Der Tübinger Professor Stephan Zipfel ist der Leiter der Studie ANTOP (Anorexia Nervosa Treatment of Outpatients = Ambulante Anorexiebehandlung). Zusammen mit seinen Kollegen erforscht er, welche Therapieform sich besonders für die Magersucht (Anorexia nervosa) eignet. In einer randomisierten Studie mit 242 erwachsenen Anorexie-Patientinnen zeigte sich: Die Verhaltenstherapie wirkt schnell, aber die psychodynamische Therapie ist nachhaltiger.
Randomisierung = zufällige Verteilung auf Behandlungsgruppen
Alle 242 Studienteilnehmerinnen wurden 10 Monate lang behandelt. Die Patientinnen wurden auf 3 Gruppen randomisiert: 80 Patientinnen erhielten eine psychodynamische Therapie, 80 Patientinnen eine kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und 82 Patientinnen eine „Standardbehandlung“ (englisch: Treatment as Usual = TAU). Die Standardbehandlung umfasste eine einfache Psychotherapie und die Begleitung durch den Hausarzt.
Alle drei Therapieformen waren wirksam
Direkt nach der Therapie wurden die Patientinnen nachuntersucht. In allen drei Gruppen konnten die Studienmitarbeiter eine Erhöhung des BMI (Body Mass Index) feststellen. Bei den Patientinnen, die psychodynamisch behandelt wurden, hatte der BMI um 0,73 kg/m² zugenommen. Bei den Patientinnen der CBT-Gruppe lag die Zunahme bei 0,93 kg/m² und in der Standardgruppe bei 0,69 kg/m². Nach 12 Monaten – also 2 Monate nach Beendigung der Therapie – war der BMI bei den Patientinnen am meisten gestiegen, die eine psychodynamische Therapie erhalten hatten: die Zunahme betrug 1,64 kg/m². Die Patientinnen der CBT-Gruppe hatten um 1,3 kg/m² und die Patientinnen der Standardgruppe um 1,22 kg/m² zugenommen.
Die Studie wurde im Januar 2014 in dem medizinischen Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht. Wie es den einzelnen PatientInnen psychisch ging und geht, ist aus der Zusammenfassung (Abstract) nicht ersichtlich. Der Volltext der Studie kostet beim Lancet 31,50 $ und kann dort bestellt werden.
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Weitere Infos:
Vortrag Professor Stephan Zipfel:
Evidenzbasierte Therapie der Anorexia nervosa – Ergebnisse der ANTOP-Studie
19.02.2014, 17-18:30 Uhr, Bibliothek der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Uniklinik Aachen
Zipfel, Stephan et al. (2014):
Focal psychodynamic therapy, cognitive behaviour therapy, and optimised treatment as usual in outpatients with anorexia nervosa (ANTOP study): randomised controlled trial
The Lancet, Volume 383, Issue 9912, Pages 127 – 137, 11 January 2014
doi:10.1016/S0140-6736(13)61746-8
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(13)61746-8/abstract
Dieser Beitrag erschien erstmals am 11.1.2014
Aktualisiert am 4.9.2014
Dunja Voos meint
Geht mir genauso. Leider kenne ich nicht die gesamte Originialstudie.
Fips meint
Hallo… mir behagt ja nicht sonderlich, daß die Wirksamkeit der Therapieart nach dem Kriterium Gewichtszunahme erfolgt.
Dunja Voos meint
Liebe Daniela,
vielen Dank für Ihren Hinweis!
Sie haben recht, ich habe den Fehler berichtigt. Danke für’s aufmerksame Lesen.
Viele Grüße
Dunja Voos
Daniela meint
Sie schreiben:
„Ein Jahr nach Therapie-Ende waren 13% der 80 verhaltenstherapeutisch behandelten Patientinnen vollkommen genesen. Bei den 80 Studienteilnehmerinnen, die eine psychodynamische Psychotherapie erhalten hatten, waren 35% wieder vollkommen gesund.“
Zipfel et al. schreiben:
„Study groups did not differ in terms of global outcome between baseline and the end of treatment. At 12-month follow-up, however, patients assigned focal psychodynamic therapy had a sigificantly higher recovery rate compared with optimised treatment as usual (full recovery, 35% vs 13%; p=0.036).“
Und:
„At the end of treatment, BMI had increased in all study groups (…); no differences were noted between groups.“ „at 12-month follow-up, the mean gain im BMI had risen further, but no differences were recorded (…).“
Mir scheint, sie verwechseln bei Ihren Angaben die eCBT- mit der TAU-Gruppe.
Verleser?