
Jedem 10. Patienten geht es nach einer Psychotherapie schlechter als vorher (Zeitschrift Gehirn & Geist, September 2010). Bei manchen Patienten verschlimmern sich Symptome wie Ängste oder Zwänge, bei anderen macht sich ein dumpfes Gefühl bemerkbar, das sie nicht näher beschreiben können. Es ist oft schwierig, zu sagen, ob das schlechte Befinden auf die Psychotherapie zurückzuführen ist, auf die Technik des Therapeuten, die Person des Therapeuten, die Passung zwischen Therapeut und Patient oder die Besonderheiten des Patienten und seiner Lebensumstände.
Manchmal treten Verschlechterungen auch zwangsläufig ein, wenn sich die Patienten auf einmal mit schwierigen Themen beschäftigen, die sie lange verdrängt haben.
Zeitschriften greifen das Thema auf
Die Zeitschrift „Psychotherapie im Dialog“ behandelt das Thema „Nebenwirkungen der Psychotherapie“ in seiner Ausgabe 4/2015 ausführlich (PiD – Psychotherapie im Dialog 2015; 16(04): 16-19, DOI: 10.1055/s-0041-105242). In der Zeitschrift „Gehirn&Geist“ erklären die Psychiater Carsten Spitzer, der Psychotherapeut Rainer Richter, der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Bernd Löwe und der Psychiater Harald Freyberger im September 2010, was es damit auf sich hat. Eine Zusammenfassung des Beitrags kann auf spektrum.de nachgelesen werden.
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Links:
Beipackzettel für die Psychotherapie
Deutsches Ärzteblatt, August 2010
Misserfolge in der Psychotherapie
Deutsches Ärzteblatt, März 2006
Dieser Beitrag erschien erstmals am 10.8.2010
Aktualisiert am 17.5.2022
Melande meint
Hallo!
Nach meiner Erfahrung vor ein paar Jahren mit einem Psychotherapeuten mit psychoanalytischer Ausbildung (Lehranalyse), der, wie er mir sagte, analytisch/tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (1 Stunde pro Woche, bei mir 1 1/2 Jahre lang) durchführte, weiß ich nachträglich bis heute nicht, was für eine Therapie und ………..ob das überhaupt Therapie war.
Wenn ich mich zurückversetze in die Gespräche, kann ich ganz viele Fehler bzw das Fehlen von hillfreichen notwendigen therapeutischen Reaktionen erkennen. Er ließ mich reden-sprudeln-Affekte „wegsprechen“, ohne aber mit einer Aussage zu reagieren, die mir geholfen hätte und gezeigt hätte, dass meine Äusserungen bei ihm angekommen waren. Es kam mir vor, als wäre er super gut geübt im Nicht-Reagieren.
Ich glaube, dass manche Ärzte irgendeine „Mischform“ von Gesprächstherapie durchführen, Auf meine Nachfrage in der ersten Sitzung sagten sie ………“die tiefenpsychologische Schiene“ (?). Wenn die oder der Therapeut(in) mich und mein Leid ernstnimmt, sich in mich hinversetzen kann, auch in der Lage ist, kritisch zu reflektieren (vielleicht auch mithilfe einer Supervisionsgruppe) , kann ich mir „die Therapie“ natürlich durchaus als hilfreich vorstellen.
Nach Lesen dieses Beitrags und der Kommentare frage ich mich aber, ob meine Erfahrungen eher unter „Missbrauch“ oder unter „Nebenwirkungen“ von Therapie einzuordnen sind.
Liebe Grüße
Melande
NinaHuba meint
Um von einer Nebenwirkung sprechen zu können, muss die Therapie korrekt durchgeführt worden sein. Gerne werden Missbrauch und Nebenwirkung verwechselt. Natürlich hat jegliche Therapie Nebenwirkungen. Daher finde ich auch bedenklich, dass sofort psychologisch/psychotherapeutich interveniert wird. Ganz vorbildlich waren wieder einmal Eltern, deren Kinder plötzlich durch die Coronamaßnahmen gestört wurden. In Wirklichkeit waren sie es selbst, und zwar schon längst vor Corona.
Meistens ist es am besten, man lässt das Ding in Ruhe. Das ist beim Körper auch nicht Anders. Bevor man etwas behandelt, müssen die wahrscheinlichen Nebenwirkungen mit den Nachteilen der Krankheit/Störung sorgfältig verglichen werden.
Gegen den Missbrauch hilft nur radikale Selektion bei der Ausbildung. Sie soll ruhig was kosten und langwierig sein. Öffentliche Spitäler zeigen was passiert, wenn den Job jeder machen kann und jeder genommen wird, weil er unattraktiv ist.
Christianius meint
Guten Tag :-\
Negativer Effekt einer Gruppentherapeutischen Therapie:
1 manchmal kompetenter Therapeut.
+ 4 Männer mit ungesunder Vaterbindung, Mutterkomplexen, ja.
+5 Frauen mit postpupertären Verhaltensweisen. Bindung zur Mutter äußerst destruktiv. Vater unkonsequent evtl gewalttätig.
3 Frauen und 2 Männer im Berufsleben→Etwas an der Realität gekoppelt.
Die restlichen 5 Menschen sind antisozial im Verhalten, ehrlich!
= nach der Therapie beklemmende Angst
Eine kompetente Therapeutin wünschenswert noch. ::-/=
Wunsch der Gedanke
Ihnen angenehme Feiertage :-|
Sabine meint
Ich bin zwar Laie, aber ich denke auch, dass es einer längeren psychotherapeutischen Behandlung bedarf, in der man verstehen lernt, warum man diese Ängste hat.
Viele Grüße,
Sabine
Dunja Voos meint
Lieber Herr Schulz,
ich glaube, die Psychiatrie greift bei der Agoraphobie (Angst vor freien Plätzen) oft zu kurz. Eine tiefenpsychologische (psychoanalytische) Therapie kann da durchaus helfen, wenn der Patient eine gute Bindung zum Therapeuten aufbaut und sich dadurch auf freien Plätzen nicht mehr so verloren fühlt.
Außerdem kann der Patient hier mit dem Therapeuten verstehen, was „freie Plätze“ für ihn bedeuten und warum sie ihm Angst machen. Auch dadurch kann sich die Angst verlieren.
Viele Grüße von
Dunja Voos
Dennis Schulz meint
Guten Tag Fr. Dr. Voos,
die Agoraphobie ist nach meiner Psychiatrieerfahrung als Mitbehandler, die am schwierigst zu therapierende Panikform welche mir in meiner Berufskarriere begegnet ist. Das bei einer Psychotherapie die ganze Sache nachher noch schlimmer aussehen kann wundert mich nicht. Aber der Therapeut versucht es eben oder ? In der Somatik geht auch nicht geheilt raus…
Gruß
Dennis Schulz