„Die Traumdeutung“ von Sigmund Freud ist immer noch der Klassiker – unverzichtbar für alle, die sich mit dem Träumen und Schlafen, der Psychoanalyse und dem Unbewussten beschäftigen. Das Buch hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt – zwar träumen die Menschen heute eher von Filmfiguren als vom „Schwarzen Mann“ (Professor Manfred Schredl, PDF), doch die Mechanismen und die Phänomene sind dieselben geblieben. (Text: © Dunja Voos, Bild: © Fischer-Verlage)
Träume deuten kann am besten der Träumer selbst
Der Träumer selbst kann seinen Traum am besten deuten. Doch eine Traumdeutung ist nicht immer einfach. „Es wird niemand erwarten dürfen, dass ihm die Deutung seiner Träume mühelos in den Schoß falle“ (Sigmund Freud, Die Traumdeutung, Fischer-Verlage 2003, S. 514). Ähnlich, wie wir im Wachzustand unerwünschte Gedanken und Gefühle vermeiden oder verdrängen, so kann es für den Träumer auch schwierig sein, im Wachzustand frei über seinen Traum zu sprechen und ihn zu deuten.
Träume haben ihren Sinn
Träume haben immer ihren Sinn. „Es gibt da nichts Willkürliches“, sagt Freud (S. 506). Die Dinge, von denen man träumt, sind miteinander sinnhaft verbunden und wenn man sich das freie Assoziieren erlaubt, ist man manchmal erstaunt, wohin einen die Deutung führt und wie sinnvoll sie ist. Der Traum ist oft auch eine Wunscherfüllung. Freud gibt in seinem Buch dafür zahlreiche Beispiele.
Die Sinne
Unsere Sinne spielen im Traum eine große Rolle. Sexuelle Empfindungen kommen immer wieder vor. Auch Träume von Bewegung, vom Fliegen und Fallen gehören zum nächtlichen Alltag. Wir sehen und hören im Traum oder wir haben Haut- und Organempfindungen. Bevor sich eine Krankheit im Wachzustand bemerkbar macht, kann man manchmal schon im Traum Hinweise darauf finden. Auch das kennt sicher jeder: Man träumt auf einmal von fließendem Wasser oder einem Bach, während man im Schlaf Wasser lässt.
Worte, Zahlen und Symbole
Im Schlaf finden sich immer wieder Wort-Assoziationen. Freud schreibt von einer Patientin, die von „violets“ (englisch = Veilchen) geträumt hat, die sie auf den Tisch stellte. Die Patientin stand kurz vor ihrer Hochzeit. Der Traum zeigte, wie nah dieses Wort mit den Begriffen „to violate“ = verletzen und „violation“ = Vergewaltigung zusammenhing (S. 376).
Auch Zahlen sind im Traum oft nicht zufällig gewählt, sondern ergeben bei näherem Hinsehen ihren Sinn. Um träumen zu können, braucht man allerdings die Fähigkeit zu Symbolisieren. Autistische Kinder zum Beispiel haben diese Fähigkeit kaum. Daher können autistische Kinder je nach Ausprägung der Erkrankung auch nicht träumen (siehe Autistische Zustände psychoanalytisch erklärt).
Träume bei psychischen Störungen
Träume hängen auch von unserem Gesundheitszustand ab. Fiebrige Träume sind oft intensiver und anders gefärbt als Träume im gesunden Zustand. Wer eine Psychoanalyse macht, kann feststellen, wie sich die Träume im Laufe der Zeit verändern. Freud schreibt: „Die unbefangenen Träume Gesunder enthalten oft eine viel einfachere, durchsichtigere und mehr charakteristische Symbolik als die neurotischer Personen, in denen sie infolge der stärker wirkenden Zensur und der hieraus resultierenden weitergehenden Traumentstellung häufig gequält, dunkel und schwer zu deuten ist“ (S. 374). Wer weiß, dass Träume ihren Sinn haben und dass sie sich verstehen lassen, kann sich mit ein bisschen Abenteuerlust selbst besser kennenlernen.
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