
„Ich will meine Angst im Griff haben!“, sagen viele Menschen mit einer Angststörung. Manchmal lernen sie gebetsmühlenartig den Satz: „Ich beherrsche die Angst, nicht umgekehrt!“ Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck sagte in seiner Weihnachtsansprache 2016: „Wir spüren die Wut, aber die Wut hat uns nicht“ (Quelle: www.ksta.de/25366714). Wenn das mal so einfach wäre! Es gibt verschiedene Gefühls-Stärken und Ich-Stärken und es ist wichtig, diese zu beobachten und anzuerkennen. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Eine Frage des Bewusstseins
Es ist ähnlich wie mit dem Träumen. Gegen Morgen haben wir manchmal Luzide Träume (Klarträume). Wir wissen dabei, dass wir träumen und können den Traum sogar beeinflussen. Zwischen mir als Person und meinem Traum besteht ein Abstand: Hier bin ich, der Träumer und dort ist mein Traum, den ich anschauen und teilweise kreieren kann. Doch es gibt Tiefschlafphasen, da kommen wir nicht im Traum auf die Idee, dass wir träumen – da SIND wir ganz Traum. Wir erleben uns mitten in der Traumwelt. Unser Unbewusstes überwiegt.
Mal so, mal so
Manche Angstattacken sind so, dass wir sie noch „im Griff“ haben. Dann aber gibt es Phasen, bei denen manche Menschen mit einer Angststörung „ganz Angst“ sind. Sie werden regelrecht überflutet von der Angst, sie fühlen sich von ihr umgeben und umhüllt. Nichts scheint mehr zu helfen, die Betroffenen fühlen sich isoliert mit ihrer Angst. Es ist, als würde ihnen alles entgleiten. Sie können – wie in einem tiefen Traum oder Alptraum – nur warten und hoffen, dass die Schauer vorüber geht.
Was hilft?
Manchmal hilft ein Gedanke aus der Angst – die Erinnerung an etwas Gutes oder der Gedanke an etwas Hoffnungsvolles. Manchmal hilft der liebevolle Blick eines warmherzigen Menschen, manchmal helfen körperliche Reize wie heißer Tee, gute Düfte oder warmes Wasser. Aber es ist für die Betroffenen unbestritten: Manchmal kann das Gefühl der Angst (oder auch der Wut) einen überschwemmen. Die schönste Hirnakrobatik nutzt hier nichts.
Es ist wichtig, diese Zustände anzuerkennen und sie zu erforschen, um sie besser zu verstehen. So wird es manchmal möglich, in der Angst „einen Draht nach außen und zu sich selbst“ herzustellen. So gelingt es manchmal, sein „Ich“ wiederzufinden und eine Verbindung zur Außenwelt aufzubauen. So können wir manchmal auch in der Flut der Angst das Gefühl wiederherstellen, einen Halt zu haben und nicht isoliert zu sein. Und wenn es nicht gelingt, ist nichts „falsch“ mit einem – dann sucht man weiter, auch, wenn man schon seit vielen Jahren auf der Suche ist.
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