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Aktuelle Seite: Startseite / Begriffe / Warum versteht man Texte über Psychoanalyse so schlecht?

Warum versteht man Texte über Psychoanalyse so schlecht?

24.07.2019 von Dunja Voos Kommentar verfassen

„Ebenen-Wechsel sind zu vermeiden“ – ein Satz, den viele Journalisten in ihrer Ausbildung hören. Ein ungewollter Ebenenwechsel findet zum Beispiel statt, wenn wir versehentlich „Sie“ (Ansprache) und „sie“ (die anderen) an den verschiedenen Stellen nicht richtig schreiben. Das kann rasch verwirren. Auch Akkusativ-Objekte am Satzanfang führen den Leser in die Verwirrung: „Autos fahren die Kinder“ könnte heißen: Die Kinder fahren selbst aktiv Autos, also nicht Fahrräder. Es könnte aber auch heißen, dass selbstfahrende Autos nun die Kinder durch die Gegend kutschieren.

Subjekt, Prädikat, Objekt

Um hier Eindeutigkeit herzustellen, holt man am besten das Subjekt nach vorne: „Die Kinder fahren Autos.“ Immer noch ungewöhnlich, aber es wird klarer, wer wen fährt. Da es in der Psychoanalyse immer um Beziehung geht, kann es hier sehr rasch kompliziert werden. Es geht um die Frage: „Wer frisst wen?“, „Wer hält die Gefühle von wem?“ und „Wer projiziert etwas in den anderen?“ Wer hier nicht genau formuliert, ruft schnell Fragezeichen im Leser hervor.

„Ich versteh’s immer noch nicht!“

Während des Medizinstudiums dachte ich noch: Ich verstehe psychoanalytische Texte nicht, weil es so viele Begriffe gibt, die ich noch nicht kenne. Außerdem muss man Vieles selbst in der eigenen Analyse gefühlt und erfahren haben, bevor man wirklich verstehen kann, wovon die Rede ist. Also habe ich einfach ein paar Jahre gewartet. Stutzig werde ich jetzt, wenn ich psychoanalytische Texte immer noch nicht verstehe.

Logisch

Ähnlich wie die Philosophen können die Psychoanalytiker sagen, dass ihr Fach eben ganz besonders komplex sei. Und das ist es in der Tat. Das heißt aber auch, dass die Psychoanalyse auch für die Analytiker selbst kompliziert ist. Bei Texten gilt generell: Manche Texte lassen sich genau dann nicht so ganz verstehen, wenn der Autor sich selbst noch nicht so ganz klar ist, was da eigentlich vor sich geht.

Der Mathematiker Peter Scholze, der 2018 die Fields-Medaille erhielt, sagte in einem Radiointerview, dass er vieles selbst lange nicht verstehe und erst durch einen langen Prozess gehen muss, bis ihm die Teile nacheinander klar werden. Viele der weltbesten Mathematiker können ihm oft nicht folgen. Und auch die Psychoanalyse ist hochkomplex – was ist schwieriger zu beschreiben, als psychische Vorgänge, die in der Beziehung zwischen zwei Menschen stattfinden? Wenn dann noch Übersetzer kommen, die selbst vielleicht keine Psychoanalyse gemacht haben, kann die Verwirrung perfekt werden.

Hier ein Beispiel aus dem psychoanalytischen Literatur-Alltag:
Paul Williams (2005): Einverleibung eines invasiven Objekts.
Psyche – Zeitschrift für Psychoanalyse 2005, 59(4):293-315 (Aus dem Englischen von Elisabeth Vorspohl)

„Der Autor erläutert das Erleben einer ‚Invasion‘, das mitunter von bestimmten schwer gestörten Patienten geschildert wird. Sie beschreiben ihr Erleben als ein körperliches Leiden und erklären zum Beispiel, daß sie einen ‚Fremdkörper‘ in ihrem Innern wahrnehmen.
Nach Ansicht des Autors machten diese Patienten die frühe Erfahrung, dass ihre Projektionen nicht aufgenommen und contained wurden, während sie gleichzeitig primitive Eigenschaften des Objekts inkorporierten, die mit Gewalt in sie hinein projiziert wurden.
Ein Objekt, das auf diese Weise eindringt, steht unter einem zwanghaften Bedürfnis, unerträgliche innere Zustände auszustoßen, indem es andere als deren Behälter benutzt. Der Säugling inkorporiert diese gewaltsamen Projektionen als Teil seines eigenen mentalen Repräsentationssystems, wodurch die normalen Identifizierungsvorgänge beeinträchtigt werden.“

Beispiele helfen

Was den Text hier so schwierig macht, ist das Fehlen von konkreten Beispielen. Konkrete Beispiele gehen zwar oft auf Kosten der Genauigkeit, aber ein konkretes Beispiel kann den Leser dazu befähigen, in abstrakter Weise weiterzudenken. Der ungeübte Leser stolpert über: „… dass ihre Projektionen nicht aufgenommen wurden“.
Das kann sehr vieles bedeuten. Wenn ein Kind zum Beispiel innerlich etwas „Böses“ feststellt (Wut, Angst, Hunger oder Druck im Bauch), dann braucht es die Mutter unbedingt, damit sie ihm hilft, diesem „Bösen“ Abhilfe zu schaffen. Eine gesunde Mutter kann „das Böse“ (aber auch „das Gute“) bzw. „die Projektionen“ des Kindes aufnehmen, sich ins Kind einfühlen und mit dem Kind über seine Gefühle „sprechen“ bzw. sie kann dem Kind dann geben, was es braucht. Hier findet ein psychischer Verdauungsvorgang statt. Wenn das Kind eine unempathische Mutter hat, bleibt es auf seinen Regungen sitzen. Die emotionale Tür der Mutter ist zu.

