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Medizin im Text

Rund um Psychoanalyse :: Worte statt Pillen

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„Mein Mädchen kommt als Junge nach Hause.“ Handeln Ärzte zu schnell?

„In meiner Klasse sind jetzt die Jungs in der Überzahl“, erzählt mir eine Lehrerin. Es handelt sich um dieselbe Schülerzahl und um dieselben Schüler. Doch einige Mädchen hätten im Laufe der Schulzeit festgestellt, dass sie sich als Jungs fühlten. Sie wollten sich zu Männern entwickeln. Viele Ärzte unterstützten das recht früh mit Hormonbehandlungen, höre ich. Die Kinder wollten von den Lehrern und Lehrerinnen nun anders angesprochen werden. Viele Erwachsene sind ratlos. Wie lässt sich das verstehen?

Vor vielen Jahren nahm ich als Journalistin an einem Projekt der Bundeszentrale für Gesundheitlichen Aufklärung (BZgA) zum Thema „ADHS“ (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom) teil. An einem Round Table saßen Experten, die davon sprachen, dass das, was heute ADHS hieße, früher unter den Begriff der „Minimal Cerebral Dysfunction“ fiel. Sie fragten sich, welche „Störungen“ demnächst auftauchen würden und sie tippten auf das Thema „Asperger“ bzw. „Autismus-Spektrum-Störungen“.

Auch würde die Diagnose „Bipolare Störung“ zunehmen, wohingegen das Thema „Borderline-Störung“ rückläufig wäre. Dabei sei zu beachten, dass eine Diagnose immer nur eine Namensgebung ist und dass sie die Vorstellung widerspiegelt, die wir von den Dingen haben. Die Tendenz sei da, die Störungen konkret als angeboren und genetisch zu betrachten – das hätte den Effekt, dass Eltern von ihren Schuldgefühlen befreit würden. Glücklicherweise gibt es auch die Tendenz, dass das, was früher als „Störung“ betrachtet wurde, heute als normal angesehen wird.

Reifeschritte

Psychoanalytisch betrachtet sind wir mit unserer Aufmerksamkeit von den „frühen Störungen“ (wie z.B. Borderline oder Narzissmus) hin zu einem ödipalen Thema gewandert. Ödipale Themen, die sich mit der Geschlechtsidentität und der Beziehung zwischen Mann und Frau beschäftigen, sind aus psychoanalytischer Sicht die reifesten Themen, denn ein Kind entwickelt sich nach der psychosexuellen Entwicklungstheorie von der „oralen Phase“ (Depression, Thema „Versorgtwerden“, Autoaggression) über die „anale Phase“ (Zwänge, Aggression, Sadismus-Masochisms, Macht-Ohnmacht) hin zur ödipalen Phase (Themen „Heirat“, Vater-Mutter-Tochter-Sohn-Beziehung, Geschlechtsidentität).

Auch lässt sich vielleicht beobachten, dass „Denken und Tun“ immer leichter gleichgesetzt werden (Thought-Action-Fusion). Wenn wir etwas denken oder sagen, dann wird es rasch in Handlung umgesetzt. Es wird rasch davon ausgegangen, dass wir alles konkret meinen. Es ist, als sei unser symbolisches Denken geschwächt. Unsere geistige Spielwiese ist kleiner geworden.

Was wir „wirklich denken“, darf kaum noch in Erscheinung treten, da wir rasch verdächtigt werden, auch entsprechend zu handeln. „Rassismusfreie Schule“ steht da am Eingang des Gymnasiums. Doch wie geht es uns, wenn wir das lesen? Einerseits fühlen wir uns vielleicht erleichtert. Wir wollen solche Schulen fördern. Doch regt sich da nicht vielleicht auch gegen unseren Willen etwas Aggressives in uns? Was, wenn wir gegen unseren Willen manchmal rassistische Gedanken haben? Was, wenn wir uns im Stillen denken, dass wir mit Menschen aus dem Nahen Osten vielleicht „Aggression“ verbinden?

