstinent. Alles Unangenehme aus der Kindheit findet hier wieder Platz. Aber sie ist eben gleichzeitig auch intim, tröstlich, gefühlvoll und oft zutiefst liebevoll (siehe IPA-Kongress 2017 über „Intimität“). Möglicherweise ist dies die größte Veränderung, die die Psychoanalyse in ihrer Entwicklung erlebt hat und die in diesem Buch noch nicht auftauchen konnte.

Masson hat sich schließlich den Tieren zugewendet und schreibt hierzu viele inspirierende Bücher, wie z.B. „The Dog Who Couldn’t Stop Loving“.

„Was euch wirklich müde macht, ist nicht eure emotionale Beteiligung als Arzt, sondern euer ständiger Versuch, diese zu verhindern und euch abzugrenzen.“ (Zitat aus dem Kurs „Arzt und Patient im Rollenspiel“, Allgemeinmedizin, Uni Düsseldorf, 90er Jahre)

Verwandte Artikel in diesem Blog:
  • Blumen auf Granit (von Dörte von Drigalski) – ein Buch, das die Psychoanalyseausbildung kritisiert
  • „Wer wird Psychoanalytiker?“
  • 55 Psychoanalytiker werden: Ein Tipp von Antonio Ferro
  • Ungewöhnliche Analytikerwege: Jeffrey Masson

Dieser Beitrag erschien erstmals am 15.6.2017
Aktualisiert am 15.8.2019

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Kategorie: Begriffe, Psychoanalyse, Psychoanalytiker_Werden Stichworte: Psychoanalyse, PsychoanalytikerInWerden

Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. Kati meint

    17.02.2018 um 14:36

    Liebe Frau,

    herzlichen Dank für Ihre offenen Worte! Ich war schon etwas traurig, und dachte, ob ich die Beziehung zu meiner Analytikerin jetzt anzweifeln sollte, ich bin froh, dass Sie das anders sehen!

    Liebe Grüße
    Kati

  2. Dunja Voos meint

    17.02.2018 um 9:12

    Liebe Kati,
    ich sehe es genau so. Natürlich kann man Worte wählen, die „machen“, dass sich der Patient „gut fühlt“, aber fühlt er sich dann wirklich gut? Er spürt ja dann unterschwellig auch, dass die Worte nicht mit Gefühl verbunden waren.
    Masson geht glaube ich davon aus, dass sich der Analytiker „ganz anders“ fühlt als der Patient, also in dem Sinne, dass dem Patienten quasi das Herz aufgeht, aber der Analytiker unbeteiligt bleibt. Solche Phasen oder Analysen gibt es natürlich auch, aber dann ist es wichtig, dieses Unbeteiligtsein zu verstehen, denn darunter leidet letzten Endes auch der Analytiker. Ich finde, das ist ja gerade das Schöne am Beruf des Psychoanalytikers, dass man sich auch als Analytiker immer wieder genauso berührt fühlt wie der Patient – sei es im Guten wie im Schlechten, sei es mit mehr oder weniger innerer Distanz, sei es, dass man vom Patienten in den Bann gezogen ist oder innerlich zwar mitfühlen kann, aber noch auf einer zweiten Schiene ruhig beobachten kann. Ich denke, es sind die emotionalen Momente, die wirken (siehe auch „Now Moments“). Ohne Gefühl keine Veränderung und dabei reicht es nicht, wenn das Gefühl nur auf Seiten des Patienten ist.
    Viele Grüße, Dunja Voos

  3. Kati meint

    17.02.2018 um 8:51

    Liebe Frau Voos,

    das, was Masson hier schreibt klingt ja, als sei die Analyse sehr technisch, dass dem Patienten, das Wohlgefühl nur durch passende Worte vermittelt wird, aber das Herz ist nicht dabei, das fände ich aber sehr traurig, wenn man so einen Beruf wählt und nicht mit dem Herzen dabei ist, wo doch die Beziehung so eine wichtige Rolle spielen soll und der Analysand Vertrauen entwickeln soll, dann fände ich es echt traurig, wenn der Analytiker unecht ist und gar kein Gefühl dabei ist.

    Wie sehen Sie das ??

    Liebe Grüße
    Kati

  4. Dunja Voos meint

    15.06.2017 um 12:58

    Jeffrey Masson hat hierauf geantwortet:

    „Yes, of course in theory psychoanalysis allows us to say our deepest feelings. For the analysand. But what about the analyst? Hard to know what the analyst feels.

    Of course there is the gegenubertragung, but actually we know little about it. Most analysts do not like writing about it. And of course: what happens when the analysts really does not like the patient, or cannot understand, or cannot be empathic? Will the analyst admit this to herself? Will she then admit it to the patient? Or will she think: what is the patient doing to make me feel this way?

    But what if the analyst feels this way when it has absolutely nothing to do with the patient, but only with the analyst? If they cannot see this, then what? It can lead to tragedy.

    I know, because I have seen, during my training, a case like this: a Jewish patient was convinced her analyst, a colleague, could not understand what she went through as a survivor. She was right! But he kept blaming her! Eventually, she killed herself, and we, his colleagues, were supposed to console him!
    We were supposed to feel that he had done everything right, and the fault lay with her. But the fault lay with him! We could not say it, because he was so distraught. But it was clear he was ignorant of what she experienced.

    Now here is the hard question: we are ALL ignorant of what most people feel and experience, so how dare we pretend to be able to help them?? I know this is not a question that will appeal to ANY therapist of any school. Alas, I believe it is true! Only in very rare cases can we help another human being in distress, and then usually in a non-therapeutic setting. So you see, I remain a rebel! You can understand now why analysts and other therapists do NOT want to hear from me! Jeff

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