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Aktuelle Seite: Startseite / Ärzte / „Als Psychotherapeut muss man sich abgrenzen“ – muss man?

„Als Psychotherapeut muss man sich abgrenzen“ – muss man?

22.10.2018 von Dunja Voos 3 Kommentare

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„Als Therapeut muss man sich schützen. Sonst kann man das ganze Leid nicht ertragen. Sonst machen die Patienten mit einem, was sie wollen.“ Sätze wie diese fallen immer wieder – in Praxen, Kliniken und auf Fortbildungsveranstaltungen. Auch Patienten glauben häufig, dass der Therapeut „seine Gefühle abschalten“ müsse, damit er wirklich helfen kann. Doch ist das so? (Text & Bild: © Dunja Voos)

Identitätsklau

„Ein Patient möchte seine Tochter nach mir benennen! Ich finde, das geht zu weit, das kann er nicht machen!“, sagt eine Psychotherapeutin in einer Fortbildungsveranstaltung. „Warum denn nicht?“, fragt der Dozent. Darauf konnte sie kaum antworten. Es war einfach ein Gefühl, das sie quälte. Sie fühlte sich irgendwie bestohlen, nachgemacht, „angefressen“. Sie fühlte sich, als würde ihr etwas weggenommen, als würde mit ihr etwas geschehen, was sie selbst nicht wollte.

Unkonkretes fühlt sich an wie Konkretes

Hier wird deutlich, wie auch für Psychotherapeuten Symbolisches und Gedankliches zum Problem werden kann. Obwohl es sich nicht um sichtbare Dinge handelt (von einem Kind mit dem selben Namen einmal abgesehen), sondern nur um Ideen, Symbole, Wünsche und Gedanken, fühlt es sich an wie eine Gefahr oder eine Verletzung der Integrität.

Psychotherapeuten zeigen sich oft nicht mit Bildern im Internet. „Wer weiß, was Patienten damit machen?“, fragen sie ängstlich.

Der Patient fühlt sich wie ein Monster

„Borderline-Patienten manipulieren einen. Da muss man echt aufpassen, sonst packen sie Dich und machen mit Dir, was sie wollen. Da weißt Du am Ende nicht mehr, wo oben und unten ist. Deshalb muss man sich vor ihnen schützen“, sagt ein Psychotherapeut. „Irgendwie habe ich immer das Gefühl, ich wirke auf Therapeuten wie ein Monster. Dabei habe ich einfach nur Angst“, sagt ein Patient mit einer Borderline-Störung. Was also ist es, wovor der Therapeut „sich schützen“ will?

Das Gefühl der Gefahr hat mit dem Unbewussten zu tun

Das Gefühl, sich schützen zu wollen, hat mit dem eigenen Unbewussten zu tun. Je weniger man es kennt, desto schwieriger kann die Beziehung zum Patienten werden. Eine Psychotherapie-Ausbildung sieht nur wenige Selbsterfahrungsstunden für einen Psychotherapeuten vor. Patienten mit schwerem psychischen Leiden sind aber oft sehr feinfühlig und können das Unbewusste des Therapeuten häufig gut erfassen. Das ist es, was den Psychotherapeuten Angst macht und in ihnen das Gefühl weckt, sie müssten sich schützen. Sehr deutlich werden die Probleme, wenn Psychiater auf psychotische Patienten treffen. Da kommen Angst und Nicht-Verstehen so sehr zum Tragen, dass der Patient kurzerhand mit Medikamenten ruhig gestellt wird.

Sowohl beim Patienten als auch beim Psychoanalytiker findet eine Art „Ich-Spaltung“ statt: Es gibt einen Teil im Inneren, der erlebt und einen Teil, der weiß, dass es ja „nur Psychoanalyse“ ist. Also ich kann „wirklich“ sauer auf den Analytiker/auf den Patienten sein und es doch als eine „*Übertragung“, eine Art „Spiel“ oder „künstlich hergestellte Situation“ begreifen. So, wie wir im Inneren uns selbst beobachten können, so können wir auch sagen: Gerade hasse ich den anderen, aber im Grunde weiß ich, dass ich ihm vertrauen kann bzw. dass dies nur die Folge einer Reinszenierung ist.“ Manchmal geht der innere Abstand verloren und der Psychoanalytiker oder Patient fühlt sich „ganz gefangen“ in der Szene. Dann kann man im Moment vielleicht noch beobachten, was geschieht, aber erst in der Nachbereitung kann der Abstand wiederhergestellt werden.

Psychoanalytiker sind aufgrund ihrer Ausbildung möglicherweise häufig angstfreier

Je besser man sich selbst kennt, umso geringer wird die Angst vor dem Patienten. Ein – wenn auch sehr oberflächlicher – Vergleich: Wenn man eine schiefe Nase hat und sich ausführlich damit auseinandergesetzt hat, dann kränkt es einen kaum noch, wenn jemand kommt und sagt: „Du hast aber eine schiefe Nase!“ Hat man seinen „Makel“ jedoch immer schmerzvoll verdrängt, kann eine Bemerkung sehr verletzend wirken.

