Psilocybin, MDMA und Low-Dose LSD in der Psychotherapie – was ich davon halte

Manchmal habe ich Patienten vor mir sitzen, die wirken, als würden sie gerade etwas Schönes träumen. Ich selbst bin irritiert. Was ist das? „Wissen Sie, ich mache gerade eine Low-Dose-LSD-Therapie“, sagen mir dann manche. Mir fällt auf, dass Menschen mit sehr schwerem psychischen Leid nach Therapieformen wie dieser fragen. Oft werde ich auch gefragt, was ich von Psilocybin- oder Ketamin-gestützten Psychotherapien halte. Ich halte da nichts von. Die Psychotherapeutenwelt spaltet sich gerade in diejenigen, die sich damit auskennen und es befürworten und diejenigen, die sich davon fernhalten.

Der Stoff N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) ahmt z.B. die Wirkung von Glutamat nach. Da gibt es die Ketamin-gestützte Psychotherapie, die besonders auch bei Angststörungen helfen soll (z.B. auf Mallorca in der Klinik Dr. Scheib). Ein Anästhesist ist zugegen, um einzugreifen, wenn es dem Patienten sehr schlecht gehen sollte. Manche reisen weit, um eine Therapiesitzung mit Psilocybin, dem Wirkstoff des „Magic Mushrooms“ (einem Pilz) auszuprobieren. Manche werden davon psychotisch.

Der Zen-Meister Muho Nölke hat auf seinem Youtube-Kanal einige Videos zum Thema „Erleuchtung“ veröffentlicht. In einem dieser Videos erklärt er, dass „Erleuchtung“ mit einem klaren Geist zu tun hat. Und auch ich möchte in Psychotherapie und Psychoanalyse den Weg des klaren Geistes gehen. Ich behandele viel lieber, wenn Patienten keine Psychopharmaka einnehmen, weil ich mich selbst und auch die Patienten sich dann besser orientieren können.

Viele fühlen sich durch diese Psychotherapien mit Psychedelika sehr angezogen. Ich denke, dass auch ein mehr oder weniger bewusster Wunsch nach einer sexuellen Erfahrung, nach einem Orgasmus-artigen „Durchbruch“ oder einem „Sich-Gehen-Lassen“ mitspielt. Viele wünschen sich eine Erlösung von ihrem furchtbaren Leid. Doch ich selbst glaube, dass sich schweres Leid nur durch jahrelange Arbeit lindern lässt. Ich möchte nach der Wahrheit suchen und habe das Gefühl, dass mich Wirkstoffe davon ablenken – auch wenn manche sagen, dass sie gerade durch die Wirkstoffe zu ihrer inneren Wahrheit gefunden haben.

Ich kenne mich nicht aus damit. Und möchte das auch nicht. Ich gehöre zu den Psychotherapeuten, die die Nüchternheit lieben. Allerdings gibt es inzwischen viele Therapeuten, die die drogengestützte bzw. die Psychedelika-gestützte Psychotherapie unterstützen und durchführen.

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Links:

Christian Hilscher:
Psilocybin (Horrortrips, Bad Trips)
Arznei-News, 29.2.2020
https://arznei-news.de/psilocybin-horrortrips-bad-trips/

One thought on “Psilocybin, MDMA und Low-Dose LSD in der Psychotherapie – was ich davon halte

  1. NinaHuba sagt:

    Schade. Das Problem der Psychiatrie ist, dass die dümmsten Studenten diesen Beruf ergreifen. Die haben nicht so die große Auswahl und viel können müssens auch nicht. Einfach anfangen mit einem SSRI und dann so lange rumprobieren, bis alles kaputt ist, es sich also besser anfühlt, weil nichts mehr gefühlt wird. Äh, sorry, meinte nicht rumprobieren, das wird ja „einstellen“ genannt.
    Folglich geht in dem Bereich in der Forschung aber auch nichts weiter. Kann ja jeder herumpfuschen, eine Art geschützte Werkstätte für Unfähige und MedizinerInnen, die auf alternativen Wegen ihren Dr.-Titel erlangt haben, zB durch Kauf oder Gewinn.
    Mushrooms & Co. sollten dringend erforscht werden. Sie wären eine Bereicherung für die Psychiatrie und Psychotherapie, auch für die Psychoanalyse. Momentan kommen die Konsumenten aber nur illegal an die Substanzen und müssen sich auf die Angaben von sehr zweifelhaften Zeitgenoss:innen verlassen. Eine therapeutische Dosierung ist so nicht möglich.

    Im Gegensatz zu den angeblich wirksamen Medikamenten wirkten Halluzinogene bei mir hervorragend. In der Psychiatrie muss man irgendwann sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, wenn man nicht sabbernd und brabbelnd in einer Anstalt ruhiggestellt enden möchte und von den Mitarbeitenden zu Tätigkeiten angehalten wird, die zur Belustigung derjenigen außerhalb der Anstaltsmauern dienen.

    Aber davor ist ein stabiles Fundament notwendig, das man zB in einer Psychoanalyse erarbeitet. Und wer einen Pilztrip mit einem schönen Traum gleichsetzt, sollte tatsächlich die Finger davon lassen. Für Menschen, die an einer Dystymie leiden, eröffnet sich eine intensive Gefühlswelt, im Guten wie im Schlechten. Alles wird verstärkt, aber auch das hoffentlich erarbeitete Grundvertrauen, dass es mindestens einen Menschen gibt, der es gut meint mit einem. Und genau dieses verstärkte Empfinden des Grundvertrauens ist so viel wert, um sich es wenigstens vorstellen zu können und sich an schlechten Zeiten daran erinnern zu können. Ohne Rausch.
    Ich habe beides ausprobiert, Psychoanalyse und Pilze. Ich nahm es nicht regelmäßig, sondern nur 2x ein. Dabei wird es auch bleiben und blieb es bisher schon seit Jahren. Mein Leben hat sich deutlich verbessert, sowohl äußerlich als auch innerlich, auch durch die Erkenntnis, dass die Depression mich gut entlohnt für den Preis, den sie im Gegenzug fordert.
    Die Hauptarbeit ist und bleibt die Arbeit an sich selbst und am eigenen Leben, mit klarem Geiste.

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