Nein heißt Nein!

„Nein heißt Nein!“ Wie oft höre ich Eltern diesen Satz sagen. Da gibt es nichts zu diskutieren. Fragt das Kind, warum, heißt es: „Weil ich es sage.“ Die Eltern fürchten sich oft davor, die Autorität zu verlieren oder davor, dass ihr Kind sie nicht ernst nimmt. Diese Angst kann so groß werden, dass manche Eltern regelrecht herrschsüchtig werden. „Zieh die Mütze auf!“, sagt die Mutter. „Nein!“, sagt das Kind. Es friert nicht. Die Mütze juckt, sie stört, sie ist zu warm. Sie rutscht immer runter. Kein Erwachsener würde diese Mütze tragen. „Du ziehst jetzt sofort die Mütze auf!“, lautet die Antwort. Dabei dachte ich: „Nein heißt Nein!?“ Warum soll das nur beim Erwachsenen gelten?

Viele Eltern trauen ihren Kindern nicht

„Aber das Kind kann doch noch nicht abschätzen, ob es sich erkältet oder nicht!“, denken Erwachsene oft. Oh doch, das kann es im Diskussions-fähigen Alter sehr wohl. Kinder haben ein sehr gutes Gespür für sich selbst. Warum soll man dem Kind nicht die Mütze aufsetzen, wenn es „Nein“ sagt? Einfach, weil das Kind es so sagt und will. Wenn die Eltern dem Kind gegenüber mit Respekt entgegentreten, dann wird es auch umgekehrt so sein. Man kann ja noch anfügen: „Ich habe Angst, dass du dich sonst erkältest – sag‘ bitte Bescheid, wenn es dir zu kalt wird.“ So entwickelt das Kind keine Wut, weil es nicht gezwungen wird, etwas mit seinem Körper zu machen, was es nicht will. Da ist dann ein gesunder Spielraum zwischen Eltern und Kind. So können Eltern und Kind gegenseitig das „Nein“ des anderen respektieren.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 24.7.2013
Aktualisiert am 27.9.2014

5 thoughts on “Nein heißt Nein!

  1. Fips sagt:

    Als oft fieberkrankes Kind wurde ich auch zum Mützetragen (kratzig/zu warm) gezwungen. Das hat keine Folgen hinterlassen, es waren die anderen „Nein“´s die zu oft eklatant übergangen wurden.
    Solche Neins, die das eigene Ja zu etwas erstickten nach und nach.
    Mein Nichtwille ist bis heute teils recht ausgeprägt, und auch in Bereiche geschwappt, die ich eigentlich will. Bei nicht sicherheitsrelevanten Neins ist gut aufzupassen, daß man den Willen nicht zu oft bricht.

    Kinder sind uns weit voraus. Sie haben noch alle Möglichkeiten, während wir (die Erwachsenen) schon abgeschlossen sind.

  2. Jay sagt:

    Mein Vater stammte aus einem recht autoritären, großbürgerlichen Elternhaus, in dem sein Vater der Patriarch war, der über die Familie herrschte und niemals in Frage gestellt werden durfte.
    Dieses Erziehungsmodell imponierte ihm und er versuchte, es zeitlebens auf mich anzuwenden.
    Ständig wurde ich an „den kleinen Unterschied“ erinnert.
    Das bedeutete: Der Wille der Eltern geht immer über den Willen des Kindes.
    Leider war mein Vater als Patriarch für mich nie wirklich glaubwürdig und er spürte wohl selbst deutlich die Divergenz zwischen seiner eigenen, eher liberalen Persönlichkeit und dem autoritären Vorbild, das sein Vater für ihn verkörperte.
    So wusste ich schon recht bald, dass das „Nein!“ meines Vaters, eher eine Pose war, in die er sich warf, um den eigenen Ansprüchen zu genügen.
    Nichtsdestotrotz war die Erinnerung an „den kleinen Unterschied“ doch jedes mal verletzend für mich.

  3. Katharina B. sagt:

    Heute wird von ErziehungsberaterInnen-Seite her oft empfohlen, das Eltern zwar Leitplanken setzen (die famosen Grenzen), innerhalb von diesem dem Kind jedoch Entscheidungsspielraum lassen. Beispiel: Es wird von allem, was auf den Tisch kommt probiert als Familienregel (an die sich dann aber bitte alle Familienmitglieder zu halten haben) aber niemand muss etwas essen, was er nicht mag und niemand muss mehr essen, als er mag (individueller Entscheidungsspielraum).

