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Aktuelle Seite: Startseite / Psychoanalyse / Reizdarmsyndrom – auch ein Beziehungsproblem

Reizdarmsyndrom – auch ein Beziehungsproblem

14.11.2016 von Dunja Voos 1 Kommentar

„Es ist immer dann ein Problem, wenn ich vor einer Verpflichtung stehe oder wenn ich in eine Situation komme, in der etwas Bestimmtes von mir erwartet wird – und sei es nur, während eines Gespräches nicht aufs Klo gehen zu dürfen. Es kommt unaufhaltsam auf mich zu.“ So oder ähnlich beschreiben Patienten häufig ihr Reizdarmsyndrom. Viele sind ihren Durchfällen einfach ausgeliefert. Die Durchfälle schränken die Betroffenen ungeheuer ein. Sind sie allein, fühlen sie sich häufig wohl. Stehen sie jedoch jemandem gegenüber, um sich mit ihm zu unterhalten, merken sie schon, wie es in ihrem Bauch arbeitet, wie sich alles verflüssigt. Wie soll man erklären, dass man gleich schnell weg muss? Das Reizdarmsyndrom ist eine Qual – und hängt eng mit engen Beziehungen zusammen.

Wie eine Mauer

„Der andere ist für mich manchmal wie eine Mauer. Er baut sich vor mir auf, stellt Forderungen, erwartet etwas von mir. Der Druck, den ich spüre, wenn ich mit jemandem zusammen sein MUSS, ist unglaublich groß“, erzählt eine Betroffene. Vor ihr die Wand. Die Wand aus Erwartungen und Forderungen. Und hinter ihr der mögliche Ausgang: Der Durchfall wird kommen wie Montezumas Rache. Das Gespräch wird unmöglich, die Betroffene muss die Situation verlassen. Die Arbeitswelt wird zum Drama. Die Betroffenen fühlen sich gefangen, sobald sie „parat“ sein müssen. Sobald der Uhrzeiger die volle Stunde anzeigt und sobald sie „funktionieren“ müssen, funktionieren sie eben nicht mehr.

Gefangen in der Beziehung

Die Betroffenen fühlen sich häufig gefangen in der Beziehung. Sie haben das Bild, dass der andere sie anstarrt und ganz viel von ihnen erwartet. Selbst, wenn sie sich klarmachen, dass es nicht so ist, fühlt es sich so an. Schließlich ist es jedoch nicht die Beziehung, die sie gefangen nimmt, sondern der eigene Durchfall, der sie zum Weglaufen zwingt. Es scheint keinen Ausweg zu geben. Besonders schlimm ist es oft, in Beziehungen, die sehr eng sind. „Ich traue mich gar nicht, meinem Partner zu sagen, dass ich schon wieder auf’s Klo muss“, sagt eine Betroffene. „Ich versuche immer, die Therapiesitzung durchzustehen, ohne auf die Toilette zu müssen“, sagt ein Betroffener.

„Ich könnte jetzt auf Klo gehen – wenn da nur nicht der andere wäre.“

„Ich komme nicht pünktlich weg“

Bei manchen Patienten ist das Reizdarmsyndrom fast wie eine „körperliche Zwangsstörung“. Sie sitzen auf der Toilette und kommen nicht pünktlich weg. So wie andere nachschauen, ob der Herd aus ist, fragen sich die Betroffenen ständig, ob sie nicht nochmal lieber auf die Toilette gehen.

Das Fass läuft über

Eigentlich können wir unangenehme Gefühle eine Weile „containen“, also sie in uns behalten, sie „verdauen“ und betrachten. Irgendwann aber „läuft das Fass über“ und wir explodieren. Wir bemerken, dass die Grenze überschritten ist und möglicherweise schreien wir den anderen an – das ist das Ventil. Wer an einem Reizdarmsyndrom leidet, kann jedoch kaum etwas „containen“. Sofort, wenn das Gefühlsfass überläuft, ist das Ventil der After. Die Betroffenen müssen zur Toilette rennen.

Das soll psychisch sein?

