„Wenn der wüsste …“, denken wir manchmal. Wir fühlen uns in manchen Phasen klein, inkompetent, aber auch irgendwie aggressiv, schuldig und böse. Manchmal haben wir Phantasien, von denen wir selbst gar nichts wissen. Wenn uns dann jemand augenscheinlich nett und sympathisch findet, denken wir, derjenige hätte Tomaten auf den Augen. Als ob mit ihm etwas nicht stimme, als sei er zu dumm, uns zu erkennen, wie wir wirklich sind. Wir könnten fast verächtlich auf den anderen hinabschauen. Einerseits ist es ein gutes Gefühl, ein Inneres zu haben, das wir vor dem anderen verbergen können, andererseits fühlen wir uns nicht gut, wenn uns jemand nicht „wirklich“ sieht.
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Was uns unbehaglich ist, ist das Unsichere, das Überraschende und nicht-Kontrollierbare. Vielleicht sieht der andere in uns gerade etwas, das wir selbst gar nicht sehen können. Und vielleicht sieht er uns mit ganz anderen Augen, als wir uns selbst sehen, als uns der alte Partner anblickte oder als uns überkritische Eltern sahen. Es ist uns bekannt oder vertraut, wie die Mutter/der Vater uns anblickte. Mit unseren Eltern erbab sich ein sich wiederholendes, festes Beziehungsmuster, das uns Sicherheit gab. Schauten uns die Eltern liebevoll an, gestalten sich spätere Beziehungen leichter. War ihr Blick verächtlich, lieblos, feindselig, hasserfüllt, missbilligend, vielleicht sogar angeekelt, ist es schwieriger mit unserem Selbstbild.
Altes aufgeben
Und wenn wir dann erwachsen sind, dann machen wir manchmal etwas Komisches: Wir wollen, dass uns der andere genauso sieht, wie uns die Mutter/der Vater angeblickt hat – auch, wenn es negativ war. Manchmal bestehen wir richtig darauf, dass der andere endlich „das Schlechte“ in uns sieht, so wie die Eltern es taten. Dann sind wir in bekanntem Fahrwasser. Wir wollen, dass der andere „das Schlechte“ in uns sieht und uns trotzdem mag. Aber vielleicht hat der andere einen gänzlich anderen Blick. Wenn wir aufhören, darauf zu bestehen, dass der andere uns so sieht, wie wir es erwarten, dann können wir wunderbare neue Überraschungen erleben.
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