Und so ist es auch mit der Psyche: Je besser man durch eigenes Leid begleitet wurde, desto besser kann man das Leid des Patienten verstehen. Je mehr man erfahren hat, dass die Psychotherapie bzw. Psychoanalyse ein Feld der Unsicherheit und der Angst ist, wo es dennoch sehr oft zu einem befriedigenden Ausgang kommt, desto gelassener kann man damit umgehen. Nicht immer – es gibt immer wieder Phasen, die auch den erfahrensten Therapeuten zutiefst verunsichern und erschüttern.

Säuglingsforschung und Entwicklungspsychologie helfen

Angst geht durch Verstehen häufig zurück. Wer die Säuglings-/Kleinkind- und Bindungsforschung kennt, der weiß, was Kinder mit der Mutter/dem Vater „machen“, um psychisch zu reifen. Nichts anderes „machen“ Patienten mit dem Therapeuten bzw. Psychoanalytiker auch. Psychoanalytiker haben häufig weniger das Bedürfnis, sich „zu schützen“. Sie wissen, dass es zum Reifungsprozess des Patienten gehört, dass der Patient ihn „benutzt“. Der Analytiker stellt sich sogar bewusst zur Verfügung, um sich psychisch vom Patienten „benutzen“ zu lassen. Der Patient baut den Therapeuten sozusagen teilweise in seine Psyche ein.

Es gibt „das Böse“ und „böse Patienten“, die aus Mangelerfahrugnen und unglücklichen Entwicklungen heraus dem Psychotherapeuten/Psychoanalytiker wirklich schaden können. Allein das Wissen, dass Patienten ebenso wenig „liebe Engel“ sind wie andere Menschen auch und dass traumatisierte Menschen die erlebte Gewalt oft in sich tragen und reinszenieren, ist ein wichtiger „natürlicher“ Schutz. Vorsicht, Bedacht, ein gutes Selbstgefühl, Austausch mit Kollegen und ein konsequenter Rahmen können ebenfalls als Schutz wirken. Wie weit sich ein Therapeut einlassen oder schützen möchte, hängt von unzähligen Faktoren ab.

Wie geht es einem Analytiker damit, wenn er weiß, dass er in den Phantasien des Patienten vorkommt?

Darauf gibt es sicher keine allgemeine Antwort. Vieles hängt von den Ängsten des Therapeuten, von seinen Verletzungen, Lebensphasen, vom Analyseprozess sowie von der Person des Patienten und von seinem „Ähnlichkeitsgrad“ ab. Daher ist es so wichtig, dass Patient und Analytiker gut zusammenpassen und sich sympathisch sind. Das Schicksal des Patienten kann dem Schicksal des Analytikers in vielerlei Hinsicht ähnlich sein, doch wenn sich Patient und Analytiker zu ähnlich sind, kann sich der Analytiker überwältigt fühlen. Das wäre zum Beispiel ein Grund, den Patienten gleich am Anfang zu einem anderen Therapeuten zu schicken.

Eine gute Bindung

Wenn eine psychoanalytische Behandlung gut läuft und der Psychoanalytiker merkt, dass der Patient sich viele Phantasien über ihn macht, zeigt ihm das, dass eine Bindung entstanden ist. Der Patient benutzt Vorstellungen über den Psychoanalytiker, um sich zu entwickeln. Das ist einerseits Alltag für den Psychoanalytiker und irgendwie „normal“, andererseits kann es die verschiedensten Gefühle hervorrufen.

„Man selbst ist als Person ja nicht gemeint“, sagen manche Psychoanalytiker. „Es findet eben alles in der Übertragung statt.“ Die Person des Analytikers ist nach diesem Modell sozusagen eine „Schablone“. Der Analytiker ist dann ein „Stellvertreter-Bild“ für andere Personen, mit denen der Patient frühere Beziehungen erlebte. Diese Sichtweise kann allerdings manchmal auch ein Schutz-Argument sein. Manche Analytiker sagen, dass Hass und Liebe nicht ihrer Person selbst gelten, sondern nur als Übertragungsliebe und Übertragungshass zu verstehen sind. Die Patienten jedoch erleben das meistens ganz anders: viel echter. Und auch viele Analytiker verstehen es in Zeiten der Intersubjektiven Psychoanalyse mehr als Mischung aus Übertragung und „echter“ Beziehung. Zwar bestehen auch Alltags-Beziehungen aus einer Mischung aus Übertragung und „echter“ Beziehung, doch in der Analyse ist der Übertragungsanteil sehr groß.

Eigene Ängste nutzen

In der Psychoanalyse spielen nicht nur die Gefühle des Patienten, sondern auch die des Analytikers eine wichtige Rolle. Die Gefühle des Analytikers („Gegenübertragungsgefühle“) können dazu dienen, die Entwicklung des Patienten, aber natürlich auch seine eigene Entwicklung zu fördern. Daher ist in der Psychoanalyse der Gedanke „ich muss mich schützen“ vielleicht da, aber er kann dann genau unter die Lupe genommen werden.

