„Impfgegner“ – das Unbewusste wird oft übersehen

Wann immer ich eine Sendung über „Impfgegner“ höre, höre ich wiederkehrend dieselben Argumente. Am Ende sei es die Aufklärung, die erforderlich sei, um einen Impfgegner vom Impfen zu überzeugen. Mit den aufklärenden Informationen verhält es sich aber ähnlich wie mit anderen Argumenten der Vernunft: Sie kommen nicht an, wenn die Entscheidung das Ergebnis von mehr oder weniger bewussten Phantasien und Affekten ist. Viele gehen davon aus, dass es sozusagen etwas „Dummes“ sei, sich nicht impfen zu lassen, wohingegen es die Vernünftigen und „Intelligenten“ seien, die sich für die Impfung aussprächen. Tatsächlich lassen sich Menschen mit einem niedrigeren Bildungsgrad seltener impfen (siehe von Lengerke, T et al., 2021). Doch was ist es vielleicht noch, was in der Diskussion fehlt?

Es gibt viele gebildete Menschen und Wissenschaftler, die sich gegen eine Impfung aussprechen. Diese kommen in den öffentlichen Diskussionen oft nicht zu Wort – so, als ob es da eine Angst gäbe, dass sich dadurch noch mehr Menschen nicht impfen lassen würden. Es verhält sich ähnlich wie mit ernsthaften Diskussionen über den Suizid. Oft gibt es den Gedanken: Wenn wir darüber sprechen, bringen sich schließlich mehr Menschen um (siehe Werther-Effekt). Oft jedoch ist das Gegenteil der Fall: Sobald sich Menschen ernstgenommen und verstanden fühlen, vergrößert sich die innere Freiheit und Beweglichkeit.

Auch vorsprachliche Erfahrungen spielen eine Rolle

Ich möchte jetzt über das „Archaische“ sprechen, das uns allen innewohnt. Jeder macht zu Beginn seines Lebens hochindividuelle Erfahrungen mit seinem Körper und seinen Eltern und Geschwistern. Für die frühen Erfahrungen gibt es noch keine Worte, aber sie sind so mächtig, dass sie uns unser Leben lang begleiten.

„Ich weiß eigentlich nicht, warum ich mich nicht impfen lassen will. Es ist ein Gefühl“, sagen manche. Sobald wir sagen „Ich weiß nicht“, können wir davon ausgehen, dass unbewusste Beweggründe mitbeteiligt sind.

Unser Körper wird durch unsere Haut begrenzt. Wir haben ein starkes Bedürfnis, unverletzt zu bleiben und diese Haut zu bewahren – es sei denn, wir gehören zu denjenigen, die sich „ritzen“ und sich selbst an der Haut verletzen. Hier stehen oft Erfahrungen mit unaushaltbaren Spannungszuständen im Hintergrund.

Spritzen und Spritzen

Das Symbol der „Spritze“ oder der „Nadel“ – so zeigt es die Psychotherapie – steht oft für das sexuelle „Spritzen“. Nicht selten zeigt sich bei Menschen mit einer „Spritzenphobie“, dass sie das „Gespritztwerden“ auf einer unbewussten Ebene mit Missbrauchserfahrungen verbinden (siehe z.B. Daniels, 1995). Ihre körperliche Grenze wurde durch sexuelle Handlungen oder gar die „Penetration“ (penetrare = eindringen, einbrechen) wider Willen missachtet.

Die Impfspritze kann unbewusst mit der Dreimonatsspritze zur Verhütung gleichgesetzt werden. „Ich bekomme keine Infektion“ ist im Unbewussten verwandt mit dem Gedanken „Ich werde nicht schwanger“. Der Corona-Schnelltest wird unbewusst mit dem Schwangerschaftstest gleichgesetzt. Der negative Test zeigt bei Schwangerschaftswunsch im Unbewussten: „Ich bin immer noch nicht schwanger.“

Die „Spritze“ hat ebenso wie der „Verkehr“ bei vielen Angstpatienten eine ganz besondere Bedeutung. Es liegt in der Natur der Sache, dass es extrem platt klingt, wenn ich hier darüber schreibe. Die Zusammenhänge sind sehr fein und müssen praktisch zwischen Patient und Psychotherapeut langsam erarbeitet werden, um zu verstehen, dass sie in ihrer psychischen Logik durchaus echt sind.

