„Sagen Sie mir bitte, wie ich es los werden kann!“, sagen manche. Man will ES – oder auch „Das“ genannt – nicht haben. Es scheint hartnäckig in der Psyche zu sitzen wie ein maligner Tumor. Mit gutem Willen kommt man nicht dagegen an. In manchen Lebensphasen erscheint es überstark, in anderen könnte man meinen, es sei weg: das sogenannte „maligne Introjekt“. Manche Psychoanalytiker meinen damit so etwas wie einen Fußabdruck z.B. der Mutter, den sie mit Gewalt in die Seele des Kindes gesetzt hat. Vielleicht kennt sie jeder Mensch: die kritische Stimme, die sich meldet, wenn man etwas Schönes vorhat, wenn man einen Partner kennenlernt oder eine Prüfung bestehen will. Da ist ein innerer Angreifer, der sagt: „Du wirst schon sehen, was Du davon hast!“Weiterlesen
Viele Psychotiker haben in der frühesten Kindheit die schlimmsten Dinge erlebt. Nicht wenige konnten nur überleben, indem sie sich „tot“ stellten oder wie Gott erlebten. Wenn ein psychotischer Patient kommt und behauptet, er sei Gott, ist die Versuchung groß, ihm zu zeigen, dass es nicht so ist. Manche Patienten wollen sogar, dass man sie bestätigt. Doch dann würde der Therapeut sich unglaubwürdig machen. Daniel Knafo und Michael Selzer stellen dieses Dilemma in ihrem Buch „From Breakdown to Breakthrough“ (Routledge, 2024, S. 40-43) eindrücklich dar. Sie schlagen vor, auf eine spezielle Art nachzufragen, z.B. so: „Seit wann weißt Du, dass Du Christus bist?“ (S. 42) So kann der Patient sich ernst genommen fühlen, seine Welt mit dem Therapeuten teilen und durch Nachdenken gleichzeitig nach alternativen Sichtweisen suchen. Der Therapeut dürfe nicht vergessen, dass der Patient in einem komplizierten Wahnsystem stecke, so Knafo und Selzer (S. 40 ff.). Weiterlesen
Jeder Mensch hat seine Neurosen. Damit sind die Stellen in der Psyche gemeint, die nicht so ganz im Gleichgewicht sind. Wenn Du z.B. immer überpünktlich zu Terminen kommst, dann hast Du eine Pünktlichkeitsneurose. Vielleicht hattest Du Eltern, die sehr auf Pünktlichkeit achteten oder Du hast einmal Schaden genommen, als Du zu spät kamst. Wenn Du schwer traumatisiert bist, kommst Du vielleicht oft zu früh, um zu überprüfen, ob die Luft rein ist. Neurosen äußern sich als Ängste, Depressionen oder Zwänge, doch der Bezug zur Realität bleibt vorhanden, oder besser gesagt: Die Fähigkeit, mit einem anderen sinnvoll zu kommunizieren, bleibt vorhanden. Weiterlesen
Da habe ich ein gemaltes Herz von meinem Kind. Es „bedeutet“ Liebe, es deutet auf die Liebe zwischen mir und meinem Kind hin. Das gemalte Herz ist ein Symbol. Die Liebe ist echt. Aber sie ist so schwer zu beschreiben. Symbole zeigen, was „eigentlich“ gemeint ist. Die Liebe ist „das Symbolisierte“, das Herz ist das Symbol. Ich als „Subjekt“ kann das Symbolisierte verstehen und mich darüber freuen, dass mein Kind mich liebt. Dazu braucht es eine Denkleistung, ein Verstehen. Das, was so schwer in Worte zu fassen ist, die Liebe, wird durch das Symbol dargestellt. Das Symbol verbindet uns. Ein Bild für die Gefühle von Zweien. Bei Menschen mit einer Psychose oder einer schizoiden Störung ist das Verstehen von Symbolen oft eingeschränkt. Oder umgekehrt: Die Betroffenen geben allem Möglichen eine symbolische Bedeutung und sind dann z.B. vor Scham kaum noch lebensfähig. Weiterlesen
