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Dissoziative Störungen hängen oft mit frühkindlichen Traumata zusammen – was hilft?

Wenn Du etwas Einschneidendes erlebst, z.B. eine Geburt, Gewalt oder einen Unfall, bemerkst Du vielleicht, wie in Dir zwei Filme ablaufen: Einerseits kannst Du klar denken, andererseits merkst Du, dass Du vielleicht wie betäubt und weggetreten bist. Viele Menschen, die einen Unfall haben, empfinden oft keine Schmerzen – oder sie erinnern sich später nicht mehr daran. Obwohl unter Dissoziation oft etwas Krankhaftes verstanden wird, so ist die Fähigkeit zur Dissoziation auch eine Stärke, die uns in extremen Situationen schützt. „Dissoziation“ heißt wörtlich „Auseinanderfallen“, „Abtrennung“, „Zerfall“. Bei der Dissoziation gehen Denken und Fühlen auseinander. Besonders häufig von Dissoziationen betroffen sind schwer traumatisierte Menschen. Weiterlesen

Schlecht gestimmt? Über Heiserkeit, Stimmprobleme und die psychogene Stimmstörung

Plötzlich bist Du heiser und die Stimme ist weg. Die Heiserkeit wird als „Dysphonie“ bezeichnet („Dys“ = „gestört“), die Stimmlosigkeit als „Aphonie“ („A“ = „weg“, „phon-“ = Ton, Stimme). Doch der HNO-Arzt kann vielleicht nichts feststellen – er sieht höchstens in der Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie), dass sich die Stimmlippen während der Lautbildung (Stimmbildung, Phonation) nicht ganz so annähern, wie sie es bei beschwerdefreien Menschen tun würden. „Das ist psychisch bedingt“, sagt er dann. Und nun? Besonders Frauen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr sind von psychisch bedingten Stimmstörungen betroffen (Ärzteblatt, 8. Mai 2015). Dabei ist man „verstimmt“ und nicht in „guter Stimmung“. Weiterlesen

Cluster-B-Persönlichkeitsstörung: Borderline und mehr

Menschen mit einer Cluster-B-Persönlichkeitsstörung zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders launisch und instabil sind. Die Betroffenen sind sehr emotional – alles scheint bei ihnen sehr dramatisch zu sein, wie auf einer Bühne. Das ist natürlich auch eine kulturelle Frage: Ein Brasilianer erhält vielleicht eher die Diagnose „Cluster-B-Persönlichkeitsstörung“ als ein Norweger. Zu den Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen zählen Persönlichkeitsstörungen mit dramatischem, emotionalem und launenhaftem Verhalten, also vereinfacht gesagt die Borderline-Störung, die histrionische, die narzisstische und die dissoziale (antisoziale) Persönlichkeitsstörung (APS). Weiterlesen

Das Trauma in mir

Das Trauma, es ist immer in mir. Ich erinnere mich (nicht). Ich habe (keine) Bilder dazu. Ich sehe außen so vieles davon wieder. In Gesichtern, Absichten, Körperhaltungen, Tageslichtern. Worten. Täglichen Gefängnissen. Doch wie soll ich leben und arbeiten, wenn es immer in mir ist? Ich spüre: Es ist nicht starr. Ich kann es hin- und herbewegen. Und ich kann meinen Körper bewegen. Manche Körperhaltungen bringen mich dem Trauma näher. Und wieder weiter weg. Das Trauma will gesehen, gefühlt, besprochen, beschwiegen, gehalten und gewürdigt werden. Aber es ist auch das andere da. Das Gute und Gesunde und das Unbeschädigte. Das Leben ist wie eine Welle – es geht auf und ab. Weiterlesen

