
„If you’ve got no stomach for anxiety, you’re in the wrong profession“, so zitiert die Psychoanalytikerin Edna O’Shaughnessy den britischen Analytiker Ruprecht Bion im Video „Encounters through generations“. „In Ihrem Magen herrscht Krieg“, sagt Marco Rima. „Und in Ihrem Magen wird entschieden über Krieg oder Frieden“ (Youtube, 5:41). (Text & Bild: © Dunja Voos)
Mitschwingen
Wer als Psychoanalytiker einen neuen Patienten aufnimmt, der fühlt in sich hinein. „Was regt der Patient in mir an? Wo kann ich mitschwingen? Welche körperlichen Reaktionen ruft der Patient in mir hervor?“, fragt sich der Psychoanalytiker. Sein Körper ist sozusagen der Resonanzboden für den Patienten. Er reagiert ähnlich wie eine Mutter, die sich auf ihr Baby einstellt. „Dass ich immer so viel fühlen muss, das ist anstrengend“, sagt eine Psychotherapeutin. In der Psychoanalyse ist man ständig „am Fühlen“. Man versucht, das, was der Patient einem gibt, zu halten (zu containen). Man selbst ist der Container für die Gefühle, Erzählungen und Gedanken des Patienten.
Man braucht genügend Platz
„Als Psychotherapeutin musst Du immer leer sein“, rät mir eine erfahrene Therapeutin. Anfangs ahnte ich nur, was sie meint. Inzwischen spüre ich es sehr deutlich: Wenn man als Psychoanlaytiker „voll“ ist, wenn man selbst zu viele eigene Sorgen hat, wenn man angespannt ist, aber besonders auch wenn man sich körperlich nicht wohlfühlt, ist es viel schwerer, etwas von dem Patienten aufzunehmen.
„Und was, wenn das eigene Körbchen voll ist?“, fragt eine angehende Psychoanalytikerin. Mitunter kann man dann schlechter arbeiten.
Unbarmherzig
Manchmal, wenn der Patient zu seiner Stunde wie „unbarmherzig“ auf der Matte steht, ist es, als wenn ein Säugling zu seiner Zeit erwacht und gestillt werden will – ganz egal, wie es der Mutter geht. In wohl kaum einem anderen Beruf ist es so wichtig, auf den eigenen Körper zu hören wie in der Psychoanalyse. Hier muss man besonders darauf achten, ob man noch einen Patienten mehr „aufnehmen“ kann.
Verhaltenstherapeuten arbeiten weitaus weniger mit ihrem Magen als Psychoanalytiker. In der Verhaltenstherapie spielen sich die Sitzungen mehr „im Kopf“ ab.
Gefühle gehen durch den Bauch
Man hat Wut im Bauch und Liebe geht durch den Magen. Die Gefühle, die der Patient (noch) nicht spüren kann, spürt der Analytiker häufig besonders deutlich. Nicht selten kommt es in der Analyse zu lauten Magen-Darmgeräuschen, sowohl beim Patienten als auch beim Analytiker. Er nutzt seine „Bauch-Gefühle“, um den Patienten verstehen zu lernen. Hilfreich ist ein ausgeglichenes vegetatives Nervensystem. Es lässt sich gut durch Tai Chi Chuan, Wai Tan Kung (Wan-An Lu and Cheng-Deng Kuo, 2006) oder Yoga (Streeter et al. 2012) beeinflussen.
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