Weniger Schutzbedürfnis mit zunehmender Erfahrung

Mit zunehmender Erfahrung kann das Bedürfnis des Psychotherapeuten/Psychoanalytikers, sich zu „schützen“ zurückgehen, weil er es zulassen kann, sich emotional berühren und auch erschüttern zu lassen. Dort, wo ein Schutzbedürfnis entsteht, kann der Therapeut/Analytiker sich selbst wieder analysieren (lassen), bis er an dieser Stelle wieder angstfreier wird. So könnte man vielleicht sagen: Je besser die Ausbildung, je größer die Erfahrung, desto geringer das Schutzbedürfnis. Beispielsweise hat eine Studie gezeigt, dass erfahrene Therapeuten öfter mit ihren Patienten weinen als unerfahrene (Blume-Marcovici AC et al., 2013). Eine eigene Lehranalyse, die Schutz und Wärme bietet, macht den Analytiker freier. Dafür sind die Patienten meistens sehr dankbar.

„Von dem ganzen Abgrenzen werdet ihr nur müde.“ Ein Professor für Allgemeinmedizin zu seinen Studenten.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 30.8.2016
Akktualisiert am 22.10.2018

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Kategorie: Ärzte, Begriffe, Borderline, Psychoanalyse, Psychose, Psychotherapie Stichworte: Borderline, Psychoanalyse, Psychose, Psychotherapie

Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. ivyglas meint

    28.10.2018 um 12:13

    Vielen Dank, so wahr, so wichtig in Psycho-Berufen! Lg

  2. Dunja Voos meint

    22.10.2018 um 21:49

    Liebe Fischmondfahrt ;-),
    also ein Kind „benutzt“ ja seine Eltern, es „verwendet“ sie ja. Es testet an ihnen Phantasie und Wirklichkeit, Mädchen-Sein, Junge-Sein, „Mülleimer-Funktionen“, Wiedergutmachungsversuche, Wütend-Machungs-Versuche, Verführung, Verheimlichungen, Gedankensicherheit, Reizbarkeit, Abschiedsverhalten, Gefühle bei Abwesenheit etc. Daran lernt das Kind sich selbst und seine Gefühle sowie die Reaktionen des anderen kennen. Es lernt dabei auch, zu mentalisieren. Und es fragt sich immer: Überlebt Mutter/Vater meine Angriffe? Meinen Neid? Meine Eifersucht, meine Liebe, meine Tötungswünsche, meine Beziehungs- und Trennungswünsche etc.? Kann der andere ein getrennter Mensch bleiben oder wird er übergriffig? Alles Fragen, die ein Kind bei Mutter/Vater ausprobiert. Der Analytiker ist jemand, der sich für diese „Forschungen“ benutzen lassen kann: Er wird zum Liebesobjekt, zum Hassobjekt, zum Verfolger etc. Der Patient kann den Analytiker als „Mülleimer“ benutzen, als „Sorgenfresser“, als Feind, Freund oder phantasiertes Liebesobjekt. Meistens kommt der Patient ja, weil die eigenen Eltern hier irgendwo nicht so reagierten, wie es für das Kind gesund gewesen wäre. Wenn der Betroffene dann als Patient wiederholt etwas ausprobieren kann, was früher schief ging, dann kann er Altes wiederherstellen, es untersuchen und schließlich auch Unterschiede feststellen und häufiger erleichternde gute Ausgänge erleben. Manche Patienten werden einfach dadurch stückweise gesund, dass sie merken: Der Analytiker überlebt meine Angriffe, meinen Hunger etc. Das erfährt der Patient aber nur, wenn der Analytiker bereit ist, sich „benutzen“ zu lassen, also sich z.B. nicht wehrt, wenn der Patient ihm eine bestimmte Rolle überstülpt, z.B. eine sadistische Rolle, um etwas bewusst werden zu lassen.
    Also um in Ihren Worten zu bleiben: Der Patient muss ja die alten Beziehungsstrickmuster erstmal wiederherstellen, um zu erkennen, was da überhaupt passiert. Wenn das dann analysiert und erfasst wurde, dann kann er ein Gefühl dafür bekommen und Dinge auch bewusst verändern.
    Herzliche Grüße, Dunja Voos

  3. Fischmondfahrt meint

    22.10.2018 um 18:39

    Liebe Dunja Voss,
    sehr interessant der Artikel! Mir ist nur nicht klar, inwiefern ein Patient einen Therapeuten „benutzen“ soll. Ist nicht Sinn der Sache, dass statt funktionalisierender „Beziehung“ eine wirkliche Bezogenheit erlernt, gefördert werden soll? Wieso macht es Sinn, in alten Beziehungsstrickmustern hängen zu bleiben indem sie weiter praktiziert werden? Vielleicht fehlt mir einfach nur ein Beispiel um zu verstehen was gemeint ist.
    Herzlicher Gruss, Fischmondfahrt

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