Subjektivität ist rätselhaft und beängstigend. Containment kann helfen.

Wir können an unserem Bewusstsein, an unserer Subjektivität ganz schön leiden. Wenn wir im Aufzug stecken bleiben oder eingesperrt sind, denken wir vielleicht, wir werden verrückt, weil wir es so unglaublich schwierig finden, auf uns selbst zurückgeworfen zu werden. Wir spüren uns selbst – wir leiden am subjektiven Erleben. Doch was ist Subjektivität und wieso erleben wir sie auf unsere spezielle Weise? Fredric Schiffer von der Medical Harvard School geht der interessanten Frage nach, wie biologisches Material Subjektivität erlangt (The physical nature of subjective experience and its interaction with the brain, 2019). Besonders psychotische Menschen leiden manchmal unter dem Vergehen des „Selbst“ und beschäftigen sich mit dieser Frage. Andere wiederum leiden an einem „Zuviel“ von Subjektivität. Diese Unterschiede hängen möglicherweise auch mit der Art von Containment zusammen, die wir erfahren haben.

Wenn wir an unserem Selbst leiden, wenn wir uns in uns selbst gefangen fühlen, und es kommt jemand, der uns wirklich versteht, der mit uns in Resonanz tritt, dann können wir uns wie „erlöst“ fühlen – unser Leiden, unsere Subjektivität, scheint manchmal wie ein aufgestauter See auszufließen und dann fühlen wir uns nicht mehr so unter dem Druck der eigenen Wahrnehmung.

Wenn wir viele gute Beziehungserfahrungen machen konnten, in denen wir verstanden wurden, leiden wir vielleicht weniger unter unserer Subjektivität, als wenn wir weniger gutes Containment (also Verstandenwerden, Aufgenommenwerden) erfahren haben. Wenn wir bei jemandem auf Resonanz stoßen, sind wir nicht mehr allein – es ist, als wenn man eine Stimmgabel von 440 Hertz anschlägt und eine benachbarte Stimmgabel mit der Frequenz 440 Hz mitzuschwingen beginnt. Besonders Kinder, die früh durch Gewalt oder medizinische Behandlungen (z.B. Vojtatherapie) gegen ihren Willen festgehalten werden und deren Schreien nicht gehört wird, leiden möglicherweise unter einem besonders starken „Ich-Gefühl“. Dieses unangenehme Gefühl von Subjektivität kann durch die Abwesenheit der Mutter verstärkt werden.

Hingegen leiden Menschen mit Psychosen manchmal unter dem Gefühl, ihr Selbst, ihr Kern würde zurückgehen oder verdrängt werden. Sie hatten nicht selten Mütter, die (unbewusst und ungewollt) sehr eindringend waren oder die das Gefühl hatten, „alles“ von ihrem Kind zu verstehen. Harold Searles schrieb, dass Mütter psychotischer Kinder ihren Kindern manchmal sagten: „Du bist für mich wie aus Glas“ in dem Sinne, dass die Mütter vollen Zugriff auf das Innenleben des Kindes hatten, wie sie meinten. Auch frühe sexuelle Gewalterfahrungen, die mit dem „Eindringen“ des Erwachwachsenen in das Kind verbunden sind, führen zu einem Gefühl, ein schwaches Selbst zu haben. Wie sehr antipsychotische Medikamente dieses Erleben beeinflussen, müsste zusätzlich gefragt werden.

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Links:

Fredrick Schiffer, Harvard Medical School, 2019:
The physical nature of subjective experience and its interaction with the brain
Medical Hypotheses 125 (2019) 57-69
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30902153/

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