Besonders deutlich wird der unbewusste Zusammenhang zur Sexualität vielleicht bei Frauen, die sich nicht impfen lassen möchten, weil sie befürchten, sie könnten danach nicht mehr schwanger werden. Es kommt etwas – ähnlich wie Sperma – in ihren Körper, das sich mit den Körperflüssigkeiten vermischt. Dann gibt es in der Vorstellung keine Klarheit mehr. Alles hängt dann in der Vorstellung mit allem zusammen. Auch unbewusste Paarkonflikte („Ich will gar nicht schwanger werden“) können durch die Impfung aktiviert werden.

Was lasse ich in meinen Körper rein?

Nach der Spritze verteilt sich das Gespritzte im Muskel, mitunter im gesamten Körper. Dies ist verbunden mit der Vorstellung von „Kontrolllosigkeit“. Es gibt eine „Intrusion“. Das Fremde durchmischt sich im Körper mit dem Eigenen. Auch Gesunde können hier mitunter Gefühle von „Paranoia“ bekommen. „Mist, jetzt ist etwas in mir drin und ich krieg’s nicht wieder raus!“, sagen manche, wenn einige Tage nach der Impfung vergangen sind und sie das Gefühl haben, sie hätten „das Zeugs“ lieber aus ihrem Körper herausgelassen.

Viele Menschen haben ungeheuer schlechte Erfahrungen mit „medizinischer Hilfe“ gemacht. Wenn Kinder in frühester Kindheit Behandlungen unterzogen werden, können sie davon – in Kombination mit anderen Faktoren – davon sogar psychotisch werden (siehe Joanne Greenberg, Autorin von „Ich habe Dir nie einen Rosengarten versprochen“ im Youtube-Film: „Take these broken wings – Schizophrenie heilen ohne Medikamente“).

Wer so schlechte Erfahrungen mit medizinischen Behandlungen gemacht hat oder wer Misshandlungen ausgesetzt war, der zieht es vor, unangetastet und frei zu bleiben. Manchen Menschen ist es in der Vorstellung lieber, „natürlicherweise“ an einem Virus zu sterben als „unnatürlicherweise“ eine Impfung zu erhalten. Und es gibt auch Menschen, deren Leben sich so schrecklich anfühlt, dass sie wie „heimlich“ auf den Tod warten. Starke Raucher, denen der Arzt sorgenvoll erklärt, dass sie sich mit dem Rauchen letztendlich umbringen werden, denken heimlich manchmal: „Eben das ist doch mein Ziel.“

Der Hass

Außerdem gehen wir davon aus, dass Menschen sich selbst und andere grundsätzlich lieben. Wir sagen allzu gerne „Nein zum Hass“. Doch der Hass ist ein Bestandteil unseres Lebens. Wir tragen in uns auch eine mehr oder weniger ausgeprägte Zerstörungswut. Wenn also appelliert wird, man müsse doch an den Nächsten denken, so denken viele innerlich: „Niemand hat jemals an mich gedacht.“ Und vielleicht weiter: „Darum habe ich einen großen Hass auf diese Welt und auch auf mich. Warum sollte ich da irgendwen schützen wollen? Warum sollte ich überhaupt dieses Scheiß-Leben in irgendeiner Form bewahren wollen?“ Mehr oder weniger bewusste Destruktionswünsche werden kaum irgendwo angesprochen.

Vertrauen, Hingabe und Toleranz gegenüber dem Unkontrollierbaren – das fällt oft denjenigen Menschen leichter, die gut behütet aufwuchsen. Das sind eben oft auch die Menschen, denen eine höhere Bildung ermöglicht wurde.

„Hauptsache Natur“

Es gibt jedoch auch etwas scheinbar Gegenteiliges: die Idealvorstellung von einer vollkommen „natürlichen“ Welt. Menschen, die vegan leben, die nie Plastik benutzen, die natürlich gebären und sterben wollen, haben oft eine ungeheure Sehnsucht nach einer Welt, die ganz „natürlich“ ist. Jeder Eingriff wird als etwas „Unnatürliches“ erlebt, ja vielleicht sogar als eine Form von Gewalt. Manche Menschen lehnen auch die kleinste „Gewalt“ so sehr ab, dass sie kaum noch lebensfähig sind. Leben wiederum ist nur möglich, wenn es auch den Tod gibt.

Wieder andere Menschen leiden unter körperlichen Beschwerden, die sich kaum jemand erklären kann und die sie bei sich selbst auf frühere Impfungen zurückführen. Abgesehen von vielleicht bisher noch nicht Erforschtem geht es hier wieder um die Vorstellung, dass da etwas im Körper ist, das etwas mit einem macht und selbst Wissenschaftler können es noch nicht genau erklären.

