Das Trauma, es ist immer in mir. Ich erinnere mich (nicht). Ich habe (keine) Bilder dazu. Ich sehe außen so vieles davon wieder. In Gesichtern, Absichten, Körperhaltungen, Tageslichtern. Worten. Täglichen Gefängnissen. Doch wie soll ich leben und arbeiten, wenn es immer in mir ist? Ich spüre: Es ist nicht starr. Ich kann es hin- und herbewegen. Und ich kann meinen Körper bewegen. Manche Körperhaltungen bringen mich dem Trauma näher. Und wieder weiter weg. Das Trauma will gesehen, gefühlt, besprochen, beschwiegen, gehalten und gewürdigt werden. Aber es ist auch das andere da. Das Gute und Gesunde und das Unbeschädigte. Das Leben ist wie eine Welle – es geht auf und ab. Weiterlesen
Je schwerer eine Erkrankung, desto größer manchmal die Retterphantasie, könnte man vielleicht sagen. Ärzte, die mit dem Defibrillator zum Herzkranken laufen, sind – je nach Situation – hoch motiviert und wollen helfen. Schaffen sie es, so haben sie den Patienten gerettet. In der Psychotherapie- und Analyse-Ausbildung lernen Kandidaten oft, dass sie sich vor der Retterphantasie hüten sollten. Doch auch in der Psychotherapie kann man sich durch psychisch schwer kranke Patienten besonders herausgefordert fühlen. Da sich mehr oder weniger bewusste Retterphantasien nicht „verhindern“ lassen, ist es wichtig, sie zu bemerken. Eine Retterphantasie kann z.B. als Gegenübertragungsphantasie oder -Gefühl auf einen Patienten entstehen, der selbst einen „Größenwahn“ hat. Weiterlesen
Der Patient sitzt vor uns und weint bitterlich. Wir jedoch fühlen uns wie versteinert. Wir versuchen, wenigstens mitfühlend dreinzublicken, aber so richtig mag es uns nicht gelingen. Es wird uns unangenehm und wir fragen uns, wie sehr der Patient merkt, dass wir hier nicht so richtig „bei ihm“ sein können. Wieso können wir manchmal mit einem Patienten nicht mitfühlen, obwohl sein Leid so offensichtlich ist? Wichtig ist, zu überlegen: Können wir grundsätzlich nicht mit dem Patienten mitfühlen oder nur an bestimmten Stellen oder in bestimmten Phasen? Wenn wir nicht mitfühlen können, fehlt dem Patienten unsere emotionale Resonanz, die so wichtig ist für den therapeutischen Prozess. Spüren wir genau hin: Wie fühlt sich dieses Nicht-Mitfühlen-Können an?Weiterlesen
Patienten, die zu uns in die Psychotherapie kommen, liefern uns viele Ebenen zum Nachdenken. Da sind Konflikte („Ich will selbstständig sein, aber auch zu anderen gehören“), da sind Symptome („Ich habe Angst, bin depressiv“) und da ist das vielleicht schwache Strukturniveau des Patienten („Ich kann mich nicht beherrschen!“). Für „Strukturschwäche“ wird auch der Begriff „Persönlichkeitsstörung“ gebraucht, der ja immer auf eine Störung der Beziehung zu sich selbst und anderen hinweist. Nach dem Strukturmodell von Freud lässt sich das Strukturniveau daran erkennen, wie gut das „Ich“ fähig ist, zwischen dem Über-Ich und dem Es zu steuern. Weiterlesen
Sind Psychotherapeuten in der Therapie ergriffen, können auch ihnen die Tränen kommen. Die Psychologin Amy Blume-Marcovici und Kollegen der Alliant University in San Diego (USA) haben 2013 eine Studie durchgeführt, in der sie 648 Therapeuten befragen. 72% gaben an, als Therapeut/Therapeutin schon einmal geweint zu haben, wobei die erfahreneren Therapeuten häufiger weinten als solche mit weniger Berufspraxis. Interessant dabei: Männliche und weibliche Psychotherapeuten gaben etwa gleich häufig an, in der Therapie zu weinen.
Blume-Marcovici, Amy C.; Stolberg, Ronald A.; Khademi, Mojgan
Do therapists cry in therapy?
The role of experience and other factors in therapists‘ tears.
Psychotherapy, Vol 50(2), Jun 2013, 224-234.
http://dx.doi.org/10.1037/a0031384
Dieser Beitrag erschien erstmals am 28.1.2016
Aktualisiert am 27.3.2023
„Machst Du bitte die Türe zu? Mir wird kalt“, sagte mir eine Freundin nach ihrer psychosomatischen Kur, in der sie gelernt hatte, ihre Bedürfnisse klarer zu äußern. Doch es fühlt sich nicht gut an, wenn jemand so spricht. Es klingt, als würde der andere sich über meine Nachlässigkeit ärgern. Manch ein Coach sagt: „Es geht nur um die Sache. Ein persönlicher Angriff ist das nicht.“ Aber warum fühlt es sich so an? Weil eine solche Aussage uns sprachlich zu nah kommt. So, wie wir körperlich einen gewissen Abstand zum Nächsten brauchen, so benötigen wir auch einen sprachlichen Abstand. Weiterlesen
„Wo willst Du in fünf Jahren sein?“ Wenn Du diese Frage hörst – wo schaust Du dann hin? Vielleicht blickst Du nach oben oder rechts. Wirst Du nach der Vergangenheit gefragt, schaust Du eher nach links oder unten. Wie es wohl bei Linkshändern ist? Zu den Augenbewegungen im Zusammenhang mit Denken und Erinnerung gibt es viele interessante Studien. Anbei eine kleine Literaturliste.Weiterlesen