Das Problem beim Reizdarmsyndrom: Es gibt einen großen psychischen Anteil, aber der Betroffene fühlt sich nicht so. Die körperliche Reaktion steht einfach zu sehr im Vordergrund. Was der Betroffene möglicherweise wahrnimmt ist in dem Moment nur, dass er andere Menschen „abstoßen“ will, nicht in seiner Nähe haben will.

Der Körper steht im Vordergrund, das Problem ist sozusagen noch nicht von der Psyche erfasst.

Der gereizte Darm steht also VOR der gereizten, gereiften Psyche. Es ist ähnlich wie bei Kindern, die zuerst nur Bauchweh haben und erst im Laufe der Zeit Psychisches spüren. Also erst wenn die Kinder reifer werden, können sie Gefühle wahrnehmen und darüber sprechen. Vorher ist da nur der Bauch. Das ist real für das Kind. Der außenstehende Erwachsene merkt aber: Das Bauchweh und die anderen Beschwerden sind da, weil das Kind Stress und Kummer hat.

Gefühle wahrnehmen

Manchmal fällt es den Betroffenen schwer, ihre Gefühle wahrzunehmen und „aus-zu-drücken“. Patienten mit einem Reizdarmsyndrom (Colon irritabile) leiden unter starken Darmbeschwerden, unter Krämpfen, Schmerzen und Darmgeräuschen. Sie trauen sich kaum in die Stadt und quälen sich mit einem aufgeblähten Bauch. Die vielen Arztbesuche bringen ihnen nur selten wirkliche Besserung. Das System „Reizdarmsyndrom“ ist hochkomplex und hat viel damit zu tun, ob Gefühle wahrgenommen werden können oder nicht. „Wenn ich Streit mit jemandem habe, habe ich keinen Durchfall. Dann kann ich innerlich sehr viel nachdenken und bin damit beschäftigt, mich zu schützen“, sagt eine Betroffene. Für sie ist es eher schwer, wenn sie in einer guten Beziehung ist, wenn sie gefallen möchte, nichts falsch machen möchte und nicht zum falschen Zeitpunkt zur Toilette müssen möchte.

Psychische Entlastung beruhigt den Darm

Wenn die Betroffenen in einer Therapie ihre verborgenen Gefühle und Wünsche erkennen und wenn sie ihre Vorstellung von der Bezugsperson analysieren, erfahren sie oft Besserung. Aber das dauert. Sehr lange. Denn der gereizte Darm ist häufig ein sogenanntes „Affektäquivalent“. Was eigentlich von der Seele erlebt wird, ist bei den Betroffenen in den Körper verlagert. Das Völlegefühl oder der Durchfall sind dann das Äquivalent für eine psychische Äußerung, für ein inneres Aufgeregtsein. Innen sind die Patienten „voll“. Voll von Ängsten. Aber auch unbewusste sexuelle Erregung kann zu plötzlichem Durchfall führen. Schon allein wie der andere guckt, kann Durchfall hervorrufen.

Das Reizdarmsyndrom kann eine Form der Sozialen Phobie sein.

Etwas loswerden

Manchmal wollen die Patienten einen anderen „los-werden“ und das spüren sie ganz deutlich. Der Durchfall ist trotz aller Qual auf einer bestimmten Ebene auch eine Entlastung. Die Betroffenen wollen sich von etwas Quälendem befreien, sie wollen sich des Unangenehmen entledigen.

Was fehlt, ist das bewusste Fühlen und somit fehlt die Möglichkeit, die Gefühle zu steuern. Auch das Bild von Beziehung ist schwierig: Die eigenen Grenzen sind in einer guten oder engen oder abhängig-autoritären Beziehung scheinbar in Gefahr. Hat man noch Privatraum in einer engen Beziehung? Oder „muss“ man machen, was der andere sich vermeintlich von einem wünscht? Muss die Toilette zum einzig möglichen Privatraum werden? Die innere Anspannung in der Beziehung zum anderen übersetzt sich direkt in den Darm.

Die Gefühle sitzen im Bauch

Wenn die Gründe für die Anspannung erkannt werden, dann geht es vielen Betroffenen besser. Nicht selten leiden sie auch unter einer Angststörung oder Depression. In einer Psychotherapie können Betroffene die Zusammenhänge zwischen Darm und Emotion verstehen lernen.