Manche assoziieren diese Gedanken mit den Contergan-Kindern: Erst viel zu spät wurde erkannt, dass das Schlafmittel Contergan die Körperentwicklung des Kindes im Mutterleib schädigt.

Die verdorbene Milch

In der Psychoanalyse lässt sich oft beobachten, wie Patienten etwas Gesagtes nicht aufnehmen wollen oder können. Es ist dann ähnlich wie mit der Nahrung: Für die Patienten fühlt es sich an, als sei das, was der Therapeut sagt, fast wie ein Gift für sie. Sie wollen sich nicht davon berühren lassen. Ursprünglich geht dies auf die Vorstellung der „verdorbenen Milch“ von der Mutter zurück. Eine Mutter, die uns früh psychisch beschädigte, hat uns in unserer unbewussten Vorstellung mit „verdorbener Milch“ gefüttert.

Gedanken und Phantasien wie diese mischen alle mit bei der Entscheidung für oder gegen eine Impfung. Und es ist so wichtig, darüber zu sprechen. Vielleicht kommt es ja mit der Zeit, dass wir uns für die verborgenen Motive der Menschen für oder gegen eine Impfung genauer interessieren.

Kulturelle Hintergründe

Es gilt auch, unseren kulturellen Hintergrund im Blick zu behalten. Wer Diktaturen kennt oder in einem Land aufwuchs, dessen Staatsführung man nicht vertrauen konnte, der wird skeptisch, wenn er hört, dass der Staat die Gesundheit der Menschen schützen will.

Wissenschaftliche Diskurse

Auch verschiedene Wissenschaftler sehen die Impfung kritisch. Der belgische Veterinär Geert vanden Bossche sagt, dass wir durch die Impfung den Virus zur Veränderung zwingen, wodurch sich die Lage verschlimmere. Auf correktiv.org findet sich eine interessante Auseinandersetzung zwischen den Wissenschaftlern. Und da Wissenschaft immer durch Streit, Fragen und Zweifel gekennzeichnet ist, wird es auch immer hochgebildete Menschen geben, die den Corona-Maßnahmen kritisch gegenüber stehen.

Oft fühlen wir uns stark und unangreifbar. Wir fühlen uns „frei“. Doch das Coronavirus war gerade zu Beginn wie ein Russisch-Roulette-Erreger. Ganz schnell könnten wir unfrei werden und ans Bett gefesselt sein, sobald uns die Erkrankung niederstreckt. „Wenn wir uns impfen lassen, erkennen wir auch die reale Gefahr an“, so könnte man einerseits sagen.
Andererseits sagen manche Wissenschaftler, dass Massenimpfungen bei einem rasch mutierenden Virus ihrerseits gefährliche, unvorhersehbare Folgen haben könnten. So könnte es auf Dauer besser sein, keine Massenimpfungen durchzuführen, argumentieren sie. Es bleibt eine individuelle Entscheidung.

Anmerkung: Dieser Beitrag erschien erstmals im September 2021. Inzwischen hat sich die Lage verändert, das Virus in seiner Gefährlichkeit deutlich abgemildert. Wir sind dabei, das Corona-Virus in unser tägliches Leben zu integrieren – so, wie wir es mit anderen grippalen Infekten immer getan haben.

Vorstellungen, die hilfreich für die Impfmotivation sein könnten:

  • Vielleicht ist es für Impfzweifler zunächst erleichternd, zu sehen, dass es viele Menschen gibt, die sich nicht impfen lassen wollen (siehe Die radikalen Impfgegner vom Alpthal“, Spiegel.de). So kann man sich mit anderen verbunden fühlen und ein mögliches „Trotz-Gefühl“ kann nachlassen. Wer sich ausgeschlossen fühlt, verstärkt bei sich vielleicht den Gedanken: „Jetzt erst recht nicht!“ Doch wer sich angenommen und verbunden fühlt, kann die hartnäckige Position verlassen und vielleicht auch einmal die Perspektive wechseln.
  • Wir können uns medizinisch-wissenschaftliche Vorbilder suchen, die uns Vertrauen in die Impfung geben. Sehr gut und ausgewogen finde ich z.B. die Erklärungen von Doc Esser – er wird manchmal im Radio interviewt und kann auf erfrischende Weise zur Impfung motivieren.
  • Vielleicht können Sie die Impfung von einem Arzt vornehmen lassen, dem Sie wirklich vertrauen.
  • Sie können bei scholar.google.com unter den Suchworten „COVID“ und „Vaccination“ (Impfung) aktuelle Studien selbst lesen.
  • Vielleicht finden Sie Vorbilder, die sich haben impfen lassen.
  • Auch können Sie sich fragen, wie sehr Sie Ihrem Gefühl vertrauen können. Zwar stimmen Gefühle immer – aber es ist die Frage, in welchem Rahmen sie stimmen und wozu sie passen. Starke Gefühle können sich auf vergangene Zeiten, auf früher Erlebtes und Phantasien beziehen. Hier finde ich das Video von Eckhart Tolle schön: „Can we trust our feelings and intuitions?“ Er kommt zu dem Schluss, dass wir unsere Gefühle ernstnehmen und sie würdigen sollen, aber dass wir ihnen nicht immer trauen können.