Tinnitus – der innere Quäler: Die „Bienenatmung“ kann entlasten

Wenn wir einen Tinnitus haben, befürchten wir vielleicht, verrückt zu werden, weil da was ist, was wir so absolut nicht wollen oder kontrollieren können. Der eigene Körper quält uns mit Tönen, Summen, Piepsen, Pochen und Geräuschen. Ohren kann man nicht verschließen, das ist ja schon im täglichen Leben so. Aber bei äußerem Lärm kann man sie sich zuhalten oder weglaufen. Da nutzen auch die zahlreichen Erklärungen nichts, etwa, dass jeder Ohrgeräusche habe, aber nicht jeder darauf höre. Das denke ich nicht. Ich denke, dass der Tinnitus tatsächlich ein „neuer Ton“ für den Betroffenen ist. Weiterlesen

Reizdarm: Besser nichts zwischendurch essen?

Wir haben nur noch fünf Minuten Zeit, bis der nächste Klient kommt und stecken uns noch rasch ein paar Kekse in den Mund – nur, um es schon wenige Momente danach zu bereuen: Der Durchfall kommt. Wir merken, wie eng unser „Oben“ und unser „Unten“ zusammenhängen. Kleine Babys entleeren sich mitunter während des Stillens. Auch kleine Kinder am Essenstisch müssen relativ oft zur Toilette. Und besonders bei einer Magen-Darm-Grippe sind „oben und unten“ gleichzeitig aktiv sind. Der Magen-Darm-Trakt ist ein zusammenhängender Schlauch aus glatter Muskulatur. Weiterlesen

Die Nasenscheidewand-OP ist häufig unnötig

Wer vor einer Nasenscheidewand-Operation steht, fragt sich oft, ob das wirklich notwendig ist. Dass die Nasendurchgänge „zu eng“ seien, ist ein beliebtes Bild. Doch wer Yoga macht, kennt sich besser mit der Nase aus. Wenn wir unsere Nase kennenlernen wollen, dann müssen wir uns mit ihr beschäftigen. Viele Menschen nutzen Nasentropfen, die die Schleimhäute abschwellen lassen, damit sie wieder Luft bekommen. Doch um die Nase wieder in ihrem natürlichen Verhalten kennenzulernen, ist es hilfreich, sich von den Nasentropfen zu entwöhnen. Weiterlesen

Schlaflos? Die Mär vom Acht-Stunden-Schlaf

Viele haben die Vorstellung, man müsse nachts acht Stunden durchschlafen. Das macht unruhig. Babys und kleine Kinder sind nachts oft wach – ebenso wie alte Menschen. Kranke erst recht. Es gibt so viele Menschen, die nachts wach sind, dass man eigentlich gemeinsam Tee trinken könnte – und das tat man früher auch. Wir können uns viel Stress nehmen, wenn wir von starren Vorstellungen loslassen. In ihrem Beitrag „The myth of the eight-hour sleep“ („Der Mythos des Acht-Stunden-Schlafs“) schreibt die Autorin Stephanie Hegarty, dass Einiges darauf hinweist, dass die Menschen früher in Vier-Stunden-Häppchen schliefen. Bevor unsere Nächte hell ausgeleuchtet waren, war es natürlich, abends früh schlafen zu gehen und nach Mitternacht noch einmal eine Weile wach zu sein.

Viele begeben sich in ein Schlaflabor, um ihre Schlaflosigkeit zu erforschen. Da werden dann z.B. die Hirnströme, der Blutdruck und die Atmung während des Schlafes überprüft. Übergewichtige mit einem sogenannten „Schlaf-Apnoe-Syndrom“ erhalten auf Rezept ein Atemgerät für die Nacht, das sie zunächst tatsächlich besser schlafen lässt. Oft landet das schöne Atemgerät aber nach einer Weile im Schrank.

Nach dem Besuch im Schlaflabor wissen viele ganz genau, aus welchen körperlichen Gründen sie nicht schlafen können, doch die psychischen Ursachen bleiben weiterhin bestehen: Traumata, Geldsorgen, Beziehungskonflikte, Einsamkeit, Erfolgsdruck, Kummer mit den Kindern oder mit der Kinderlosigkeit, Sorgen am Arbeitsplatz oder Ängste um die Gesundheit.