Im Film „A Beautiful Mind“ (2001) spielt der Schauspieler Russel Crowe den genialen Mathematiker John Nash (1928-2015, Wikipedia), der mit 30 Jahren an Schizophrenie erkrankt, sich später davon aber erholt. John Nash sieht im Film z.B. in Sternenbildern bedeutsame Muster. Er erkennt aus rätselhaften Zahlen im Pentagon, dass es sich um die Zahlen von Breitengraden halten muss. Die Grenze zwischen dem sinnvollen Erkennen von Zusammenhängen, die vorher nicht gesehen wurden und „Zusammengesponnenem“ ist oft schmal. Wann immer wir aus einzelnen Erlebnissen oder Elementen, die gar nicht zusammenhängen, Muster herstellen, von denen wir meinen, dass sie uns etwas erklären, erleben wir eine Apophänie. Beispiel: Wir sehen in den dritten und vierten Buchstaben der Autonummernschilder einer Stadt eine zusammenhängende Bedeutung. Weiterlesen
Unter dem Pötzl-Phänomen, benannt nach dem österreichischen Psychiater Otto Pötzl (1877-1962), versteht man das Auftauchen von Bildern in Träumen, die aus kurz dargebotenen Bildern im Wachzustand stammen. Man spricht auch von „subliminaler Wahrnehmung“, weil man unbewusst einen Reiz wahrgenommen hat, der unter der Reizstärke lag, die ein Reiz haben müsste, um direkt ins Bewusstsein zu gelangen. Das Thema „subliminale Wahrnehmung“ ist bei vielen Menschen mit einem unguten Gefühl behaftet. Viele kennen die Versuche mit subliminaler Limonaden-Werbung im Kino oder mit Filmen, durch die ein Affe läuft, der von den meisten Zuschauern nicht direkt wahrgenommen wird. Weiterlesen
Das Gefühl, verrückt zu werden, ist sehr unangenehm. Es schwirrt im Kopf. Es ist, als ob sich zwei Energien aneinanderrieben. Es ist eine Mischung aus „Ich will das nicht“ und „So ist es aber.“ Ähnlich, wie Schwindelgefühle von unterschiedlichen Wahrnehmungen herrühren (ich bewege mich körperlich nicht, aber die Umwelt bewegt sich), so können wir das Gefühl, verrückt zu werden, dann bekommen, wenn unsere innere Wahrnehmung mit dem Äußeren nicht übereinstimmt. Wenn wir uns ein anderer, dem wir sehr vertrauen, etwas sagt, was wir selbst aber ganz anders wahrnehmen, kann dieses Gefühl entstehen. Weiterlesen
Uns geht es gut, wenn wir mit dem anderen affektiv gut abgestimmt sind – selbst wenn beide Partner negative Affekte äußern, können sie sich gegenseitig verstehen und es geht ihnen insgesamt betrachtet „gut“. „Schlecht“ geht es Menschen, wenn keine Synchronisation der Affekte (keine Affektabstimmung) stattfindet, also wenn z.B. einer lächelt und der andere nicht zurück lächelt. Gesunde Menschen wünschen sich, eine „gute, zärtliche, fürsorgliche, freundschaftliche Beziehungen zu den Mitmenschen herzustellen“ (www.uni-saarland.de/fak5/krause/klaus/T.htm#Das Affektsystem). Sie wollen dabei eigenständig bleiben. Gegebenenfalls kommen sexuelle Wünsche hinzu. (Quelle: Beiträge auf der Website der Uni Saarland; leider ist der Autor dort nicht eindeutig ersichtlich.) Weiterlesen
Wenn wir in uns hinein spüren, dann spüren wir ihn: den psychischen Raum. Hier schweifen unsere Gedanken umher, hier liegen unsere Wünsche, Sorgen, Ängste und Vorstellungen. Hier liegt der Platz, in dem wir die Sorgen eines anderen aufnehmen können. Der psychische Raum ist der Raum, in dem wir all dies von links nach rechts schieben, es betrachten können, darüber nachdenken können, Gefühle verdauen und steuern können usw. Der psychische Raum will reifen und geschützt werden. Doch wie ist er entstanden? Weiterlesen