
Es ist die Abhängigkeit, gegen die sich die Patienten in der Psychoanalyse besonders am Anfang am meisten wehren. Zu spüren, dass wir eben nicht so unabhängig sind wie wir uns oft fühlen, ist eine harte Erkenntnis. Der Psychoanalytiker Roger Ernle Money-Kyrle (1898-1980) prägte den Begriff der „Facts of Life“, der Grundtatsachen des Lebens, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.
Erste Lebenstatsache: Wir waren zu Beginn des Lebens abhängig von der Brust der Mutter. Wir konnten uns nicht selbst stillen. (So ist es auch in der Psychoanalyse: Bald stellt man in fest, dass man sich die Deutungen nicht selbst geben kann. Wir können nur aus unserem Haus herausschauen. Was andere an uns entdecken, müssen wir von ihnen hören.) Hier kämpfen wir mit einer Art „Narzissmus-Komplex“. (Leopold Morbitzer: Laios und Lord Voldemort. In: Rebellion gegen die Endlichkeit, Psychosozial-Verlag 2018, S. 97)
Zweite Lebenstatsache: Wir leben, weil uns unsere Eltern gezeugt haben. Wir sind von der lebensschöpfenden Beziehung der Eltern ausgeschlossen und konnten uns nicht selbst schöpfen. Beim „Ödipus-Komplex“ geht es um die Anerkennung dieser Tatsache.
Dritte Lebenstatsache: Wir alle müssen sterben. Wir kämpfen darum, anzuerkennen, dass auch wir einmal sterben müssen. Es wird uns besonders dann deutlich, wenn wir unsere Kinder aufwachsen sehen. Das Aufwachsen unserer Kinder können wir unbewusst auch als Bedrohung empfinden. Das „Ringen um die Anerkennung, dass alles, auch das eigene Leben einmal zu Ende gehen muss“, bezeichnet der Psychoanalytiker Leopold Morbitzer als den „Laios-Komplex“.
Schreibe einen Kommentar