    Aber als Mutter eines fast Vierjährigen merke ich ihm Alltag, dass ich sehr oft „nein“ sage. Nicht weil es nötig wäre, sondern weil es meiner eigenen Bequemlichkeit dient! Erzieherisch nicht ideal (aber wer’s noch nie gemacht hat, werfe den ersten Stein)
    Deshalb haben mein Mann und ich auf ein paar strikte Verbote geeinigt (v.a. was die Sicherheit betrifft), die werden dann auch konsequent durchgesetzt: Nicht ohne Erwachsenes zum Fluss, nicht ohne Erwachsenes zur Strasse, solche Sachen. Dann haben wir Familienregeln, die für alle gelten (wer vom Tisch aufsteht hat fertig gegessen und stellt sein Geschirr in die Spüle, nach 21h00 kein Bildschirm mehr…). Hier kommunizieren wir auch, dass das unsere Regeln sind und dass wir das so haben möchten. Bei diesen Regeln gibt es manchmal Ausnahmen, die werden aber auch als solche bezeichnet.
    Jede der bis hier genannten Regeln hat einen Grund und kann dem Kind gegenüber begründet werden, wenn es fragt (wenn es nicht fragt, fange ich aber nicht an zu erklären, wie man es manchmal ja auch sieht)
    Und dann gibt es ganz viele „alltags-Ja“ und „alltags-Nein“. Die sind verhandelbar und Kurzer darf seine Argumentationskraft üben und trainieren. Es gibt wirklich sehr viele mehr oder weniger gute Gründe, weshalb man genau jetzt ein Gummibärchen haben muss ;-)

  4. Dunja Voos sagt:

    Ich glaube, es ist einfach wichtig, sich zu hinterfragen. Es gibt Gefahrensituationen, da muss man natürlich handeln, auch wenn das Kind „Nein“ sagt.

    Im Alltag aber sehe ich oft, dass die Eltern das „Nein“ der Kinder an Stellen übergehen, an denen es aus meiner Sicht keinen Sinn ergibt. Die Eltern könnten hier das Nein des Kindes akzeptieren, ohne dass es irgendwelche negativen Folgen hätte – außer, dass die Eltern die Gefahr sehen, dass ihre „Autorität“ untergraben wird.

    Wichtig erscheint es mir, dass man dem „Nein“ des Kindes Raum gibt und überlegt, ob man als Eltern nun seinen Wunsch unbedingt durchsetzen möchte oder ob es da einen Spielraum gibt.

  5. Roland sagt:

    Prinzipiell kann ich die Kinder verstehen, dass sie die Mütze nicht tragen wollen. Schließlich wollte ich das damals ja auch nicht. Sie kratzte und sah außerdem doof aus und die anderen Kinder hatten entweder viel coolere Mützen oder gar keine auf.
    Aber ich kann auch die Sorge der Eltern verstehen, die ihr Kind vor einer aus Sicht des Kindes nicht vorhandenen Gefahr schützen wollen. Als Beispiel würde mir da noch die berühmte heiße Herdplatte einfallen. Da wird sicher auch das eine oder andere „Nein“ kommen. Aber wie macht man einem Kind klar, dass es eben doch eine Gefahr ist, gerade wenn das Kind das nicht erkennt und trotzdem immer wieder da hin will? Schließlich hantieren Mutter oder Vater ja auch an dem Herd herum und es passiert NIX. Und man selbst darf nicht. Das ist doch geradezu eine Herausforderung. Als Eltern möchte man aber auch nicht immer die Brandsalbe direkt neben der Gefahrenquelle haben sondern lieber darauf vertrauen können, dass das Kind von sich aus die Gefahr meidet, ohne, dass es die Gefahr zuvor durch Schmerz kennengelernt hat.
    Bei der Herdplatte gibt es wenigstens noch einen direkten Bezug zu Ursache (Hand auf der Herdplatte) und Wirkung (schlimme Verbrennung und Schmerzen). Bei der Mütze wird das schon schwieriger zu vermitteln, vor allem, weil auch nicht immer das Weglassen der Mützen die Erkältung zur Folge hat.
    Wieviel muss man die Kinder schützen und wieviel sollen sie selbst lernen? Das ist eine schwierige Gratwanderung.

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