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Aktuelle Seite: Startseite / Begriffe / Wohin mit der eigenen Brutalität?

Wohin mit der eigenen Brutalität?

14.11.2016 von Dunja Voos Kommentar verfassen

brutalitaetWenn unser Kind von anderen Kindern geschlagen wird, regt uns das auf und es tut uns selbst weh. Aber es ist relativ „leicht“: Der andere ist Schuld und unser Kind erhält Mitleid. Unsere „Spiegelneurone“ gehen sozusagen an, wir sind empathisch mit dem Kind. Was wir nicht haben müssen: Schuldgefühle. Schwieriger wird es, wenn unser Kind andere Kinder schlägt. Dann fühlen wir ganz anders. Wir sind vollkommen ratlos. Wir fühlen uns schuldig. Wir werden selbst laut mit dem Kind, ziehen es ruppig am Arm und sagen: „Das macht man nicht.“

Opfer erfahren Mitleid. Gewalttäter erfahren Abwehr.

Ähnlich verhält es sich, wenn wir selbst Eltern werden. Wer selbst als Kind von den Eltern misshandelt wurde, ist Opfer, erhält Mitleid und Trost. Aber was, wenn ich selbst mein Kind angeschrien, gar geschlagen habe? Wieviele Eltern mag es geben, die von ihren eigenen Taten traumatisiert sind? Wievielen Vätern und Müttern läuft es ein Leben lang nach, wie sie ihr Kind einst anschrieben, schlugen oder ihm sonst etwas antaten?

Das Buch „Frankenstein“ beschreibt wunderbar, wie schwer es ist, mit der eigenen Schuld zu leben.

Enge macht aggressiv

Wir werden aggressiv und gewalttätig, wenn wir uns in die Enge getrieben fühlen. Wenn wir Angst haben. Wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen. Wenn wir auf unserem Weg nicht weiterkommen und sich uns immer wieder jemand oder etwas dazwischen stellt Wenn wir beleidigt werden, wenn wir nicht beachtet werden, wenn wir ausgeschlossen sind. Wir werden unter Umständen auch brutal, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen, wenn uns ein anderer großes Leid zugefügt hat. Vor allem werden wir dann brutal, wenn uns Worte fehlen und wenn wir keine Möglichkeit haben, eine Erklärung für das Handeln des anderen zu finden.

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – doch der Elefant in uns kann stärker sein

Wenn wir selbst Opfer von Brutalität waren, dann erwarten wir immer wieder Brutalität von anderen. Was wir erlebten, ist fest in unser Gehirn eingebrannt. Das Merkwürdige ist aber: Das Opfer erwartet immer weiter, dass der andere ihm Gewalt antut. Auch, wenn der andere weit entfernt davon ist, ihn anzugreifen. Das ist zum Einen ein Schutzmechanismus: Gebranntes Kind scheut das Feuer. Aber irgendwie ist da auch eine Erwartung, dass Dasselbe wieder passiert, weil danach eine Art Beruhigung eintritt. Wer gerade Gewalt erlebt hat, kann sich oft erst einmal für einige Momente der Ruhe gewiss sein. Endlich ist das Leben wieder in Ordnung, so könnte man meinen. Endlich ist es wieder vorhersehbar: Wir erwarteten Gewalt und sie trat ein. Chaka!

Vielleicht sind Gewalterfahrungen genauso in unserem Instinkt verankert, wie das Futtersuchen und Schlafenwollen auch. Vielleicht haben wir auch von Gewalt eine „Präkonzeption“. Gebranntes Kind sucht das Feuer. Es meldet sich der Destruktionstrieb, der Todestrieb.

Das Bild der Gewalt entsteht im Opfer

Wenn das ehemalige Opfer Gewalt vom anderen erwartet, dann ist es doch auch so, dass die gewalttätigen Bilder in dem Betroffenen entstanden sind. Zum Einen aus der Erinnerung vielleicht. Zum anderen aus der Phantasie. Das heißt, die Gewalt ist auch in ihm, dem ehmaligen Opfer. Der Betroffene spürt vielleicht den Drang zur Gewalt, wendet es aber um, indem er sagt: „Ich erwarte die Gewalt von anderen.“

Gerade, wer selbst Gewalt erfahren hat, tut sich oft sehr schwer damit, eigene gewaltsame Regungen in sich selbst zu spüren. Manche Gewalt-Opfer werden selbst wieder zum Täter. Besonders dann, wenn sie viel Angst haben, wenn sie nie ausreichend Trost gefunden haben, wenn sie sich schlecht ausdrücken und wenn sie schlecht mentalisieren können.

Sanftmut als Abwehr

Andere Betroffene, die Gewalt erfahren haben, werden nach außen hin sehr sanftmütige Menschen. Sie würden nie ihr Kind anschreien oder schlagen. Und doch werden sie unter Umständen von Gewaltphantasien gequält – entweder tun sie in der Phantasie anderen Menschen gewaltsame Dinge an, oder sie stellen sich vor, selbst erneut gequält zu werden. Gewalt kann erlebt werden wie ein reinigendes Gewitter, wie ein wohltuender Vulkanausbruch, wie eine sexuelle Befriedigung. Gewalttätig zu sein kann Lust machen. Doch in der Regel ist es uns verboten, so zu denken oder so etwas zuzugeben. In unserer Gesellschaft wollen und müssen wir ständig auf Gewalt verzichten.

Was machen die „Spiegelneurone“ bei Gewalt?