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt

Bei den „primitiven Eigenschaften des Objekts“ ist es noch schwieriger. Was soll damit gemeint sein? Dazu können z.B. primitive Abwehrmechanismen, aber auch einfache Vorstellungen gehören, die „das Objekt“ (also z.B. die Mutter) hat: „Du bist böse!“, denkt die „primitive“ Mutter vielleicht, die selbst nicht auf einfühlsame Eltern zurückblicken kann. Sie spiegelt dem Kind wider: „Du bist böse!“ Und das Kind bekommt ein schlechtes Bild von sich selbst. Die Mutter (das „Objekt“ [das „Subjekt“ ist das Kind, der Patient]) kann ihre einfachen Vorstellungen oder unkontrollierten Gefühle „mit Gewalt“ in das Kind „hinein projizieren“. Und auch hier ist nicht ganz klar: Was soll das heißen? Sie kann das Kind anbrüllen, es drängend „überzeugen“, subtil beeinflussen, verprügeln, strafen oder überfüttern. Hier geht es aber immer noch um das Subjekt, also das Kind, also den späteren Patienten, der die Erfahrung machte, dass etwas in ihn hineinprojiziert wurde.

Blitzschnell

Im nächsten Satz kommt es dann zum Ebenenwechel: Jetzt ist vom Objekt (= „dem anderen“) die Rede, also z.B. von der Mutter. Der Wechsel findet aber so schnell statt, dass der Leser überfordert sein kann und genauer hinschauen muss. „Ein Objekt, das auf diese Weise eindringt, steht unter einem zwanghaften Bedürfnis, unerträgliche innere Zustände auszustoßen, indem es andere als deren Behälter benutzt.“
„Wer oder was ist hier mit ‚Objekt‘ gemeint?“, fragt sich der Leser. Der Handelnde wird ja normalerweise im allgemeinen Sprachgebrauch als „Subjekt“ bezeichnet. In der Psychoanalyse ist das „Subjekt“ derjenige, dessen Sichtweise wir einnehmen und „Objekte“ sind die anderen Menschen. In diesem Fall wird hier wieder von der Mutter gesprochen: Sie ist das „Objekt“, das innere Zustände nicht aushält und alles Emotionale bei ihrem Kind (dem späteren Patienten) ablädt. Das „Auf-diese-Weise“ wurde vorher gar nicht erläutert, denn es war die Rede davon, was das Kind da empfängt und nicht davon, was die Mutter (das „Objekt“) aktiv macht.

Einfach gesagt

Zusammenfassend soll vermutlich dieser Zusammenhang dargestellt werden: Das Kind fühlt sich enorm von der Mutter bedrängt. Ihm werden Gefühle und Vorstellungen aufgezwungen. Die Mutter drängt dem Kind ihre Gefühle, Ansichten und Phantasien auf, während das Kind bei der Mutter sozusagen emotional auf taube Ohren stößt. Dadurch hat es später Schwierigkeiten, zu unterscheiden, was seine eigenen Regungen, Phantasien und Gefühle sind und welche „Emotions- und Vorstellungshäppchen“ von der Mutter kamen.

Es fällt dem Kind später schwer, sich mit der Mutter zu „identifizieren“, also willentlich ein Stück weit so zu sein wie sie, da es ja schon Elemente von ihr gewaltsam in sich „reingedrückt“ bekam („Der Säugling inkorporiert diese gewaltsamen Projektionen als Teil seines eigenen mentalen Repräsentationssystems, wodurch die normalen Identifizierungsvorgänge beeinträchtigt werden“).

Etwas verständlicher wäre vielleicht: „Der Säugling inkorporiert diese gewaltsamen Projektionen, die zu einem Teil seines eigenen mentalen Repräsentationssystems werden, wodurch die normalen Identifizierungsvorgänge beeinträchtig werden.“

Und während es normalerweise die Kinder sind, die von einem „Drang“ überwältigt werden, ist es hier die Mutter, die ein dringendes Bedürfnis hat. Ein Übergang zur anderen Ebene könnte z.B. eingeleitet werden mit: „Wenn das Objekt (z.B. die unreife Mutter) das unaushaltbare Bedürfnis hat, zwanghaft etwas auszustoßen, dann geht es dem Kind so und so …“

Fazit: Wenn der Leser etwas nicht versteht, liegt es nicht unbedingt an der nicht ausreichenden Bildung oder Intelligenz des Lesers. Oft liegt es auch am Autor, der im Schreiben nicht geschult ist und den Leser mit sprunghaften Gedanken überfordert. Dann ist es umso wichtiger, dass es in der Redaktion Übersetzer, Redakteure und Lektoren gibt, die dabei helfen, den Textsalat zu entwirren. Vielleicht ist es ja auch so, dass die Autoren (Psychoanalytiker) die Verwirrung, die sie mit ihren Patienten erleben, gerne auch mal an den Leser weitergeben.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 23.8.2018
Aktualisiert am 24.7.2019

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Kategorie: Begriffe, Psychoanalyse Stichworte: Psychoanalyse

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