Bilder, die helfen
Häufig sind es innere Bilder, die Betroffene entwickeln und die ihnen helfen, mit dem Reizdarmsyndrom besser zurechtzukommen.

 

  • Manchen hilft es, sich vorzustellen, dass sie einen „inneren Privatraum“ haben und eine „innere grüne Wiese“, während sie äußerlich pünktlich sein müssen oder sich in einem wichtigen Gespräch befinden (schließlich ist ja auch die Toilette ein Privatraum).
  • Vielen fehlt die Vorstellung, dass sich zwei Menschen verabreden und sich dabei wohlfühlen können. Sie haben die Vorstellung, dass Verabredungen, Vereinbarungen, Verpflichtungen oder Termine Druck auslösen. Sich vorzustellen, dass sich zwei oder mehrere Menschen treffen und sich dabei wohlfühlen, kann helfen. Niemand tut dem anderen etwas an, niemand setzt den anderen unter Druck.
  • Oft hilft auch der Gedanke an etwas Drittes: Wenn ich weiß, dass zwei Stunden später jemand auf mich wartet, komme ich gedanklich aus der engen Zweierbeziehung im Hier und Jetzt heraus. Wenn ich weiß, dass heute Nachmittag etwas Schönes passiert, dann fällt es mir leichter, den Druck im Darm auszuhalten bzw. der Druck lässt dann oft auch nach.

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  • Was hilft bei Sozialer Phobie?

Links:

Julia Enders: www.darm-mit-charme.de
RDS-Forum

Empfohlene Psychotherapieverfahren:
„Einige psychotherapeutische Verfahren wurden überprüft und können empfohlen werden. Bewährt haben sich verhaltenstherapeutische Kombinationsverfahren, psychoanalytische Kurzzeittherapie, kognitive Verhaltenstherapie, progressive Muskelentspannung und die Hypnotherapie.“
Aus: Jürgen Hotz et al.: Das Reizdarmsyndrom: Definition, Diagnosesicherung, Pathophysiologie und Therapiemöglichkeiten. Dtsch Arztebl 2000; 97(48)

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 10.8.2012
Aktualisiert am 3.7.2017

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Kategorie: Psychoanalyse, Psychosomatik, Vegetativum Stichworte: Psychoanalyse, Psychosomatik, Reizdarm, VegetativesNervensystem

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Kommentare

  1. Neske meint

    10.06.2017 um 12:08

    Ich schildere hier jetzt zum Thema „Reizdarm“ eine Situation aus meinem Alltag :
    Alles begann ganz harmlos. Mein Telefon funktionierte nicht , ich konnte keine Gespräche empfangen. Ich rief bei meinem Anbieter an und bat um Hilfe. Der Techniker am anderen Ende der Leitung erzählte mir irgendwas von „Konfiguration meines Routers“ und von „Nächtlichen Angriffen auf meinen Router“ – alles keine Gründe zur Besorgnis, wie er mir versicherte. Allein die Tatsache, dass ich von dem, was der Mann mir erzählte, null Ahnung hatte (ist auch nicht mein Aufgabengebiet!), genügte, um bei mir Durchfälle auszulösen. Mein Hirn war wie zugekleistert, ich WOLLTE das verstehen konnte aber nicht. Mir haben nicht etwa die „Nächtlichen Angriffe auf meinen Router“ Angst gemacht sondern alleine der Umstand, dass ich von alledem keine Ahnung habe und da nicht durchblicke. Eine innere Stimme flüsterte mir zu : „Wenn du nur intelligent genug wärst, dann könntest du verstehen, um was es da geht!!!“ .
    Ich habe Stunden gebraucht, um mir darüber im Klaren zu werden , dass ich den ganzen Technikkram gar nicht verstehen MUSS, weil ich kein Techniker bin sondern einfach nur jemand, der technische Hilfe benötigt. Meine Talente liegen auf anderen Gebieten.
    Kurz gesagt: ich hatte mich gedanklich völlig überfordert. Als mir klar wurde, dass ich unmöglich alles wissen (können) kann und auch nicht alles wissen (können) muss, ging es mir besser.
    Mein Bauch hat schneller re-agiert als mein Kopf. Das hat sich im wahrsten Sinne des Wortes „Scheiße“ angefühlt.

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