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Literatur:

Daniels, Alfred (1995)
Perspectives on needle phobia.
The Journal of Family Practice, 41(5), 437.
https://psycnet.apa.org/record/1996-23120-001

von Lengerke T et al. (2021):
Education Level and Attitudes to Vaccination in the General Population:
An Analysis of Representative Surveys Conducted by the German Federal Centre for Health Education, 2012 to 2018. Dtsch Arztebl Int. 2021 Feb 12;118(6):96-97
doi: 10.3238/arztebl.m2021.0134. PMID: 33827750; PMCID: PMC8192737
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8192737/

Stephanie Seneff et al. (June 2022):
Innate immune suppression by SARS-CoV-2 mRNA vaccinations:
The role of G-quadruplexes, exosomes, and MicroRNAs

Food and Chemical Toxicology, Volume 164, June 2022, 113008
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S027869152200206X?via%3Dihub#

Isabel Garrido et al. (Dec 2021):
Autoimmune hepatitis after COVID-19 vaccine – more than a coincidence
Journal of Autoimmunity
Volume 125, December 2021, 102741
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0896841121001499

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 11.9.2021
Aktualisiert am 17.7.2022

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2 thoughts on “„Impfgegner“ – das Unbewusste wird oft übersehen

  1. Karin Wienbreyer sagt:

    In Ergänzung meines obigen Kommentar für den geneigten Leser hier noch ein aktueller Appell der Holocaust-Überlebenden Vera Sharav vom 20.8.2022::
    https://uncutnews.ch/holocaust-ueberlebende-vera-sharav-wenn-wir-nicht-alle-widerstand-leisten-wird-es-nie-wieder-so-sein-vollstaendige-rede-nuernberg-20-august-2022/

  2. Karin Wienbreyer sagt:

    Liebe Frau Voos –
    Ihre o.g. Ausführungen befremden mich sehr. Ich habe so viele hilfreiche Beiträge von Ihnen gelesen – daß Sie zum jetzigen Zeitpunkt noch implizit der seit zwei Jahren aufgeführten Corona-Inszenierung inkl. Impfung das Wort reden, empfinde ich allerdings als fahrlässig und medizinisch unverantwortlich. Es geht doch nicht um diverse von Ihnen angetippte Bedenken, sondern um die Tatsache, daß seit Dezember 2019 unter Federführung der WHO in einer Art gaslighting versucht wird, uns Menschen Angst vor einem zum Leben gehörenden Virus einzujagen, das (wenn überhaupt) nur minimal gefährlicher als jedes Grippevirus ist (s. http://www.wodarg.com).

    Daß der ‚Krieg gegen ein Virus‘ inzwischen in einen ‚Krieg gegen Russland‘ übergegangen ist, kann den tiefenseelisch orientierten Berufsgruppen ebenso wenig entgangen sein, wie die unter dem Deckmantel der Virusbekämpfung erodierte Rechtsstaatlichkeit in unserem Land, von den psychosozialen und wirtschaftlichen Verheerungen ganz abgesehen.

    Sie sind ja nicht nur Ärztin, sondern auch (Anmerkung: In Ausbildung zur) Psychoanalytikerin und dürften mit der ‚Psychologie der Massen‘ ebenso vertraut sein, wie mit den Mechanismen der Täter-Opfer-Dynamik; ich wünsche mir, daß anno 2022 das Jahrhundertwerk von Sigmund Freud von den Vertretern seines Fachs auf Augenhöhe und in aufrichtiger Empathie mit allen Opfern die ihm zustehende Würdigung entgegengebracht und nicht in wie auch immer verklausulierter Weise den Tätern (wieder) nach dem Munde geredet wird… – möge die Übung gelingen!

    Herzlichen Gruß

    Karin Wienbreyer

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