Der österreichische Arzt und Psychologe Alfred Adler (1870-1937) entwickelte die Individualpsychologie. Sie gehört ebenso zur Tiefenpsychologie wie die Analytische Psychologie von Carl Gustav Jung und die Psychoanalyse von Sigmund Freud. Adler hielt die Minderwertigkeitsgefühle, unter denen jeder Mensch leidet, für den zentralen Motor der Psyche. Gerade Minderwertigkeitsgefühle bewegten seiner Meinung nach den Menschen dazu, sich weiter zu entwickeln. In der Zeitschrift „Psychologie heute“ (Juli 2011) wird Alfred Adler ausführlich von Edward Hoffman porträtiert.
Angeborene körperliche Gebrechen und Geschwisterrivalität waren Adlers Themen
Alfred Adler stammte aus einer armen jüdischen Familie. Er litt unter seiner schwachen Gesundheit und unter der Konkurrenz zu seinem älteren Bruder – die Themen „körperliche Schwächen“ und „Geschwisterrivalität“ beschäftigten ihn sehr. Adler studierte Medizin in Wien. Er setzte sich insbesondere für die Gesundheit der Arbeiterschaft und für eine ganzheitliche Medizin ein. Er ging davon aus, dass Menschen, die mit körperlichen Gebrechen zur Welt kommen, diese Schwächen kompensieren wollen. Sie würden nach Anerkennung und Macht streben und daher zur „Überkompensation“ neigen. Den Kampf um Macht hielt Adler für entscheidender als die Sexualität. Er stellte die psychoanalytischen Theorien seines 14 Jahre älteren Kollegens Sigmund Freud in Frage. Adler und Freud hatten zwar einige Berührungspunkte, aber „richtige Freunde wurden Freud und Alder nie“ (Hoffman 2011). Im Gegenteil: Die beiden verfeindeten sich schließlich.
In der Hilflosigkeit entsteht der Wunsch nach Macht
Alfred Adler war davon überzeugt: Aus dem „kindlichen Gefühl der Hilflosigkeit und Minderwertigkeit“ (Hoffman 2011) würde der Wille nach Macht und Dominanz entstehen. Unbewusst würden viele Betroffene ihre Macht dadurch ausüben, dass sie andere manipulieren. Diese Mechanismen sollten dem Patienten in der Therapie bewusst werden.
Vom Individuellen zum Gemeinschaftsgefühl
In der Folge des ersten Weltkrieges beschäftigte sich Adler mit der Frage nach den psychologischen Ursachen des Krieges. Er fand für sich die Antwort, dass ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl Kriege verhindern könnte. Um das zu erreichen, sei eine gute Bildung durch die Eltern und die Schule unabdingbar. Adler beschäftigte sich mehr und mehr mit Familientherapien und Lernförderung. Es war ihm wichtig, neurotische Kinder mithilfe der Therapie unabhängiger werden zu lassen, ohne sie gegen ihre Mutter aufzubringen. Adler führte nun seine Psychotherapien im Sitzen durch. Das aktuelle Leben seiner Patienten erschien ihm wichtiger als die Konzentration auf „unterdrückte Erinnerungen“ (Hoffman 2011). Humor und eine einfache Sprache zeichneten ihn dabei aus. Anfang der 30iger Jahre wanderte Adler in die USA aus. Er starb 1937 während einer Vortragsreise in Aberdeen, Schottland.
Hauptquelle:
Edward Hoffman:
Alfred Adler: Begründer der Individualpsychologie.
Psychologie heute, Juli 2011: 72-77
Verwandte Artikel in diesem Blog:
Tiefenpsychologie
Humanistische Psychotherapie
Links:
Edward Hoffman:
Alfred Adler. Ein Leben für die Individualpsychologie.
Ernst Reinhardt Verlag. Link zu Amazon.
Karl Heinz Witte, Almuth Bruder-Bezzel, Rolf Kühn (Hg.); Alfred Adler:
Über den nervösen Charakter (1912)
Grundzüge einer vergleichenden Individualpsychologie und Psychotherapie.
Unter Mitarbeit von Michael Hubenstorf
Vandenhoeck & Ruprecht 2008
Alfred Adler:
Wozu leben wir?
Verlag Fischer
Link zu krammerbuch.at
Zeitschrift für Individualpsychologie
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht
Verlagsgeschichte des Ernst-Rheinhardt-Verlags
„Ab 1912 – Ernst Reinhardt Verlag als erster bedeutender ‚Alfred-Adler-Verlag'“
Schreibe einen Kommentar