Wohin dürfen wir mit unseren tiefen Gefühlen, Regungen, Denkweisen, wenn schon auf den Schildern am Eingang steht, dass sie verboten sind? Auf Facebook sieht man in einem Video, wie sich ein kleiner schwarzer Junge fürchtet, als er das erste Mal einen weißen Mann sieht (https://fb.watch/hYQh0YwO7O/). Auch umgekehrt lässt sich das oft bei kleinen Kindern beobachten: Weiße Babys weinen manchmal, wenn sie das erste Mal einen Schwarzen sehen. Eine Art Fremdenangst kennen wir aus frühester Kindheit. Und bekanntlich ist unser frühes Unbewusstes immer noch als Regung mit dabei, wenn wir erwachsen sind.

„Ich will so sein wie er!“

Wenn wir uns an unsere eigene Jugend erinnern, können wir uns vielleicht an Phasen erinnern, in denen wir innerlich das andere Geschlecht annehmen wollten: Als Mädchen wollten wir vielleicht so sein wie unser Mathelehrer, als Junge wollten wir so sein wie unsere Grundschullehrerin. Der reale Unterschied schmerzte uns, aber in unserer Phantasie konnten wir alles sein.

Es gibt Themen, Gefühle, Zustände in uns, die uns über viele Jahre begleiten und die sich dann doch wieder verändern. Es gibt Leiden in uns. Doch heute will man das Leiden sofort eradizieren, damit es nicht „chronisch“ wird, damit es früh „an der Wurzel gepackt“ wird, damit wir dieses oder jenes weitere Leiden früh verhindern.

Es ist so wichtig, dass wir uns eine innere geistige Spielwiese erhalten. Wir erschrecken uns bei zunehmender Selbsterkenntnis, was da alles in uns steckt, was wir wirklich denken und meinen, wie wir wirklich fühlen. Wir haben im Leben viele quälende Zustände und auch lange Lebensphasen, in denen wir uns in uns gefangen fühlen oder überzeugt sind von etwas. Vielleicht waren wir mit 27 Jahren noch überzeugt davon, niemals Kinder haben zu wollen und suchen mit 39 Jahren verzweifelt eine Inseminationsklinik auf, weil wir eine enorme Sehnsucht nach einer Schwangerschaft, nach einem eigenen Baby haben.

Nur, wenn wir uns erlauben, zu sprechen, können wir erfahren, wie es uns selbst und dem anderen „wirklich“ geht. Es ist so wichtig, dass wir in Kontakt mit unseren tiefen Körpergefühlen und den dazugehörigen Gedanken kommen. Wenn ich als Frau einem Mann gegenüberstehe, spüre ich körperlich, dass er mehr Muskeln hat als ich. Dieses körperliche Gefühl kann zu dem Gedanken führen: „Die Frau ist schwächer als der Mann.“

Dieser Gedanke scheint heute nahezu verwerflich zu sein. Doch nur, wenn ich dieses Körpergefühl bewusst wahrnehme, kann ich auch den Gedanken, der daraus entsteht, ergreifen. Und nur dann ist es mir möglich, daraus weiterzudenken und vieles in Betracht zu ziehen, ohne fanatisch zu werden. Ich kann mich für Gleichberechtigung einsetzen, merke aber auch, wie schwer das sein kann, weil unsere körperlichen Erfahrungen manchmal unseren Wünschen nach Veränderung entgegenstehen.

Es hilft uns, wenn wir versuchen, toleranter gegenüber unserem eigenen inneren Leiden und dem inneren Leiden des anderen zu werden.

Wenn wir die Spannung aushalten und uns mit dem zunächst „Unlösbaren“ auseinandersetzen, gewinnen wir Zeit. „Ich höre Dir zu. Und Du musst nicht befürchten, dass ich sofort handeln werde.“ Mit dieser Einstellung können wir wahrscheinlich mehr Leid verhindern, als wenn wir hektisch nach Lösungen suchen, die wir gleich in die Tat umsetzen. Es braucht Zeit, um zu überlegen. Weder Verbote, noch starre Regeln oder rasche Therapien sind die Lösung – seien sie auch noch so verlockend. Schwer aushaltbare Kontroversen einmal auszuhalten, kann dazu führen, dass klarere Bilder auftauchen, die uns zu überlegterem Handeln führen.

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