Heute ist der Begriff der „Spiegelneurone“ populär. Wenn ein anderer Schmerz empfindet und leidet, dann kann ich mitfühlen. Wenn ein Patient leidet, kann der Psychoanalytiker in Resonanz gehen und mit dem Patienten gemeinsam etwas durchleiden. Aber was, wenn wir wütend werden? Bei Wut ist die Empathie häufig reduziert, oft nahezu ausgeschaltet. Wenn wir wütend sind, ist uns egal, was der andere fühlt oder noch besser: Es tut uns gut, wenn es dem anderen weh tut. Der andere spürt dann den Schmerz, den wir selbst empfunden haben. Das befriedigt uns. Wir können dann den anderen leiden sehen und sind selbst nicht mehr die Leidenden.

Weglaufen

Wenn ein anderer gewalttätig auf uns zu kommt, spüren wir in der Regel Angst und wollen weglaufen. Häufig verstehen wir nicht, warum der andere so wütend ist. Wir können diese Wut nicht mitfühlen. Wir reagieren mit Angst. Wenn der Patient den Analytiker angreift, dann ist es ebenfalls schwierig, mit der Wut des Patienten in Resonanz zu gehen. Wenn uns jemand wütend begegnet, dann richten wir unsere Stacheln auf und sind auf „Gegenwehr“ gepolt.

Von außen ist es einfacher

Wieder anders ist es, wenn wir von außen einen wütenden Menschen beobachten. Wenn wir die Vorgeschichte kennen, dann können wir mitfühlen. Wir kommen vielleicht selbst in Rage, fühlen die Rachlust und rufen dem Angreifer zu: „Gib’s ihm!“ Es ist also ein großer Unterschied, ob wir dem Gewaltbereiten gegenüberstehen oder ob wir als Dritter von außen zugucken. Wichtig ist es für uns immer, zu wissen, wer der „Gute“ und wer der „Böse“ ist. Sobald wir uns verwirrt fühlen, fühlen wir uns höchst unwohl.

Gegen unseren Willen

Manchmal fühlen wir uns aggressiv, brutal und gewalttätig, obwohl wir das gar nicht wollen. Wir wehren es vielleicht ab, indem wir davon ausgehen, dass der andere uns angreifen will. Manchmal bleibt uns aber nichts anderes übrig, als unsere Wut zu spüren. Manchmal finden wir Erklärungen, die uns verstehen lassen, warum der andere so oder so gehandelt hat. Dann wir unsere Wut kleiner. Manchmal aber stehen wir ganz alleine und ratlos da mit unserem mächtigen Gefühl. Das ist oft sehr schwer auszuhalten.

Schmerz erzeugt Mitleid. Wut erzeugt Wut

Wenn wir uns in unserer Wut jemandem anvertrauen, tun wir das oft in einer wütenden Art. Der andere sieht uns dann meistens verständnislos an. „Ist doch nicht so schlimm“, könnte der andere sagen. Und damit unsere Wut verschlimmern. Erst, wenn wir unter unserer eigenen Wut sozusagen zusammenbrechen und darüber weinen, dass es so ist, wie es ist, kann uns ein anderer wieder beistehen.

Schlafende Hunde

Wut, Gewalt, Brutalität, Aggressivität – sie kann in uns allen geweckt werden. Deswegen haben wir manchmal Angst vor uns selbst. Manchmal fühlen wir uns, als seien unsere Aggressionen häufiger unsere Begleiter, als uns lieb ist. Manche richten diese Wut gegen sich selbst, schneiden und beschädigen sich oder wollen sich gar umbringen.

Imprägniert und geprägt

Die Gewalt, die uns selbst widerfuhr, kann wie ein Stempel in uns sein. Wie eine Narbe in unserer Seele. Dann ist es besonders schwer, mit eigenen gewaltsamen Regungen umzugehen, weil wir doch nie so sein wollten. Wir wollen die Gewalt raushalten aus uns selbst. Egal, ob sie von außen oder von innen kommt: Die Gewalt soll weg.

Versöhnung ist nur nach ausreichendem Trost möglich

Ehemalige Opfer sind auch nur Menschen. Wem es gut geht, wer satt und warm ist – emotional wie körperlich -, der kann sich oft innerlich versöhnen mit der Person, die ihm das Leid angetan hat. Wem es gut geht, der wird von selbst nicht „einfach so“ aggressiv oder gewalttätig. Gewalt hat immer einen Grund. Meistens stecken Angst und Hilflosigkeit dahinter. Der Gewalttätige braucht Hilfe, doch das Dilemma ist, dass man dem Gewalttätigen so ungern helfen möchte. Vielleicht, weil wir da doch Angst haben, „angesteckt“ zu werden. Vielleicht, weil wir da doch auch irgendwie das eigene gewaltsame Potenzial spüren. Es schreckt uns ab, es ekelt uns. Es ist uns unheimlich. Es erinnert uns an eigene erlittene Angriffe. Es macht uns wütend.

Der Kreislauf wird so schnell geschlossen

Manchmal hilft einfach nur, diesem schrecklichen Gefühl der inneren Wut und Brutalität nachzugehen und sich erlauben, es zu spüren, ohne zu handeln. Das fühlt sich dann manchmal an, als wolle man zerbersten. Wir wollen allein sein damit. Der andere hält Abstand. Doch was wir dann auch spüren, ist unser Schmerz. Der eigene Schmerz. Und dieser wiederum ist uns oder wird uns irgendwann vielleicht zugänglich. Mit dem Schmerz wiederum können wir uns zeigen. Andere können uns dann helfen.

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Kategorie: Begriffe, Kinder, Lebenshilfe, Psychoanalyse Stichworte: Kinder, Lebenshilfe, Psychoanalyse

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