Manche sagen, dass wir für unser Unbewusstes keine Verantwortung tragen können, weil es ja eben „un-bewusst“ ist. Auch unsere tiefen Träume sind unbewusst. Sigmund Freud sagt hierzu:
„Muß man die Verantwortlichkeit für den Inhalt seiner Träume übernehmen? Zur Vervollständigung sei nur hinzugefügt, daß der Traum nicht immer unsittliche Wunscherfüllungen bringt, sondern häufig auch energische Reaktionen dagegen in der Form von ‚Strafträumen‘. … Das Problem der Verantwortlichkeit für den unsittlichen Trauminhalt besteht aber nicht mehr für uns, wie einst für die Autoren, die nichts von latenten Traumgedanken und vom Verdrängten in unserem Seelenleben wußten. Selbstverständlich muß man sich für seine bösen Traumregungen verantwortlich halten. Was will man sonst mit ihnen machen? Wenn der — richtig verstandene — Trauminhalt nicht die Eingebung fremder Geister ist, so ist er ein Stück von meinem Wesen. Wenn ich die in mir vorfindlichen Strebungen nach sozialen Maßstäben in gute und böse klassifizieren will, so muß ich für beide Arten die Verantwortlichkeit tragen, und wenn ich abwehrend sage, was unbekannt, unbewußt und verdrängt in mir ist, das ist nicht mein ‚Ich‘, so stehe ich nicht auf dem Boden der Psychoanalyse, habe ihre Aufschlüsse nicht angenommen und kann durch die Kritik meiner Nebenmenschen, durch die Störungen meiner Handlungen und die Verwirrungen meiner Gefühle eines Besseren belehrt werden. Ich kann erfahren, daß dies von mir Verleugnete nicht nur in mir ‚ist‘, sondern gelegentlich auch aus mir ‚wirkt‘.“
Sigmund Freud: Die sittliche Verantwortung für den Inhalt der Träume. Gesammelte Werke, Werke aus den Jahren 1925-1931, S. 567