Cortisol ist um Mitternacht am Tiefpunkt

Auch der körpereigene Cortisolspiegel spielt bei der Schlaflosigkeit oft eine Rolle. Menschen mit Allergien, Asthma oder Gelenkschmerzen werden oft in der zweiten Nachthälfte wach. Der Cortisolspiegel ist zwischen 20 und 24 Uhr an seinem Tiefpunkt. Entzündungsprozesse können nachts dadurch wieder aufflackern. Morgens gegen sechs Uhr ist der Cortisolspiegel am höchsten – viele finden um diese Zeit dann auch wieder in einen tiefen Schlaf, der aber leider dann durch das Klingeln des Weckers beendet wird.

Interessant sind hier auch die Ansätze der chinesischen Medizin, welche die „Chronobiologie“ der einzelnen Organe berücksichtigt (Chronos = griechisch: Zeit). Hiernach hat jedes Organ seine eigene aktive Zeit. Auch diese chinesische Organuhr kann helfen, die eigene Schlaflosigkeit besser zu verstehen.

Man kann damit leben

Viele Menschen machen sich einen großen Stress damit, dass sie nachts schlaflos sind. Psychiater warnen oft davor, dass Schlaflosigkeit psychische Krankheiten verschlimmern und sogar Vorläufer einer Psychose sein könnten. Manche haben sich nie Sorgen um ihre Schlaflosigkeit gemacht, bis sie das erste Mal bei einem Psychiater waren. Hier ist es oft nicht leicht, ruhig zu bleiben und den eigenen Weg weiterzugehen, denn viele Menschen stellen ihr Leben auf ihren schlechten Schlaf ein. Es kann auch schön sein, in der zweiten Nachthälfte aufzustehen, und die Ruhe wahrzunehmen – etwas zu lesen, zu schreiben, kreativ zu sein, Tee zu trinken oder fernzusehen.

Schlaf lässt sich nachholen – ein Vormittags- oder Mittagsschläfchen kann bei vielen „Nacht-Schlaflosen“ noch zu guter Erholung führen. Die Schlaflosigkeit nicht zu bekämpfen, sondern sie in das Leben einzubauen, das gelingt vielen Menschen.
(Dieser Beitrag wurde um 3.58 Uhr geschrieben.)

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Links:

Gregor Gross:
Der Mythos des gesunden Schlafes:
Sind 8 Stunden etwa zu viel?
6.3.2012
https://www.foerderland.de/organisieren/news/der-mythos-des-gesunden-schlafes-sind-8-stunden-etwa-zuviel/

Hegarty, Stephanie (2012):
The myth of the eight-hour sleep
BBC World Service 22.2.12
https://www.bbc.com/news/magazine-16964783

Ekirch, Roger (2006):
At Day’s Close: Night in Times Past
W. W. Norton & Company, Inc., New York
https://wwnorton.com/books/9780393329018

International Dark Sky Association

Dieser Beitrag erschien erstmals am 12.1.2013
Aktualisiert am 3.7.2023

Somatoforme Störung (Somatisierungsstörung): Wenn die Spannung zu groß wird

Die Magenspiegelung ist unauffällig – trotzdem schmerzt der Magen und Übelkeit quält. Lassen sich auch in anderen Untersuchungen keine körperlichen Diagnosen festmachen, vermuten Ärzte häufig eine „Somatisierungsstörung“ (= Somatoforme Störung). Vereinfacht gesagt zeigen sich dann die Lebensprobleme im Körper. Früher sprach man auch von „vegetativer Dystonie“. Das Vegetativum ist die Sammelbezeichnung für die Organsysteme, die vom autonomen Nervensystem (Sympathikus und Parasympathikus) versorgt werden. Das autonome Nervensystem macht quasi, was es will. Wir haben nur bedingt Einfluss darauf, z.B. durch Yoga und Meditation. Weiterlesen

Juckreiz-Philosophie: Gedanken zum Juckreiz (Pruritus)

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