
Manchmal sind wir besonders freundlich gerade zu den Menschen, die wir überhaupt nicht mögen. Das können wir ganz bewusst so machen – und sind dann mit Genuss „scheißfreundlich“. Manchmal verhalten wir uns aber auch unbewusst so – insbesondere dann, wenn wir so streng mit uns selbst sind, dass wir unsere eigenen Aggressionen nicht spüren.
Dressur pur
Diese strengen Menschen nehmen sich tatsächlich als freundlich wahr. Ihre Aggression verdrängen sie und zutage kommt ein gegenteiliges, verzerrtes Gefühl der Zuneigung. Das Lächeln dieser Menschen wirkt dann überbetont. Ursache dieses eingeschliffenen Verhaltens ist oft eine dressurhafte Erziehung in der frühen Kindheit.
Diese dem wirklichen Gefühl entgegengesetzte Reaktion heißt Reaktionsbildung und ist eine Form der Abwehr.
In Sigmund Freuds Arbeit Charakter und Analerotik aus dem Jahr 1908 hat er diesen analen Charakter beschrieben. Nach Freud zeichnen sich diese Menschen durch Geiz, Pedanterie und Eigensinn aus.
Quelle:
Siegfried Elhardt
Tiefenpsychologie
Kohlhammer Stuttgart 2001: 55–56
schnurpfel53 meint
Interessant, dass es in der Umgangssprache den Begriff „scheissfreundlich“ gibt. Ob dies etwas ausdrückt, was mit der Tendenz zum analen Charakter zu tun hat? Die anderen nehmen wahr, dass irgend etwas mit der (Scheiss)Freundlichkeit nicht stimmt.